Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Probleme bei der Firmennachfolge
Mangel an neuen Chefs für Unternehmen
ERFURT. Für etwa 500 bis 600 Thüringer Unternehmen mit einigen Tausend Beschäftigten werden jährlich neue Chefs gesucht. Eine gesicherte Unternehmensnachfolge gehöre zu den größten wirtschaftlichen Herausforderungen vor der Thüringen in den nächsten Jahren stehe, sagte Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD). Die Generation, die nach der Wiedervereinigung in den 1990er Jahren für einen Gründungsboom sorgte, sieht sich derzeit aus Altersgründen nach Nachfolgern um - nicht immer mit Erfolg. In einigen Branchen drohen Betriebsstilllegungen. „Wir brauchen jetzt erneut mutige Leute, die das fortsetzen, was aufgebaut wurde“, so der Minister.
Zu den Branchen, in denen die Weiterführung von Betrieben durch Jüngere besonders problematisch ist, zählt die Industrieund Handelskammer Erfurt den Einzelhandel und die Gastronomie. Das seien Branchen, „in denen Strukturwandel und Wettbewerbsdruck vielfach die Margen schmälert“, erklärte Ihk-geschäftsführer Gerald Grusser.
Im Gastgewerbe gaben nach Angaben des Branchenverbandes Dehoga in den vergangenen Jahren jährlich etwa 100 Betriebe auf - weil sie nicht wirtschaftlich betrieben werden konnten oder sich kein Nachfolger fand.
Leichter haben es nach Angaben des Wirtschaftsministeriums bei der Nachfolgersuche Industrieunternehmen sowie innovative Firmen aller Branchen, die Trends setzten und immer wieder neue Märkte eroberten.
Bei der Unternehmensnachfolge gibt es laut IHK auch Probleme damit, dass die Gründer den richtigen Verkaufspreis und Zeitpunkt finden. 37 Prozent der Senior-chefs fällt es nach Schätzungen der Kammer schwer, ihr Lebenswerk loszulassen. Einen „Familienautomatismus“, wonach Sohn oder Tochter das Geschäft übernehmen, gebe es immer seltener. „Wahr ist aber auch, 40 Prozent der Nachfolgeinteressenten unterschätzen die Anforderungen an die Übernahme eines Betriebes“, so Grusser.
Land unterstützt Suche nach Nachfolgern
Tiefensee sieht die Möglichkeit, dass Jungunternehmer bei ihren Start-ups auf bestehende Strukturen aufbauen und sie so erhalten. Der Minister verwies auf ein vielfältiges Förderangebot, mit dem das Land die Nachfolgersuche unterstützt. „Das reicht bis zu Kapital von der Aufbaubank, um Unternehmensanteile zu kaufen“.
Anlaufstelle sei das Thüringer Zentrum für Existenzgründungen und Unternehmertum in Erfurt. Allein in diesem Jahr seien rund 30 regionale Veranstaltungen zum Thema Unternehmensnachfolge geplant. Auch das Handwerk habe Beratungsangebote mit dem Kompetenzzentrum Betriebsnachfolge bei der Kammer in Erfurt. Über die Beratung hinaus können laut Ministerium Zuschuss- und Darlehensprogramme sowie Bürgschaften und Beteiligungen genutzt werden.