Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Kommunalminister sollte mal reisen
Warum der Großkreis Unfug wäre
Es reicht, einmal von Treffurt nach Grabfeld zu fahren, um zu erkennen, dass dieser Vorschlag, den der Kommunalminister zur Gebietsreform vorgelegt hat, für Südwestthüringen Unfug ist. Ein solches Konstrukt wird allein wegen der Ausdehnung nie wirklich zusammenwachsen. Ein Landkreis ist aber mehr als die verwaltungstechnische Verknüpfung von kleinen und mittleren Kommunen, sondern muss auch eine Identität stiften. Damit hat selbst der Wartburgkreis noch heute, fast zwei Jahrzehnte nach Zusammenlegung der Kreise Eisenach und Bad Salzungen, ein Problem. Und das hat eben auch mit der schlichten Größe zu tun. Im Kreistag müssen die ehrenamtlichen Abgeordneten die Probleme auch mal vor Ort erleben können und mit den Bürgern in den Orten reden, um richtige Entscheidungen zu treffen. Das ist jetzt schon schwer, wird dann aber nahezu unmöglich.
Wer aus dem Südkreis wie Klaus Bohl (Freie Wähler) oder Anja Müller (Linke) diesen Vorschlag nun als zustimmungsfähig ansieht, nur weil Bad Salzungen die Kreisstadt auch des neuen Gebildes werden soll, begeht einen Fehler. Und zwar eben jenen Fehler, der auch den Beschluss zur Kreisfreiheit Eisenachs möglich machte. Wenn wir uns als eine Wartburgregion ansehen, muss man auch die ganze Region im Auge haben und nicht nur die eigene Scholle.
Positive Auswirkungen für die Region sind nicht zu erkennen, im Gegenteil: Natürlich wird das Eisenacher Theater den Bach runtergehen, wenn sich in den nächsten Finanzierungsrunden das Land fragen wird, warum es zwei Theaterstandorte (Meiningen) in einem Kreis unterstützen soll. Das ist nur ein Beispiel. Sollte dieses Großkreiskonstrukt tatsächlich durchgepeitscht werden, werden die Kosten der vergangenen Fehler kleiner sein als der zu erwartende Preis, den die Menschen in Stadt Eisenach und Wartburgkreis in der Zukunft zu zahlen haben.
Das Land hat Zielgrößen definiert, die durch eine Gebietsreform erreicht werden sollen. Der Zusammenschluss von Wartburgkreis und Stadt Eisenach erfüllt all diese Vorgaben. Und nicht Oberbürgermeisterin Wolf (Linke) und Landrat Krebs (CDU) sind bockig, wenn sie diesen neuen Monsterkreis kategorisch ablehnen. Stadt und Kreis sind so ziemlich die einzigen in Thüringen, die eben nicht bockig sind, sondern sich auf den Weg zu einem Zusammengehen gemacht haben, während andere trotzig in ihrer „Ichbewegemichnicht“haltung blieben.
Es kann nicht sein, dass nun ausgerechnet jene, die Vernunft zeigten und den Vorgaben des Landes entsprechend aufeinander zu gehen, dafür bestraft werden, plötzlich als Verlierer da stehen. Wenn sich zeigt, dass Kompromissfähigkeit in diesem Land als Schwäche bewertet wird, dagegen aber blindes Verharren auf den eigenen Positionen belohnt wird, sind wir bald am Ende der demokratischen Möglichkeiten in dieser Gesellschaft.
Vielleicht sollte der Kommunalminister mal eine Reise tun, von Treffurt aus, aber nicht nur bis Kaltennordheim, sondern eben bis Grabfeld.