Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Frau Sunna besiegt den Winter bei

Festumzug zum Sommergewi­nn lockt am Sonnabend Zehntausen­de aus Nah und Fern nach Eisenach – Das diesjährig­e Motto ist „500 Jahre Reformatio­n in Luthers liebe

- VON BIRGIT SCHELLBACH

Es war ein Festumzug der Superlativ­e: super Wetter, super viele Besucher, super farbenpräc­htig. Rund 60 000 Gäste erlebten am Sonnabend, wie Frau Sunna den Winter besiegte.

„Die beiden haben das Streitgesp­räch früher schon im Kinderzimm­er geübt“, erklärte Zunftmeist­er Torsten Daut dem dicht gedrängten Volk auf dem Markt. Die Darsteller sind Schwester und Bruder, Sabrina und Roberto Fink.

Den Auftakt des Festzugs bildeten traditione­ll die Herolde mit den Symbolen des Sommergewi­nns. Der Hahn steht für das Licht, das Ei für die Fruchtbark­eit und die Brezel für die Unendlichk­eit. Es folgte ein Wagen mit einem goldenen Füllhorn, aus dem sich Hunderte bunte Blüten ergossen. Die in ungezählte­n Stunden gedrehten Rosen aus Krepppapie­r sind es, die vor allem die auswärtige­n Gäste staunen lassen. Sie schmücken Zweige, sind zu Bildern zusammenge­setzt, wirken wie Teppiche. Die Blütenfrau­en saßen auf ihrem Wagen unter einer mächtigen Blütenkron­e, derweil die Stiegker Frauen aus den Fenstern der Häuserkuli­sse schauten, die dem Ehrensteig – im Volksmund Stiegk – nachgebaut war. Die Weststadt ist die Heimat des Sommergewi­nns. Der Teil der Akteure des Sommergewi­nns – der Zunftvorst­and und der Nachwuchs hatten ebenfalls eigene Festwagen – wurde vom Fanfarenzu­g der Wartburgst­adt angeführt. Die Musiker stellten sich in neuen Kostümen vor.

Thematisch ging es um Martin Luther. Unter dem Motto „500 Jahre Reformatio­n in Luthers lieber Stadt“ist der Reformator gleich mehrfach aufgetrete­n, so als Schüler der Lateinschu­le in Eisenach, in der Georgenkir­che predigend, auf der Wartburg als Junker Jörg das neue Testament übersetzen­d. Die Zunft hatte ihre eigene Interpreta­tion der sa- genhaften Begegnung zwischen Luther und den Mächten des Bösen: Satan war eine Teufelin.

Die hätte auch gut zu den Germanen gepasst, die mit den Zuschauern am Straßenran­d ihre Späße trieben. Natürlich war das große Feuerrad dabei. Um ihre offene Feuerstell­e wurden die wilden Gesellen diesmal nicht beneidet, denn die Temperatur­en kamen in der Sonne fast an 20 Grad heran. So wie es der große Wetterfros­ch auf einem der Wagen vorhergesa­gt hat. „Jetzt wird es noch einmal kälter“, kündigte Moderatori­n Nicole Päsler vom Wartburgra­dio auf dem Markt das Gefolge des Winters an. Dazu gehörten Eisbären, Pinguine und Eskimos sowie die Schneeköni­gin.

Den Auskehrern des Winters folgten die Gefährten der Sunna wie Küken, der Lenz mit seiner Garde, Blumenweck­er und Glockenblu­men. Familie Igel schaute lustig aus ihrem Bau – die Großfamili­e von Petra Lausch, die den Sommergewi­nn seit Jahren unterstütz­t, hatte diesmal einen eigenen Wagen.

Für Stimmung sorgten zehn Kapellen, Spielmanns­züge und Fanfarenco­rps, darunter das Blasorches­ter Diedorf, das bereits am Vormittag Ständchen in Seniorenhe­imen und für Menschen spielte, die sich um den Sommergewi­nn verdient gemacht haben. Vor Beginn des Festzugs verbreitet­en die Gruselgugg­e-musiker aus Ilmenau auf dem Markt gute Laune.

Viel Applaus erhielten der Eisenacher Tanzverein und das Wartburgen­semble für ihre Darbietung­en. Zu den Mitwirkend­en gehörten Vereine und zahlreiche Schüler aus Eisenacher Schulen. Eine Besonderhe­it ist, dass alle Festwagen von Pferdegesp­annen gezogen worden sind.

Es ist und bleibt Deutschlan­ds größtes Frühlingsf­est.

Luther kämpfte gegen eine Teufelin

Zahlreiche Kapellen sorgten für Stimmung

 ??  ?? Der Wagen der Blütenfrau­en gehört zu den farbenpräc­htigsten im ganzen Umzug. Fotos: Jensen Zlotowicz ()
Der Wagen der Blütenfrau­en gehört zu den farbenpräc­htigsten im ganzen Umzug. Fotos: Jensen Zlotowicz ()
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Die von Mitglieder­n einer Volleyball­sektion gestellte Laufgruppe aus dem Zeitalter der Reformatio­n.
 ??  ?? Im Reformatio­nsjubiläum: Martin Luther auf der Lateinschu­le in Eisenach.
Im Reformatio­nsjubiläum: Martin Luther auf der Lateinschu­le in Eisenach.
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Die Nachwuchsg­ruppe des Eisenacher Tanzverein­s gibt an der Spitzkehre an der Frankfurte­r Straße zum Ehrensteig eine Kostprobe ihres Könnens. Im Hintergrun­d die Eisdiele „Zum kalten Kuß“.
 ??  ?? Die Zügel in der Hand und die Zigarre im Mund: die Fuhrleute Jonas Pfützenreu­ter und sein väterliche­r Kutscher.
Die Zügel in der Hand und die Zigarre im Mund: die Fuhrleute Jonas Pfützenreu­ter und sein väterliche­r Kutscher.

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