Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Entführung in die original ungarische Klangwelt
Musik von Béla Bartók erklingt neben anderen beim 6. Sinfoniekonzert der Landeskapelle
EISENACH. „Eisenach hat ein Tanzorchester“, könnte das Urteil nach dem letzten Werk im 6. Sinfoniekonzert der Landeskapelle unter der Leitung von Stephan Koncz lauten. So mitreißend klang es mit den „Rumänischen Volkstänzen“von Béla Bartók aus. Das begeisterte Publikum erzwang sich eine Wiederholung des letzten Satzes.
Einige Mitglieder der Landeskapelle werden sich bei dem bereits erwähnten Werk oder auch dem Divertimento für Streichorchester des gleichen Komponisten heimisch gefühlt haben. Stephan Koncz trieb nicht nur das gesamte Orchester an, sondern konnte auch die Musiker im 2. Satz des Divertimentos zu zartestem Spiel zwingen.
Der allmähliche Aufbau des Klanges durch die Soli, die Akzente widersprachen dem „dumpf“oder der „schmerzlich deklamierten Klage“des Konzertführers (K. Schönewolf/h. Schaefer). So unterschiedlich kann man eine Partitur lesen!
Stephan Koncz entführte uns in die original ungarische Klangwelt, die Bartók bewusst anklingen lässt (nicht zu verwechseln mit der Musik der althergebrachten Stephan Koncz – Dirigent und Solist. Foto: Landestheater
„Zigeunerkapellen“!). Immer wieder tauchte die kleine Septime in der Melodie auf, die dieser Musik den besonderen Reiz gibt.
Als Bartók diese beiden Werke schuf (1915/17 und 1939) waren seine Forschungsreisen mit Zoltán Kodály schon abgeschlossen. Dieser schrieb: „Bartók zählt zu diesen ... heute bereits ... meistgespielten Komponisten der Welt. Und das, obwohl es viele Leute der Welt gibt, die sich an das Althergebrachte, Gewohnte klammern und den neuen Ton nicht gern vernehmen.“Letzteres kann man vom Eisenacher Publikum nicht sagen. Wenn „das Neue, Ungewohnte“so meisterhaft interpretiert wird, erreicht es die Herzen der Zuhörer.
Mit dem Cellokonzert in Cdur von Joseph Haydn hat sich Stephan Koncz als Solist in die Herzen der Zuhörer gespielt. Dirigent und Solist in einer Person zu sein, verlangt höchste Konzentration. Während sich üblicherweise der Solist in seinen Pausen dem Orchester lauschend hingeben kann, muss er (das Instrument und den Bogen in der linken Hand haltend) dem Orchester stehend zugewandt die nötigen Impulse geben. Auch ohne Leitung war in den Begleitpassagen die Klangbalance gewahrt. Spricht das nicht für die Güte des Orchesters? Das Vibrato des Solisten stand im Gegensatz zu dem sehr zarten, fast unhörbaren Vibrato des Orchesters. Dadurch setzte er sich klanglich vom Orchester ab. Sein gesamtes Spiel, Tongebung, Bogentechnik, Virtuosität zu loben, hieße Eulen nach Athen zu tragen. Man lese seine Vita!
Die Serenade op. 10 von Ernst von Dohnányi eröffnete am Samstag das Konzert und gab damit das ungarische Motto an. Kommt ein Gastdirigent, betrachtet man ihn kritisch. Saubere Schlagtechnik, formende linke Hand, auch mit dem Kopf Einsätze gebend – Stephan Koncz versteht dieses Handwerk. Wird er – wie so oft – vom Orchestermitglied zum Dirigenten wechseln? Man sollte ihn im Auge behalten. Warum trat er nicht mit Frack auf? Die Antwort ist sicherlich im Wechsel stehend als Dirigent, sitzend als Cellist zu suchen. Macht dieses Äußerliche (in Fachkreisen als „Pinguin“bespöttelt) das gute Konzert aus? So möge der gestörte Zuschauer die Augen schließen und der Musik lauschen!
Wer in diesem Konzert der Musik gelauscht hat, wird dieses lange im Gedächtnis behalten. Vielleicht tauchten Reiseerinnerungen auf. Es war nur eine Kostprobe der reichen ungarischen Musiktradition. Noch zwei Konzerte unserer Landeskapelle stehen an. Wir sollten sie nicht verpassen!
Stehender Dirigent und sitzender Solocellist