Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Sonnenuhren und wahre Ortszeit
Mit Hilfe des Standes der Sonne am Himmel zeigt eine Sonnenuhr die Tageszeit an.
Der linienförmige Schatten eines Stabes (Gnomon) dient als Zeiger.
An Fassaden angebrachte Zifferblätter sind als Vertikalsonnenuhr die häufigste Variante. Man findet sie vielerorts vor allem an Kirchen. Horizontale Sonnenuhren befinden sich meistens auf einem Sockel auf dem Erdboden. Diese haben den Vorteil, dass sie zwischen Sonnaufgang und -untergang immer besonnt sind.
Die ersten archäologischen Funde von Sonnenuhren stammen aus dem Alten Ägypten des 13. Jahrhunderts vor Christus. Sonnenuhren zeigen meistens die sogenannte Wahre Ortszeit (WOZ) an, weil sie sich am tatsächlichen Sonnen- stand des Beobachtungsortes orientiert. Da die Mitteleuropäische Zeit (MEZ) auf den 15. Längengrad Ost definiert ist, ergibt sich für das Eichsfeld sowie für die Unstrut-hainichRegion eine Differenz von rund 16 Minuten zwischen der WOZ und der allgemein gültigen MEZ. Wenn hier also die Kirchturmglocken um 12 Uhr schlagen, ist es eigentlich erst um 11.44 Uhr. Die gewissermaßen in ein Gemälde verpackte Sonnenuhr schuf im Jahr 1994 der Kirchenmaler und Restaurator Peter-raphael Richwien. Über dem strahlenden Sonnengesicht thront die Schutzpatronin Maria, während rundherum die Sehenswürdigkeiten des Dorfes im Südeichsfeld grüßen: die Pfarrkirche „Mariä Geburt“, das St.-josefs-heim, das Pfarrhaus, das St.-elisabeth-krankenhaus, das Schloss Bischofstein, die evangelische Kirche, das Rathaus sowie der Eisenbahnviadukt. Im zurückliegenden Winter hat der Lengenfelder Künstler sein Werk restauriert, so dass es auch in seiner nunmehr 24. Saison strahlen kann.
Bereits vor drei Jahren verhalf er der Sonnenuhr aus dem Jahre 1708 über dem Torhaus von Kloster Zella zu neuen Ehren, indem er das etwa einen Quadratmeter große Kunst- und Uhrwerk restauriert hat. Es soll sich immerhin um die älteste Holz- In Silberhausen werden auch heute noch Sonnenuhren aus Kalkstein oder Travertin gebaut. metz Michael Spitzenberg bereits während seiner Studienzeit in Weimar die Leidenschaft auf, selbst einmal Sonnenuhren zu konstruieren und zu bauen. Seine aus Stein gemeißelten und geformten Chronometer fanden mittlerweile an vielen Orten in ganz Deutschland zwischen der Lausitz und dem Rhein ihren Platz. Abgesehen von den zahlreichen Ausstellungsstücken auf dem Werkstattgelände, befinden sich an Silberhäuser Fassaden und auf Plätzen insgesamt 14 Sonnenuhren von Michael Spitzenberg. „Meine Sonnenuhren setzen eine uralte Tradition aber diese ist die unsere“. Die wohl spektakulärste Arbeit von Michael Spitzenberg in seinem Heimatort befindet sich auf dem Anger von Silberhausen an dem dortigen Betonsegment der Berliner Mauer. Die darauf eingemeißelte Sonnenuhr soll nicht nur als Zeitmesser, sondern auch als Mahnerin und Verkünderin dienen.
Mit jenem Mahnmal oder auch einer horizontalen Südsonnenuhr mit Datumsanzeige ging der Silberhäuser Experte in die Fachliteratur ein. Und Sohn Markus (38), der den Steinmetzbetrieb jetzt in dritter Genera- Diese verfügt über ein horizontales und vertikales Zifferblatt mit nur einem Schattenstab, der gleichzeitig die Sommerzeit und Mitteleuropäische Zeit anzeigt. Auf der Spitze der Travertin-stele nimmt eine in Bronze gegossene Dame ein Sonnenbad.
Was jedoch aus der Äquatorialen Sonnenuhr in einem Garten in der Mühlenstraße von Bad Tennstedt geworden sein mag, bleibt im Dunkeln. Aus unerklärlichen Gründen ist die 1986 aufgestellte Uhr nämlich seit geraumer Zeit von der Bildfläche verschwunden.
Für sein Verzeichnis hatte der Sonnenuhr-experte Peter Mischur das außergewöhnliche Stück noch fotografieren können. Das Zifferblatt schmücken eine Eule und ein Hahn. Im Garten gegenüber befindet sich bis heute eine sogenannte RingSonnenuhr.
Ein Hingucker im doppelten Sinne ist die vor etwa 40 Jahren von einem Steinmetz aus Ebeleben gebaute Sonnenuhr in dem kleinen Urbach bei Menteroda, wenn der Kater „Simba“auf ihr steht und wissen will, was die Stunde geschlagen hat. Jener Zeitmesser zeigt neben der Mitteleuropäischen Zeit zusätzlich die wahre Ortszeit (WOZ) an, die der MEZ um etwa 16 Minuten hinterherhinkt. Ein echter Hingucker und Blickfang ist die Kugelsonnenuhr.