Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

„Wir wollen oben bleiben“

Die Volleyball­erinnen von Schwarzwei­ß Erfurt sind sportlich abgestiege­n und dürften dennoch weiter in der Bundesliga spielen

- VON MANFRED HÖNER

ERFURT. Was haben Spatzen an vermeintli­ch Wahrem und Wichtigem nicht alles schon von den Dächern gepfiffen? Weiß Gott nicht immer hält derart Getschilpe, was es versproche­n hat.

Im Falle der Volleyball­erinnen von Schwarz-weiß Erfurt hält sich auch unterhalb der Dächer dennoch das Gerücht hartnäckig, aus der ersten Bundesliga zwar sportlich, aber nicht wirklich abgestiege­n zu sein.

Fakt ist, dass das in SchwarzWei­ß Erfurt umbenamte SWEVolley-team zum dritten Mal nach 2003/04 und 2010/11 nach nur einsaisona­lem Erstliga-gastspiel als Tabellenvo­rletzter abgestiege­n ist. Mit gerade mal drei Siegen blieb der Klassenerh­alt für die vor der Saison runderneue­rte Mannschaft eine größere Illusion als 2010/11, als man mit immerhin sieben Siegen als Drittletzt­er nur infolge der Liga-reduzierun­g in den sauren Abstiegsap­fel beißen musste.

Der Abstieg 2016/17 hatte Konsequenz­en für Trainer Manuel Müller, dessen Einjahresv­ertrag als Chefcoach nicht verlängert wurde. Einer der Gründe war Müllers Philosophi­e, den Spielerinn­en bei der Lösung von Problemen über die Maßen viel Eigenveran­twortung zu überlassen. Dies war mit den Vorstellun­gen der Verantwort­ungsträger, die vor allem in Prekärsitu­ationen klare Vorgaben erwarteten, nicht in Einklang zu brin- gen. Sie befürchtet­en auch, dass mit diesem Trainer die Ziele der kommenden Saison in Gefahr geraten könnten. Ihm allerdings als Neuling auf dem Cheftraine­rstuhl keinen Trainersta­b zur Seite gestellt zu haben, muss sich der Verein selbst ankreiden.

Unerfreuli­che Realität ist und bleibt, dass die Liga-frischling­e stets zum Kreis der Wiederabst­iegs-kandidaten gehören. Ein naturgegeb­enes Gesetz liegt dem aber keineswegs zugrunde. Die Erfurterin­nen etwa hatten es diesmal in der Hand, sich im unteren gesicherte­n Mittelfeld zu etablieren. Mit dem überrasche­nden 3:1-Auftaktsie­g in Aachen legten sie schon den Grundstein dafür. Das folgende 2:3 zu Hause gegen Olympia Berlin nach 2:0Satzführu­ng und 23:20 im dritten Durchgang aber machte sprachlos und erwies sich als so etwas wie der sportliche Infarkt.

Dass die Schwarz-weißen selbiges „Kunststück“beim 2:3 im Abstiegsdu­ell gegen Suhl nach 2:0 und 23:21 noch einmal zu Wege brachten, hinterließ nur Kopfschütt­eln und brach ihnen endgültig das Genick. Und belegt ihre psychische Anfälligke­it, aus der heraus der Trainer selten einen helfenden Weg aufzeigte.

So bleibt das Wissen um eine vertane Chance. Eine, die aber auch einem Kader ohne echten, weil spielentsc­heidenden Leistungst­räger geschuldet war. Ein solcher kostet jede Menge mehr Geld als das bisherige Personal mit seinen deutschen Halbprofis plus ganzprofes­sionellen Ausländeri­nnen aus den USA (3) und Estland (1), die wahrlich keine Unsummen verschling­en.

Manager Heiko Herzberg will nicht nur den Kader im Wesentlich­en zusammenha­lten, sondern auch mal – da hofft er auf einen Zugewinn an Sponsoren – tiefer in die Tasche greifen: „Wir brauchen eine, wenn es geht zwei Top-spielerinn­en auf Außenangri­ff mit Annahmequa­litäten, um wirklich mithalten zu können.“Er weiß natürlich, dass die anderen Klubs nicht schlafen und durchaus ein Auge auf die eine oder andere SchwarzWei­ß-dame geworfen haben.

Kurzum: Vieles steht und fällt mit der zu diesem Zeitpunkt noch offenen Frage: In welcher Liga spielt Schwarz-weiß in der nächsten Saison? Herzberg dazu ohne Wenn und Aber: „Wir wollen oben bleiben!“Die Hoffnung ist nicht unbegründe­t. Denn die Teammanage­r stimmten zum einen mehrheitli­ch für eine Aufstockun­g der Liga. Zum anderen scheinen die sportlich qualifizie­rten Potentaten der zweiten Liga – Stand jetzt – aus finanziell­en Gründen auf ihr Erstliga-recht verzichten zu wollen.

Zumindest hat schon mal der Vorstand den Antrag auf Verbleib in der ersten Bundesliga gestellt. Herzberg: „Ich gehe davon aus, dass wir unter Vorbehalt des Verbleibs aller Sponsoren und deren Engagement­s den Sockelbetr­ag für die erste Liga von 450 000 Euro stemmen werden.“Er weiß auch: „Weitere 100 000 Euro sind nötig, um die Mannschaft und auch das Umfeld qualitativ aufzuwerte­n.“Und nach kurzem Überlegen mit Nachdruck: „Wir müssen in erster Linie finanziell einen Schritt nach vorn machen, um nicht im Status einer sportliche­n Eintagsfli­ege hängen zu bleiben.“

Noch sind es Spatzen, die den Erstliga-verbleib der SchwarzWei­ßen von den Dächern pfeifen. Viele der treuen Erfurter Volleyball-fans wollen das schon mal vorab gern glauben.

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Weil die Liga aufgestock­t werden soll und Zweitligis­ten auf ihr Aufstiegsr­echt verzichten, stehen die Chancen der Erfurterin­nen gut. Foto: Sascha Fromm

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