Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

„Ein anderes Gefühl für Leben“

Die großartige Schauspiel­erin Christine Kaufmann ist mit 72 Jahren in München gestorben – im Kreise ihrer Familie

- VON SÖREN KITTEL

BERLIN/ MÜNCHEN. Sie schrieb Bücher, spielte in Tv-serien, vertrieb ihre eigene Kosmetikse­rie im Fernsehen. Doch es gab eine Zeit, in der standen Christine Kaufmann in Hollywood alle Türen offen: Mit 15 Jahren spielte sie das Vergewalti­gungsopfer Karin Steinhof in „Stadt ohne Mitleid“mit Kirk Douglas – und beeindruck­te vor allem mit dieser Szene: „Macht es Ihnen Spaß, Fräulein Steinhof, Ihren Körper fremden Männern zu zeigen?“, fragt der Anwalt die junge Frau im Zeugenstan­d. Die ruft verzweifel­t in den Saal: „Nein, ich sagte Ihnen doch, das habe ich nicht getan!“Für diese Rolle bekam sie den Golden Globe.

In der Nacht zum Dienstag ist der beliebte Film- und Tv-star mit 72 Jahren im Krankenhau­s gestorben. Bei ihr war ihre Familie. Zuletzt war die leukämiekr­anke Schauspiel­erin ins Koma versetzt worden. Geboren wurde sie im letzten Kriegsjahr 1945 in der Steiermark. Die Eltern, ein Ex-offizier und eine französisc­he Maskenbild­nerin, trennten sich bald, Kaufmann wuchs in München auf. Sowohl Christine als auch ihr Bruder Hans-günther beklagten sich später, sie hätten keine gute Kindheit gehabt. Die Mutter drängte die kleine Chris-

tine dazu, beim Münchner Ballett zu tanzen.

Mit nur neun Jahren bekam sie 1954 die Hauptrolle in dem Film „Rosen-resli“, ein Kassenschl­ager der 50er-jahre. Rote Blumen, untreue Männer und mittendrin ein unschuldig­es Fräulein – mit diesem Stoff stand ihr der Weg nach Hollywood offen. Dort lernte sie ihren ersten Mann kennen,

den Filmstar Tony Curtis. Damals war sie gerade 18 Jahre, er war mehr als doppelt so alt. Nach der ersten Tochter Alexandra kam bald die zweite: Allegra. „Mit 22 habe ich festgestel­lt, dass ich ihn nicht liebe“, sagte Kaufmann später über Curtis. Frisch geschieden ging sie nach Deutschlan­d zurück.

Hier arbeitete sie an ihrer TVKarriere. Dort trat sie in Serien auf wie „Der Kommissar“und „Derrick“, drehte mit Regisseur Werner Schroeter den Film „Der Tod der Maria Malibran“und mit Rainer Werner Fassbin-

der die Filme „Lola“und „Lili Marleen“.

Die Beziehung zu ihren Töchtern hielt sie aufrecht. Jeden Sommer durften die Mädchen bei ihr in Deutschlan­d sein. Bei einem dieser Besuche erfuhr sie von der Drogensuch­t von Tony Curtis. Erst im Erwachsene­nalter zogen die Töchter wieder bei der Mutter ein.

Kaufmann heiratete noch dreimal: den Fernsehreg­isseur Achim Lenz, den Musiker und Schauspiel­er Reno Eckstein sowie den Zeichner Klaus Zey. In den 2000er-jahren erfand sich : Rudolf Schock singt für Christine Kaufmann. F.: imago

Früher Rückzug aus Hollywood

Christine Kaufmann noch einmal neu: Sie vertrieb ihre Kosmetik-produkte im Homeshoppi­ng-kanal, trat in Münchner Theaterstü­cken auf – und schrieb Ratgeber über Wellness und Schönheit. Vor zwei Wochen erst war sie in einer Kochshow zu Gast, sie sprach viel über das Ende des Lebens, Trauer und den Tod – und erinnerte an die Zeit ihrer Geburt: „Es ist schon anders, wenn man im Krieg geboren ist“, sagte sie nachdenkli­ch, „man hat ein ganz anderes Gefühl für Leben und für Zeit.“

 ??  ?? Christine Kaufmann in ihrer Wohnung in München: In den letzten Jahren war sie vor allem als Autorin und Unternehme­rin erfolgreic­h. Foto: action press
Christine Kaufmann in ihrer Wohnung in München: In den letzten Jahren war sie vor allem als Autorin und Unternehme­rin erfolgreic­h. Foto: action press
 ??  ?? Vor und hinter der Kamera ein Paar: Tony Curtis und Christine Kaufmann. F.: ddp
Vor und hinter der Kamera ein Paar: Tony Curtis und Christine Kaufmann. F.: ddp
 ??  ?? Das junge Paar mit der gemeinsame­n ersten Tochter Alexandra. Foto: dpa/pa
Das junge Paar mit der gemeinsame­n ersten Tochter Alexandra. Foto: dpa/pa
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 bekam sie den „Golden Globe“. Foto: dpa /pa
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