Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
„Vortrag der Direktorin war von Uneinsichtigkeit geprägt“
Rotrotgrün will die Verwaltungschefin des Landtags in den einstweiligen Ruhestand versetzen lassen – Kritik an Carius’ Aufklärungskommission
ERFURT. Der ehemalige Bundesverfassungsrichter Herbert Landau, Ex-bundestagsdirektor Wolfgang Zeh sowie der frühere Thüringer Innenminister Richard Dewes (SPD) sollen bis Ende Mai Antworten darauf geben, wie es um die „hierarchische Organisation und Struktur des Juristischen Dienstes der Landtagsverwaltung im Lichte der Neutralitätsverpflichtung“bestellt ist. Auch geht es um „Zulässigkeit, Umfang und Grenzen von Korrekturen an Ausarbeitungen von Mitarbeitern des Juristischen Dienstes für Ausschüsse, Fraktionen und Abgeordnete“– und noch einiges mehr. Die drei Juristen bilden jetzt eine Kommission, mit der Landtagspräsident Christian Carius (CDU) hofft, dem Streit um seine Landtagsdirektorin Birgit Eberbach-born ein wenig die Schärfe zu nehmen.
Doch daraus wird nichts. Die Vizepräsidenten Uwe Höhn (SPD) und Margit Jung (Linke) wurden bei der Auswahl der Mitglieder von Carius vor vollendete Tatsachen gestellt und hatten auch sonst keine großartige Mitsprache. Das führte dazu, dass sie die Ergebnisse der Kommission nicht abwarten wollen und im Anschluss an die gestrige Ältestenratssitzung forderten, der Landtagspräsident solle die Direktorin in den einstweiligen Ruhestand versetzen. Im Ältestenrat hatte Eberbach-born erläutert, warum sie etwa ein Drittel der Erwiderungsschrift auf eine Verfassungsklage der CDUFraktion zur Gebietsreform gestrichen hatte, die ein Referatsleiter des wissenschaftlichen Dienstes des Landtags verfasst
hatte. Doch die Worte der Direktorin, die Cdu-mitglied ist, schienen für die rot-rot-grünen Fraktionsspitzen wenig überzeugend gewesen zu sein.
Eberbach-born habe kein Interesse daran gehabt, das verlo- ren gegangene Vertrauen wieder zu kitten, sagte Linke-fraktionschefin Susanne Hennig-wellsow. „Der Vortrag der Direktorin war von Uneinsichtigkeit ge-
prägt.“Und dass Carius eine Kommission einsetze, ohne eine Beratung dazu zuzulassen, sei nicht in Ordnung. Wer Ex-innenminister Dewes in dieses Gremium berufe, „kann nicht an Unabhängigkeit interessiert sein, geschweige denn an Aufarbeitung und Transparenz“. Der Vorgang werde auch Thema in der kommenden Landtagssitzung sein, kündigte HennigWellsow an.
„Der Landtagspräsident scheint seinen eigenen Vorstand nicht mehr hinter sich zu haben“, sagte Spd-fraktionschef Matthias Hey zur Kritik der Vize-präsidenten. Auch GrünenFraktionschef Dirk Adams unterstützte die Forderung nach Versetzung der Direktorin in den Ruhestand. „Wir sind nachhaltig irritiert über die Argumentation des Präsidenten, dass es einen Kernbereich in der Landtagsverwaltung gibt, der möglicherweise der Kontrollpflicht der Abgeordneten nicht zugänglich ist“, so Adams. Offensicht- lich handele es sich um eine Fantasie, der Landtagspräsident führe eine Art Landesregierung , für die es einen solchen geschützten Kernbereich gebe.
Der Abgeordnete und stellvertretende Cdu-vorsitzende Mario Voigt kritisierte Höhn, der bereits am Dienstag in der TLZ gesagt hatte, das Vertrauen in Eberbach-born sei „nachhaltig erschüttert“: „Herr Höhn sollte als Fraktionssprecher für die Gebietsreform nicht sein Vizepräsidentenamt ausnutzen, um abwegige Vorwürfe in den Raum zu stellen. „Der Direktorin öffentlich das Vertrauen zu entziehen, ohne sie gehört zu haben, zeigt, dass dem Vizepräsidenten das Bewusstsein für rechtsstaatlich Selbstverständliches abhanden gekommen ist“, so Voigt.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Afd-fraktion, Stefan Möller, der auch Mitglied des Ältestenrats ist, sagte: „Die Regierungsfraktionen müssen sich den Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens gefallen lassen. Einerseits fordern sie Unterlagen zur Aufklärung an. Andererseits haben sie sich in ihrer Bewertung bereits derart festgelegt, dass sie die Versetzung der Landtagsdirektorin in den einstweiligen Ruhestand fordern.“Wer Mitarbeiter des Landtags, mögen diese wie die Landtagsdirektorin auch hochrangig sein, wie Schachbrettfiguren benutze, um daraus in der öffentlichen Auseinandersetzung einen Vorteil zu ziehen, beweise „kein Aufklärungsinteresse, sondern schlechten politischen Stil“.
„Der Landtagspräsident scheint seinen eigenen Vorstand nicht mehr hinter sich zu haben.“Spdfraktionschef Matthias Hey zur Forderung der Parlamentsvizes, die Landtagsdirektorin abzulösen