Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Einsatz gegen Ärztemange­l

AOK unterstütz­t die Stiftung zur Förderung ambulanter Versorgung in Thüringen erneut mit 100 000 Euro

- VON SIBYLLE GÖBEL

WEIMAR. Die AOK Plus als „Wiederholu­ngstäter“– im besten Sinne: Bereits zum vierten Mal nach 2010, 2013 und 2015 fördert die Ortskranke­nkasse, die in Thüringen knapp eine Million Versichert­e zählt, die Stiftung zur Förderung ambulanter ärztlicher Versorgung in Thüringen mit 100 000 Euro.

„Sehr gut angelegtes Geld“, findet Rainer Striebel, AOKPlus-vorstandsc­hef. Denn die 2009 vom Land und der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Thüringen gegründete Stiftung hilft, dem drohenden Ärztemange­l vorzubeuge­n. Sie unterstütz­t Medizinstu­denten und Ärzte, die sich in der Weiterbild­ung zum Allgemeinm­ediziner oder Augenarzt befinden, und ist damit „ein Erfolgsmod­ell“, wie Dr. Annette Rommel, Vorsitzend­e des Stiftungsb­eirates und selbst Hausärztin in Mechterstä­dt, bei der Schecküber­gabe betonte.

Bislang haben sich bereits 53 Hausärzte und ein Augenarzt, die in den Genuss des von der Stiftung ausgereich­ten Thüringen-stipendium­s kamen, nach Abschluss ihrer Facharztwe­iterbildun­g im Freistaat niedergela­ssen. Insgesamt wurden in acht Jahren 204 Thüringen-stipendien bewilligt. Gesamtförd­erung: 2,02 Millionen Euro. Das bedeutet auch: Die Stiftung hat noch 150 Stipendiat­en in petto, die sich in den nächsten Jahren in Thüringen ansiedeln werden.

Daneben hat die Stiftung bislang vier jungen Ärzten den Weg in die eigene Niederlass­ung über eine Stiftungsp­raxis geebnet: Die Mediziner lernen in solchen Praxen – unbelastet von der komplexen Verantwort­ung für die eigene Niederlass­ung – den Alltag kennen und können die Praxis zu dem Zeitpunkt übernehmen, an dem sie sich dafür gewappnet fühlen. Erst am 31. März wurde die Stiftungsp­raxis in Gotha verkauft. In Ilmenau, wo derzeit sieben Hausarztsi­tze vakant sind, kommt zum 1. Juli eine weitere zur schon bestehende­n hinzu. „Geplant ist außerdem eine Eigeneinri­chtung für einen Augenarzt in Hermsdorf – ein absolutes Novum“, blickt Stiftungsc­hef Jörg Mertz voraus. Besonders groß ist allerdings die Nachfrage nach Stipendien für Famulature­n, jene viermonati­ge praktische Tätigkeit, die Medizinstu­denten zwischen dem ersten und dem zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung in einem Krankenhau­s oder einer Arztpraxis leisten müssen. Die Stiftung, die die Famulature­n mit 250 Euro im Monat fördert, bewilligte zwischen 2014 und 2017 insgesamt 384 Anträge und reichte 96 000 Euro aus.

Noch vergleichs­weise neu im Portfolio ist die Unterstütz­ung für Medizinstu­denten im Praktische­n Jahr, die aber nur dann gewährt wird, wenn ein Tertial in einer allgemeinm­edizinisch­en Praxis in einer Kommune mit weniger als 25 000 Einwohnern absolviert wird. Acht Anträge wurden seit 2015 bewilligt, 7000 Euro bisher ausgezahlt. Komplettie­rt wird das Instrument­arium durch Zuschüsse bei einer Niederlass­ung auf dem Land: 26 Anträge über fast 490 000 Euro wurden dafür seit 2014 bewilligt.

Derzeit gibt es in Thüringen, wo das Durchschni­ttsalter der Hausärzte bei 55 Jahren liegt, 56 freie Hausarztst­ellen – 20 weniger als im September 2016. „In 98 Prozent der Fälle gelingt uns die Nachbesetz­ung“, sagte Annette Rommel nicht ohne Stolz. Noch immer müsse kein einziger Patient in Thüringen länger als zehn Kilometer bis zum nächsten Hausarzt fahren – ein Versorgung­sgrad, wie es ihn allenfalls im Kita-bereich gebe.

Die AOK Plus ist bislang der wichtigste Förderer der Stiftung, die wiederum Teil eines Gesamtpake­tes ist, um dem Ärztemange­l in Thüringen vorzubeuge­n. Zu den Fördermaßn­ahmen gehört unter anderem auch ein Ärztescout, der – vor zwei Jahren von KV, Landesärzt­ekammer, Land, Krankenkas­sen und Unikliniku­m Jena eingesetzt – Studenten Lust auf die Niederlass­ung in Thüringen machen soll.

Durchschni­ttsalter liegt bei 55 Jahren

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