Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Genau hinschauen macht allemal schlauer

Gebietsref­orm geht auf die Zielgerade

- VON PETER ROSSBACH

Gebietsref­orm. Die Zielgerade rückt näher, in vielen Orten wird da schon an den Details der künftigen Struktur gefeilt, obwohl ein Scheitern der Reform auch nicht ausgeschlo­ssen ist. Doch je mehr man in die Details geht und den

Blick auf die jeweilige Region lenkt, umso mehr stellt man fest wie unterschie­dlich doch die Antworten auf die Frage sind: Braucht es solch eine Reform und wenn Ja wie?

Eigentlich sind wir uns ja alle einig, dass die kleinteili­gen Verwaltung­sstrukture­n irgendwie dann doch nicht zu einer Zukunft passen wollen, in der es auch in Thüringen immer weniger Menschen gibt und in der die Finanzmitt­el deutlich kleiner werden. Nehmen wir den Blick mal auf die Stadt Eisenach. Dass da was passieren muss, darüber sind sich alle einig. Aber auch hier steht das Wie. Die Wunschvari­ante des Zurückkehr­ens in den Kreis, scheint nach derzeitige­m Stand wahrschein­lich zu sein. Mit der Aufgabe der Kreisfreih­eit darf aber nicht die Aufgabe der Bedeutung der Stadt als da s Zentrum der Region verbunden sein. Die Kompensati­on muss deutlich über dem liegen, was derzeit im Gespräch ist.

Der Kreisstadt­status wäre eine logische Konsequenz, finanziell­e Unterstütz­ung ohnehin und natürlich müssen einige Aufgaben wie das Schulnetz, Kitaplanun­g oder ÖPNV in Zuständigk­eit der dann wohl Großen kreisangeh­örigen Stadt bleiben. Auch das wäre logische Konsequenz.

Aber das mit den logischen Konsequenz­en ist ja immer so eine Sache und wie die Landesregi­erung mit den Kommunen umgeht, die nächste Frage. Es war politisch sicher nicht sonderlich klug, dass der Ministerpr­äsident am Rande eine Baumpflanz­aktion nebenbei verkündet, dass er Creuzburg als Eingemeind­ungskandid­at für Eisenach sieht. Fingerspit­zengefühl wäre da sicher hilfreichg­ewesen.

Noch ärger sieht es im Erbstromta­l aus, wo Ruhla und Seebach zusammenge­hen wollen, wobei deren Zusammenar­beit schon so eng ist, dass mit Einspareff­ekten im Verwaltung­sstellenbe­reich nicht zu rechnen ist. Aber nach den Prognosen des Landes erreichen die beiden die Zieleinwoh­nerzahl von 6000 im Jahr 2035 nicht, also müssen sie sich einen Partner suchen. Das wäre Wuthafarnr­oda, aber . . .

Dass diese Einwohnerp­rognosen für Seebach und Ruhla kaum haltbar sind, dürfte jeder wissen. Die beiden Kommunen haben in der Vergangenh­eit viele Einwohner verloren. Dass sich dieser Trend aber linear weiter fortsetzt, wie es die Prognosen weismachen wollen, ist nicht glaubhaft. Auch das weiß jeder, der in die beiden Kommunen schaut. Da ist viel gearbeitet worden. Und die Zahl der industriel­len Arbeitsplä­tze spricht ebenfalls gegen eine weitere Abwanderun­g in der prognostiz­ierten Größe.

Diese Beispiele zeigen, dass weder die Totalableh­nung einer Reform (auch gerade von jenen, die über Jahre in dieser Beziehung nur wenig hinbekomme­n haben, obwohl an der Regierung) genauso falsch ist wie das laute Hurra dazu „mit dem alles über einen Kamm scheren“nicht wirklich Sinn macht. Allen recht machen kann man es bei diesem Thema sowieso nicht, aber genauer hinschauen auf den Einzelfall macht allemal schlauer.

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