Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Der Akk-effekt
Ministerpräsidentin Annegret Krampkarrenbauer triumphiert bei der Wahl im Saarland – SPD, Linke und Grüne enttäuscht
SAARBRÜCKEN. Annegret Kramp-karrenbauer braucht mehrere Minuten, bis sie sich durch die jubelnden Cdu-anhänger nach vorne auf die Bühne gratuliert hat. Sie schüttelt Hände, sie bekommt Küsse auf die Wange, die Cdu-leute rufen „Annegret“, dazu läuft der Rock-hit „Tage wie diese“. Als Kramp-karrenbauer endlich vorne auf der Bühne steht, ruft sie ins Mikro: „Ich bin platt! Das ist so ein geiler Abend.“Auch solche Sätze hätte nach dieser Wahl niemand erwartet. Jedenfalls nicht von AKK, wie sie im Saarland viele nennen.
Der Druck war groß. In den vergangenen Wochen war die Wahl zu einem Kopf-an-kopfrennen zwischen CDU und SPD gewachsen. Das kleine Saarland wurde immer größer – die Wahl zum „Auftakt in das Super-wahljahr“deklariert, zum ersten Test für das Spdaufputschmittel Martin Schulz, als Kompass für die politische Zukunft Deutschlands zwischen Rot-rot und großer Koalition. Für die SAAR-CDU stand viel auf dem Spiel, aber auch für die ganze Partei von Kanzlerin
„Ich habe natürlich gehofft, dass die Saarländerinnen und Saarländer deutlich machen, was sie wollen. Sie wollen eine große Koalition, sie wollen eine Ministerpräsidentin Krampkarrenbauer.“
Annegret Krampkarrenbauer
Angela Merkel. Nun ist klar: Die Partei der Kanzlerin hat ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl ihre Machtposition im Saarland verteidigt. Für ein Bündnis von SPD und Linkspartei reicht es nicht. Die Linke verliert trotz des noch immer beliebten Spitzenkandidaten Oskar Lafontaine. Die Grünen scheiden sogar aus dem Landtag aus, die FDP scheitert erneut.
Kramp-karrenbauer kann weiter regieren. Doch sie musste um diesen Sieg zittern. Noch zum Jahreswechsel hatte die Regierungschefin klar vorn gelegen – bis zu 13 Prozentpunkte. Dann kam Martin Schulz an die Spitze der SPD. Nichts war mehr sicher im Saarland. Vom Schulz-effekt war die Rede. Vom „Hype“. Und Spd-spitzenkandidatin Anke Rehlinger schwamm auf dieser Erfolgswelle mit. Bis auf einen Prozentpunkt schmolz der Vorsprung der CDU.
Doch der Schulz-effekt hat offenbar Grenzen. Stattdessen wählten viele Saarländer die CDU vor allem wegen ihrer Spitzenkandidatin – für fast jeden zweiten Cdu-wähler war die Person entscheidend. Ihr half am Ende sogar ein drohendes Bündnis von Rot-rot.
So sieht das auch Bildungsminister Ulrich Commercon (SPD). Er steht auf der Bühne in der Congresshalle in Saarbrücken, in der die Sozialdemokraten eigentlich den Wahlsieg feiern wollten. „Oskar hat uns die Suppe versalzen“, ruft Commercon den Genossen zu. Ein linkes Bündnis hätte funktioniert, sagt er später im Gespräch mit dieser Redaktion. „Aber nicht mit Lafontaine.“
Selbst viele Spd-mitglieder habe die Vorstellung einer Regierung mit dem EX-SPD-CHEF verschreckt. Lafontaine habe die SPD schon einmal verraten, sagt ein Anhänger der Partei. Damals, Ende der 1990er, als Lafontaine die SPD im Streit über die Agenda-politik verlassen hatte. Als Rot-rot immer wahrscheinlicher wurde, hätten viele Sozialdemokraten die Seiten gewechselt: zur CDU.
AFD punktete nicht mit Flüchtlingsthema
Die CDU versuchte, dem Schulz-effekt einen Akk-effekt entgegenzusetzen. Denn die Partei wusste, dass die Beliebtheitswerte der Ministerpräsidentin im Saarland weit über 70 Prozent lagen. Ihr Wahlkampfteam hatte in den Tagen vor der Wahl noch einmal investiert: in neue Plakate, in neue Flyer, in weit mehr als 100.000 Briefe, die sie an Haushalte im Saarland verschickt haben. Überall war ihr Gesicht: „Annegret“.
Die AFD kam knapp in das Parlament. Und doch schneidet die Partei deutlich schlechter ab als noch in den vergangenen Landtagswahlen. Selbst mit ihrem Lieblings-thema „Flüchtlingspolitik“konnte die rechte Partei nicht punkten.
Auch Spd-kandidatin Rehlinger zeigte sich enttäuscht. Nun bleibt sie womöglich Juniorpartner in einer großen Koalition. Man habe zwar eine Aufholjagd hingelegt, aber das Wahlziel nicht erreicht. Und auch Rehlinger gab am Abend zu, dass die vor der Wahl nicht ausgeschlossene Option für ein rot-rotes Bündnis mit der Linkspartei Wählerstimmen gekostet haben könnte.