CDU: 280 Schulen erfüllen neue Größenvorgaben nicht
Schulgesetz sieht Mindestzahl von Lernenden oder Kooperationen vor. Christdemokraten kritisieren, dass Wenige den Kriterien genügen können. Linke reagiert empört
Erfurt. Nach den Regeln des geplanten Schulgesetzes haben fast vier von zehn Thüringer Schulen zu wenig Schüler oder zu wenig Klassen pro Klassenstufe. Das geht aus Berechnungen der Cdu-fraktion auf Grundlage von Daten des Bildungsministeriums hervor.
Betroffen seien 280 von 729 Schulen im Freistaat, wie die Cdu-fraktion am Freitag mitteilte. Die Daten beziehen sich auf das Schuljahr 2017/2018 und stammen aus der Antwort des Bildungsministeriums auf eine Kleine Anfrage des Cduabgeordneten Christian Tischner.
Nach bisherigen Plänen will die Landesregierung per Gesetz Mindestgrößen für Schulen einführen. Demnach sollen Grundschulen im ländlichen Raum mindestens 80 Schüler haben, in Städten und Gemeinden mit mehr als 6500 Einwohnern soll die Grenze bei mindestens 160 Schülern liegen. An Gymnasien sollen mindestens 540 Schüler lernen, an Gemeinschaftsschulen 264 und an Gesamtschulen 396. Außerdem stehen im bisherigen Gesetzentwurf Regeln zur Klassenstärke und wie viele Parallelklassen Schulen mindestens haben sollten. Nach diesen Kriterien zu kleine Schulen sollen durch Kooperationen erhalten bleiben können.
Tischner kritisierte, die Landesregierung betreibe Schulpolitik, nach „völlig lebensfremden Vorstellungen“. „Wendet Rotrot-grün konsequent an, was es da plant, sind lediglich 2,6 Prozent der heutigen Schulen auf der sicheren Seite“, erklärte der bildungspolitische Sprecher. Den Berechnungen seiner Fraktion zufolge erfüllten im vergangenen Schuljahr nur 19 Schulen alle Kriterien im geplanten Schulgesetz. In den meisten Fällen geht es dabei aber um die Klassengrößen.
So wird in 653 von 729 Schulen (rund 90 Prozent) die Mindestklassengröße mindestens einmal unterschritten; in 263 Schulen (36 Prozent) wird sie überschritten.
Bildungsminister Helmut Holter (Linke) erklärte, dass es im Freistaat Hinweise auf strukturelle Probleme gebe: „Thüringen hat im Ländervergleich eines der besten Lehrer-schülerverhältnisse, trotzdem ist die Unterrichtsversorgung vielerorts nicht zufriedenstellend.“Der Ländervergleich zeige auch, dass Thüringer Schulen in nahezu allen Schularten kleiner als in den Vergleichsländern seien. Holter betonte auch, dass Schulschließungen nicht zur Debatte stünden.
Der bildungspolitische Sprecher der Linke-fraktion, Torsten Wolf, griff den Cdu-abgeordneten Tischner an und bezeichnete seine Kritik als „vollkommen verfrüht und nicht nachvollziehbar“.
Er wies darauf hin, dass nach dem ersten Kabinettsdurchlauf derzeit die Anhörungen zu dem Entwurf durchgeführt werden. Wolf kündigte zudem an, es werde Übergangsbestimmungen und einen Anpassungszeitraum von fünf Jahren geben. „In dieser Zeit können die Schulen Modelle der Kooperation für ihren Standorterhalt wählen. Wir werden auch Möglichkeiten der kurzfristigen Abweichung von Mindestgrößen im Gesetz vorsehen, so dass Schulen, Kinder und Eltern Sicherheit haben“, hieß es in einer Mitteilung der Linke-fraktion.
Holter will ab kommender Woche alle 23 Thüringer Landkreise und kreisfreie Städte bereisen, um dort das geplante Schulgesetz zu besprechen und über Kooperationsmodelle zu diskutieren. Nach Angaben des Bildungsministeriums könnten die neuen Regeln im geplanten Schulgesetz im August 2021 in Kraft treten.
Zuvor steht dem Entwurf aber noch ein zweiter Durchlauf im Kabinett bevor, dann muss er noch vom Landtag beschlossen werden. (dpa)