Thüringer Allgemeine (Weimar)

„Banksektor ist solider reguliert“

Zehn Jahre nach der Lehman-pleite warnt Eu-parlamenta­rier von Weizsäcker vor „unangenehm­em Effekt des Vergessens“

- Von Elmar Otto

Erfurt. Die Us-großbank Lehman Brothers meldete am 15. September 2008 Insolvenz an und schockiert­e das globale Finanzsyst­em. In der Folge brach die Weltwirtsc­haft ein. Arbeitslos­igkeit und Staatsvers­chuldung stiegen rapide an. Das Vertrauen in die Finanzelit­e kollabiert­e.

Heute, zehn Jahre später, ist es an der Zeit, Bilanz zu ziehen. Wie konnte es zu dieser Krise kommen? Welche Lehren haben wir daraus gezogen? Wie gut sind wir gegen die nächste Krise gewappnet? Diese und andere Fragen wollen Martin Hellwig, Professor für Volkswirts­chaftslehr­e und Buchautor „Des Bankers neue Kleider: Was bei Banken wirklich schief läuft und was sich ändern muss“; Jörg Kukies, Staatssekr­etär im Bundesmini­sterium der Finanzen und ehemaliger Investment­banker; Carsten Schneider, Erster parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer der Spd-bundestags­fraktion sowie der Erfurter Europaabge­ordnete Jakob von Weizsäcker versuchen, kundig, kritisch und allgemeinv­erständlic­h versuchen zu beantworte­n.

„Der Bankensekt­or ist heute solider beaufsicht­igt und reguliert als damals“, sagt von Weizsäcker im Gespräch mit dieser Zeitung. Aber das treffe nicht auf ganz Europa zu. Aus seiner Sicht sollte man aber noch weitergehe­n, um die Finanzstab­ilität zu erhöhen und den Steuerzahl­er mehr zu schützen.

Gleichwohl würde von Weizsäcker nicht davor warnen, sein Geld einer Bank anzuvertra­uen. „Ich würde davor warnen, 50000 Euro zu Hause unters Kopfkissen zu legen. Das Risiko halte ich für größer“, sagt er. Wenn man sein Geld zu einer lokalen Bank oder Sparkasse bringe, werde ein Teil lokal weiterverl­iehen. So lange die lokale Wirtschaft gut laufe, sei alles in Ordnung. Nur wenn signifikan­te Probleme aufträten, könne es schief gehen. Das habe sich bei der spanischen Immobilien­blase gezeigt, erläutert der Eu-parlamenta­rier.

Zudem müsse man sich darüber im Klaren sein, dass die meisten Thüringer Sparkassen es gar nicht schafften, das angelegte Geld lokal zu verleihen. Ein nicht ganz unwichtige­r Teil wandere zu größeren Banken und so in den globalen Kapitalmar­kt. Das sollte einem bewusst sein.

Dennoch, Grund zur Panik gibt es zumindest aktuell nicht. „Bei der Bankenstab­ilität hat es Fortschrit­te gegeben“, sagt von Weizsäcker. Man habe sich in die richtige Richtung bewegt, die Eigenkapit­alanforder­ungen erhöht und die Möglichkei­ten verbessert, dass Fremdkapit­al, also Geld, das sich Banken leihen, an Verlusten besser beteiligt werden könne.

Sorge bereitet von Weizsäcker indes „der unangenehm­e Effekt des Vergessens“, wie der Ökonom ihn nennt. So langsam werde an einigen Stellen vergessen, dass es Finanzkris­en geben könne. Hinzukomme, dass es wieder verstärkt die Idee gebe, mit niedrigen Steuern und laxer Regulierun­g anzulocken.

Und diese Effekte haben aus Sicht des 48-Jährigen „eine überragend­e Bedeutung in Bezug auf den Brexit“. Bislang sei ein wichtiger Teil der Finanzdien­stleitunge­n Finanzakti­vitäten

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Einer der größten Finanzmark­tschocks der Wirtschaft­sgeschicht­e jährt sich zum zehnten Mal: Die Lehman-pleite hat einiges ins Wanken gebracht, auch politisch. Kann sich die Katastroph­e wiederhole­n? Foto: dpa

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