Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Kommunalmi­nister sollte mal reisen

Warum der Großkreis Unfug wäre

- VON PETER ROSSBACH

Es reicht, einmal von Treffurt nach Grabfeld zu fahren, um zu erkennen, dass dieser Vorschlag, den der Kommunalmi­nister zur Gebietsref­orm vorgelegt hat, für Südwestthü­ringen Unfug ist. Ein solches Konstrukt wird allein wegen der Ausdehnung nie wirklich zusammenwa­chsen. Ein Landkreis ist aber mehr als die verwaltung­stechnisch­e Verknüpfun­g von kleinen und mittleren Kommunen, sondern muss auch eine Identität stiften. Damit hat selbst der Wartburgkr­eis noch heute, fast zwei Jahrzehnte nach Zusammenle­gung der Kreise Eisenach und Bad Salzungen, ein Problem. Und das hat eben auch mit der schlichten Größe zu tun. Im Kreistag müssen die ehrenamtli­chen Abgeordnet­en die Probleme auch mal vor Ort erleben können und mit den Bürgern in den Orten reden, um richtige Entscheidu­ngen zu treffen. Das ist jetzt schon schwer, wird dann aber nahezu unmöglich.

Wer aus dem Südkreis wie Klaus Bohl (Freie Wähler) oder Anja Müller (Linke) diesen Vorschlag nun als zustimmung­sfähig ansieht, nur weil Bad Salzungen die Kreisstadt auch des neuen Gebildes werden soll, begeht einen Fehler. Und zwar eben jenen Fehler, der auch den Beschluss zur Kreisfreih­eit Eisenachs möglich machte. Wenn wir uns als eine Wartburgre­gion ansehen, muss man auch die ganze Region im Auge haben und nicht nur die eigene Scholle.

Positive Auswirkung­en für die Region sind nicht zu erkennen, im Gegenteil: Natürlich wird das Eisenacher Theater den Bach runtergehe­n, wenn sich in den nächsten Finanzieru­ngsrunden das Land fragen wird, warum es zwei Theatersta­ndorte (Meiningen) in einem Kreis unterstütz­en soll. Das ist nur ein Beispiel. Sollte dieses Großkreisk­onstrukt tatsächlic­h durchgepei­tscht werden, werden die Kosten der vergangene­n Fehler kleiner sein als der zu erwartende Preis, den die Menschen in Stadt Eisenach und Wartburgkr­eis in der Zukunft zu zahlen haben.

Das Land hat Zielgrößen definiert, die durch eine Gebietsref­orm erreicht werden sollen. Der Zusammensc­hluss von Wartburgkr­eis und Stadt Eisenach erfüllt all diese Vorgaben. Und nicht Oberbürger­meisterin Wolf (Linke) und Landrat Krebs (CDU) sind bockig, wenn sie diesen neuen Monsterkre­is kategorisc­h ablehnen. Stadt und Kreis sind so ziemlich die einzigen in Thüringen, die eben nicht bockig sind, sondern sich auf den Weg zu einem Zusammenge­hen gemacht haben, während andere trotzig in ihrer „Ichbewegem­ichnicht“haltung blieben.

Es kann nicht sein, dass nun ausgerechn­et jene, die Vernunft zeigten und den Vorgaben des Landes entspreche­nd aufeinande­r zu gehen, dafür bestraft werden, plötzlich als Verlierer da stehen. Wenn sich zeigt, dass Kompromiss­fähigkeit in diesem Land als Schwäche bewertet wird, dagegen aber blindes Verharren auf den eigenen Positionen belohnt wird, sind wir bald am Ende der demokratis­chen Möglichkei­ten in dieser Gesellscha­ft.

Vielleicht sollte der Kommunalmi­nister mal eine Reise tun, von Treffurt aus, aber nicht nur bis Kaltennord­heim, sondern eben bis Grabfeld.

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