Stephan & Stephan
Afd-politiker Brandner spricht von Tipps, die er von Verfassungsschutzchef Kramer erhalten habe. Der widerspricht
Erfurt. Gespräche mit dem Thüringer Afd-bundestagsabgeordneten Stephan Brandner können riskant sein. Deutschlands oberster Verfassungsschützer Hans-georg Maaßen kann ein Lied davon singen. Maaßen müsse entlassen werden, fordern seit Tagen Politiker aller Parteien links der CDU. Der Grund: Maaßens Treffen mit Brandner am 13. Juni.
Das war jedoch kein Einzelfall. Drei Wochen zuvor, am 22. Mai in Erfurt, kam Afd-mann Brandner, der Vorsitzender des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags ist, mit einem anderen hochrangigen Verfassungsschützer zusammen: mit Thüringens Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer.
„Das wird seltsamerweise gar nicht berichtet“, sagte Brandner gestern. Anders als Maaßen habe Kramer sogar Tipps gegeben. „Da wurde insbesondere die Identitäre Bewegung genannt, von der man sich fernhalten sollte“, sagte Brandner unserer Zeitung. „Die AFD sollte darauf achten, mit welchen externen Gruppierungen sie sich sehen lässt und zusammenarbeitet.“Über interne Angelegenheiten der AFD sei hingegen nicht gesprochen worden.
„Was Herr Brandner als Tipps bezeichnet, ist nichts anderes als das, was ich jederzeit öffentlich sage“, betonte Verfassungsschutzchef Kramer gestern auf Nachfrage. Von einer „Politikberatung“, die nicht statthaft ist, könne deshalb keine Rede sein. Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) war nach Kramers Worten informiert und hatte keine Bedenken.
Im Mai war die Lage tatsächlich eine andere. Erst Anfang September teilte Kramer mit, dass seine Behörde ab sofort prüfen werde, ob sich die Thüringer AFD unter Führung von Björn Höcke zu einer rechtsextremen Partei entwickelt habe – ähnlich wie die NPD.
Im Mai, sagt Kramer, habe es noch keine tatsächlichen Anhaltspunkte für eine derartige Maßnahme gegeben.
Nach Kramers Einschätzung hat der Verfassungsschutz nicht nur die Aufgabe, die freiheitlichdemokratische Grundordnung durch nachrichtendienstliche Operationen zu schützen. „Verfassungsschutz durch Aufklärung“bedeute auch, der Öffentlichkeit Informationen zur Verfügung zu stellen, die markieren, wo Verfassungsfeinde stehen und wo Verfassungsfeindlichkeit beginnt.
„Auch eine Partei, die Gefahr läuft, extremistisch unterwandert zu werden, hat einen Anspruch darauf, dass wir ihr sagen, wo etwas in die falsche Richtung läuft“, erläutert Kramer. „Wir machen keine strategische Beratung. Wir teilen selbstverständlich auch nicht mit, welche Maßnahmen wir gegebenenfalls ergreifen.“Das wäre Geheimnisverrat.
Neu sei das nicht und unüblich auch nicht, so Kramer. Vor drei Jahren, als die AFD in Erfurt jede Woche auf die Straße ging und Tausende den Protest gegen Massenzuwanderung begleiteten, mischten sich unter die Demonstranten auch etliche Rechtsextremisten. Parteichef Höcke habe den Verfassungsschutz damals gebeten, den Demonstrationszug zu beobachten. Höckes Ansinnen: Neonazis sollten identifiziert werden, damit die AFD sie ausschließen könne.
Das habe er damals abgelehnt, sagt Kramer. Konkrete Namen zu nennen, das wäre Politikberatung gewesen.
Solange die AFD ein Teil des politischen Spektrums und kein Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes sei, sagt Kramer, sei er – in Abstimmung mit dem Innenminister – weiterhin zu Gesprächen auch mit Politikern der AFD bereit.