Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Genau hinschauen macht allemal schlauer
Gebietsreform geht auf die Zielgerade
Gebietsreform. Die Zielgerade rückt näher, in vielen Orten wird da schon an den Details der künftigen Struktur gefeilt, obwohl ein Scheitern der Reform auch nicht ausgeschlossen ist. Doch je mehr man in die Details geht und den
Blick auf die jeweilige Region lenkt, umso mehr stellt man fest wie unterschiedlich doch die Antworten auf die Frage sind: Braucht es solch eine Reform und wenn Ja wie?
Eigentlich sind wir uns ja alle einig, dass die kleinteiligen Verwaltungsstrukturen irgendwie dann doch nicht zu einer Zukunft passen wollen, in der es auch in Thüringen immer weniger Menschen gibt und in der die Finanzmittel deutlich kleiner werden. Nehmen wir den Blick mal auf die Stadt Eisenach. Dass da was passieren muss, darüber sind sich alle einig. Aber auch hier steht das Wie. Die Wunschvariante des Zurückkehrens in den Kreis, scheint nach derzeitigem Stand wahrscheinlich zu sein. Mit der Aufgabe der Kreisfreiheit darf aber nicht die Aufgabe der Bedeutung der Stadt als da s Zentrum der Region verbunden sein. Die Kompensation muss deutlich über dem liegen, was derzeit im Gespräch ist.
Der Kreisstadtstatus wäre eine logische Konsequenz, finanzielle Unterstützung ohnehin und natürlich müssen einige Aufgaben wie das Schulnetz, Kitaplanung oder ÖPNV in Zuständigkeit der dann wohl Großen kreisangehörigen Stadt bleiben. Auch das wäre logische Konsequenz.
Aber das mit den logischen Konsequenzen ist ja immer so eine Sache und wie die Landesregierung mit den Kommunen umgeht, die nächste Frage. Es war politisch sicher nicht sonderlich klug, dass der Ministerpräsident am Rande eine Baumpflanzaktion nebenbei verkündet, dass er Creuzburg als Eingemeindungskandidat für Eisenach sieht. Fingerspitzengefühl wäre da sicher hilfreichgewesen.
Noch ärger sieht es im Erbstromtal aus, wo Ruhla und Seebach zusammengehen wollen, wobei deren Zusammenarbeit schon so eng ist, dass mit Einspareffekten im Verwaltungsstellenbereich nicht zu rechnen ist. Aber nach den Prognosen des Landes erreichen die beiden die Zieleinwohnerzahl von 6000 im Jahr 2035 nicht, also müssen sie sich einen Partner suchen. Das wäre Wuthafarnroda, aber . . .
Dass diese Einwohnerprognosen für Seebach und Ruhla kaum haltbar sind, dürfte jeder wissen. Die beiden Kommunen haben in der Vergangenheit viele Einwohner verloren. Dass sich dieser Trend aber linear weiter fortsetzt, wie es die Prognosen weismachen wollen, ist nicht glaubhaft. Auch das weiß jeder, der in die beiden Kommunen schaut. Da ist viel gearbeitet worden. Und die Zahl der industriellen Arbeitsplätze spricht ebenfalls gegen eine weitere Abwanderung in der prognostizierten Größe.
Diese Beispiele zeigen, dass weder die Totalablehnung einer Reform (auch gerade von jenen, die über Jahre in dieser Beziehung nur wenig hinbekommen haben, obwohl an der Regierung) genauso falsch ist wie das laute Hurra dazu „mit dem alles über einen Kamm scheren“nicht wirklich Sinn macht. Allen recht machen kann man es bei diesem Thema sowieso nicht, aber genauer hinschauen auf den Einzelfall macht allemal schlauer.