Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Schlichte Glaskreuze erinnern an die Dingelstädter Kriegstoten
Arbeiten an der Kleinen Kirche mit besonderer Kriegergedächtniskapelle laufen. Stadt investiert in Umfeldgestaltung
DINGELSTÄDT. Über Jahre haben sich die Stadt Dingelstädt und das Bischöfliche Bauamt mit der Kleinen Kirche beschäftigt. Jetzt nehmen die Arbeiten an dem Gotteshaus und seinem Umfeld zusehens Gestalt an. „Für einen allein wäre das nicht zu stemmen, doch nun werden beide zu echten Schmuckstückchen“, meint Bauamtsleiterin Marion Franke. Cornelia Schimek, die Baureferntin der kirchlichen Behörde, nickt zustimmend. Auch sie weiß um die Bedeutung des Gemeinschaftsprojektes, denn viel Geld wird in die Hand genommen und auch Städtebaufördermittel werden genutzt, um die Kirche zu sanieren, neu zu gestalten und mit der Kriegergedächtniskapelle einen einmaligen Ort der Erinnerungskultur im Eichsfeld zu schaffen. Und nicht zuletzt soll das Außengelände etwas Besonderes werden.
Ein Wasserschaden war es, der den Ausschlag für die Arbeiten gab. „Doch wie es so ist, einmal den Blick auf diesen gerichtet, traten immer weitere Schäden zu Tage, besonders im Erdbereich“, erzählt Schimek. Das etwas getan werden muss, das war allen Beteiligten klar. „Noch dazu, wo es sich nicht nur um unser ältestes Gebäude handelt, mit ihm sind ganz viele Emotionen verbunden“, meint Bürgermeister Arnold Metz.
Von Bränden wurde das Gotteshaus mehrfach heimgesucht, die Dingelstädter hielten an ihm aber treu fest und bauten es immer wieder auf. Das führte allerdings dazu, dass der Platz angefüllt wurde.
Im Zuge der Sanierung wird nun der Chorbereich der Kirche neu geordnet, um der Situation Rechnung zu tragen. Ziel ist, die Asymmetrie von Chor und Raum durch eine Neuanordnung der Bänke sinnvoll erscheinen zu lassen, so Schimek. An zwei Achsen ist gedacht. Bei der ersten geht es um den Chor und einen großen neuen Bankblock, bei der zweiten um die Pieta und einen kleinen Sitzblock. Ein Deckensegel betont diese Aufteilung und rundet durch dezente Beleuchtungsmöglichkeiten die schlichte Eleganz des Raumes ab. Ein Kunstgut-emaille-kreuz, das im Turm gefunden wurde und derzeit aufgearbeitet wird, bekommt als Blickfang einen Platz. Die Farbe Rot, erklärt Schimek weiter, spielt im Konzept der Fenster ebenfalls eine wichtige Rolle. Dazu komme, dass das rote Kreuz vor der dunklen Wand leuchte und einen optischen Mittelpunkt bilde. Altar und Ambo werden aus Travertin gefertigt. Die Farbfassung des Raumes folgt dem Prinzip hell vor hell vor dunkel. Warme Töne bestimmen den Charakter.
Viele Gedanken haben sich Cornelia Schimek und die Künstlerin Evelyn Körber über die Gestaltung gemacht. Im Vordergrund ihrer Überlegungen stand, mit farbigem Glas eine Intensität des Lichtes zu erzeugen und andererseits Helligkeit mit den neuen Fenstern zu wahren. Der Entwurf der Künstlerin ist inspiriert von der Beschäftigung mit dem marianischen und petrinischen Prinzip.
In der Kriegergedächtniskapelle werden derweil die restaurierten Zettler-bleifenster, die um die Jahrhundertwende ent- standen, wieder eingesetzt. Durch sie fällt das Licht auf die Glaskreuze, die an die Dingelstädter Kriegstoten erinnern sollen. Farbige Reflexionen wird es geben, die die Kreuze „lebendig“wirken lassen.
Es ist ein besonderer Raum, der Erinnerungen visuell erlebbar macht. Lange hat der Heimatforscher Ewald Holbein recherchiert, am Ende kennt er das traurige Schicksal von über 400 toten Männern. Auf den Kreuzen werden ihre Namen stehen und ihr Alter.
In einem Buch, das eigens ausgelegt wird, finden sich die Biografien. Die Stadt hat sich des Umfeldes angenommen. „Von oben sieht das Ganze aus wie ein Auge, das Gotteshaus im Mittel- punkt könnte man sich als Pupille vorstellen“, meint Marion Franke. Die Sitzgelegenheiten in Form von Betonstufen wären das Lid. Dazu kommt eine Treppenanlage Richtung Marienplatz.
Es ist ein hübsches Gelände, eingefasst von Fachhäusern, das behindertengerecht gestaltet wird. Um den Anforderungen gerecht zu werden, kommen in einige Lampenmasten zudem Mediensteckdosen für Mikros und Lautsprecher. Im September 2018 sollen alle Arbeiten beendet sein, sagt Metz. Das heißt, dass die Steckenpferdreiter zu Ostern noch einmal um die Gertrudis-kirche reiten müssen. Dann bleibt nur noch ein Ziel: die Sanierung der Fassade.