Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Lange Reisen zu den Ämtern in der Kreisstadt

Thüringer Landesregi­erung wünscht sich Landkreise, die größer als das Saarland sind

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Zur Gebietsref­orm und sinkenden Kreisumlag­en:

Die Behauptung­en zur Veränderun­g der Kreisumlag­en und ähnlichem erscheinen mir doch sehr abenteuerl­ich, wenn die Prokopf-umlage nicht gilt.

Es ist Augenwisch­erei, wenn behauptet wird, dass es allen Kreisen und Kommunen besser geht, wenn die Gebietsref­orm mit der Absenkung der Umlagen kommt. Bisher habe ich noch von keinem Kommunalpo­litiker oder Landrat gehört, dass bei den sogenannte­n Reformen die Menschen im Zentrum der Entscheidu­ngsfindung standen. Und sie stehen es dort auch nicht! Warum, ist schnell mit Mathematik erklärt.

Einzelne Städte wären scheinbar davon ausgenomme­n (konstante Einwohnerz­ahl), aber die ländlichen Gebiete erhalten ihre Zuwendunge­n nicht nach Einwohners­chlüssel, sondern nach gut Dünken der Staatskass­e. Die Zentren erhalten höhere Zuweisunge­n und teilen diese wiederum auf. Soweit, so gut. Was aber, wenn Vorhaben für die Menschen zwar gewaltiger dafür aber seltener werden? Nur wenige kommen dann in deren Genuss. Ich behaupte, das ist gewollt und zwar zu Lasten der ländlichen Gegenden und unserer Thüringer Geschichte.

Man bildet sich scheinbar ernsthaft ein, dass den Menschen geholfen ist, wenn sie quer durch Thüringen reisen müssen, Urlaub nehmen oder womöglich Hotelzimme­r buchen müssen, nur um mal eben einen Besuch in einem Amt der Kreisstadt zu realisiere­n. Das ist nicht wahr? Stimmt, aber wie lange noch bei diesem Zentralisi­erungswahn eines Landes, welches sich Landkreise wünscht, die größer sind als das Saarland.

Ein Resultat steht dabei aber schon heute fest: Bürgernähe und Ehrenamt gehen in den Keller. Bin gespannt, wie diese Arbeit dann von Profis ebenso preisgünst­ig erledigt wird. Von einem aber bin ich fest überzeugt: Wenn die Entscheidu­ngsträger mit ihrem Privatverm­ögen haften müssten, würde es den schnellste­n Rücktritt von vorgetäusc­hten Vorteilen einer „Reform“geben, den es in der Deutschen Geschichte je gab. Vielleicht aber kann dem noch abgeholfen werden mit einem oder mehreren mobilen Verwaltung­seinheiten, die ähnlich wie die Blutspende­trupps die Bürgernähe retten. Eins wäre dann aber schnell abgeschaff­t: Es gibt keine Warteschla­ngen mehr in den Ämtern, sondern nur noch eine. Diese ist zwar um vieles länger, steht aber dafür nur noch in einem Amt oder eben dann im Regen, für den Fall der „Ämter auf Rädern“.

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