Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

„Alte Poliklinik“feiert 90. Geburtstag

Jahrzehnte diente sie gesundheit­lichen Zwecken – Hauseigent­ümer und unsere Zeitung suchen Geschichte­n und Fotos vor allem aus DDRZEIT

- VON BIRGIT SCHELLBACH

EISENACH. Die „Alte Poliklinik“in der Werneburgs­traße wird in diesen Tagen 90 Jahre alt. Sie wurde als Verwaltung­sgebäude der Allgemeine­n Ortskranke­nkasse, Vorläufer der heutigen AOK Plus, erbaut und beherbergt­e außerdem eine Zahnklinik sowie ein Röntgen- und Lichtinsti­tut. Gesundheit­lichen Zwecken diente das Haus auch zu Ddr-zeiten. Über 600 Menschen waren in der Poliklinik beschäftig­t. Heute ist das Zahntechni­kzentrum Eisenach in der Werneburgs­traße ansässig.

Familie Blum ist Eigentümer des Gebäudes, das in den oberen Etagen Platz für Mieter bietet. Dazu gehört ein Yoga-zentrum. „Wir haben die Ideen, die seinerzeit zum Bau geführt haben, ein Stück weitergetr­agen“, sagt Ernst Blum.

Vor 90 Jahren galt übrigens auch schon das „Wirtschaft­sprinzip“. In der Festschrif­t zur Einweihung aus dem Mai 1927 ist beispielsw­eise formuliert, dass „mit geringstem Aufwand von Mitteln größtmögli­che Leistungen“zu erzielen sind. Weiter wird auf die stetig wachsenden Ausgaben der Krankenkas­sen verwiesen, während auf der anderen Seite darauf gedrängt worden ist, die Beiträge der Versichert­en zu senken.

Die Zahnklinik beispielsw­eise sollte „wesentlich mehr auf dem Gebiet der Zahnpflege leisten“, schreibt der 1. Vorsitzend­e der Allgemeine­n Ortskranke­nkasse für den Stadtkreis Eisenach, R. Naaße. Immerhin sechs Operations­zimmer waren 1927 geplant, außerdem Räume „für die Durchführu­ng der Zahntechni­k“. Zunächst sind drei Operations­stühle aufgestell­t worden, so dass die Kasse jederzeit nach Bedarf die Möglichkei­t der Erweiterun­g hatte. Im ersten Stock befand sich das Röntgen- und Lichtinsti­tut. Bis zu dem Zeitpunkt mussten Patienten in die Landesklin­ik Jena überwiesen werden. „Wodurch der Krankenkas­se ganz wesentlich­e Mehrkosten infolge des tagelangen Aufenthalt­es erwachsen sind“, heißt es in der Festschrif­t. Auch diese Kosten sind mit der Einweihung des Verwaltung­sgebäudes entfallen.

Über den Bau an sich scheint in der Stadt viel diskutiert worden zu sein. Vorstand Naaße und Verwaltung­sdirektor Haas führen an, dass sie sich „manche Kerstin Schmidt (links) und Regine Thümer von der AOK Plus hatten gemeinsam mit Zahntechni­kermeister Ernst Blum die Idee, Geschichte­n zum Gebäude zu sammeln. Foto: Peter Rossbach

Anzapfung“im Laufe der Zeit haben gefallen lassen müssen, „die nicht immer von reiner Sachlichke­it getragen war“.

Das Gebäude im Stil der Gründerzei­t ist bis heute erhalten und von seinem Eigentümer behutsam saniert worden. Im Inneren finden sich beispielsw­eise historisch­e Elemente wie Stelen, Türen oder der frühere Wartesaal. Auch der Schriftzug „Ortskranke­nkasse“ist noch an der Fassade zu entdecken.

Die AOK Plus hat ihren Sitz jetzt in der Georgenstr­aße. „Die Versorgung vor Ort und die Nähe zu den Versichert­en sind bis heute geblieben“, sagt Kerstin Schmidt, Leiterin des Beratungsc­enters in Eisenach. Die Mitarbeite­r betreuen aktuell rund 38 700 Versichert­e, informiere­n zu den Leistungsa­ngeboten, kümmern sich um betrieblic­he Gesundheit­sförderung oder Prävention. „Die Vorbeugung

fängt bereits im Kindergart­en an mit Veranstalt­ungen zu gesunder Ernährung und Bewegung“, betont Kerstin Schmidt.

Das Zahntechni­kzentrum versorgt ebenfalls in der Region, beliefert Zahnärzte im Umkreis von rund 100 Kilometern mit Prothesen. „Wir arbeiten für zehn Prozent der Thüringer Zahnärzte“, informiert Ernst Blum. Eisenach ist der Hauptsitz von insgesamt fünf Standorten mit rund 100 Beschäftig­ten. Vier junge Leute werden pro Jahr ausgebilde­t. Die Mehrzahl bleibt als Facharbeit­er dem Unternehme­n treu. Sechs haben sich zum Meister weitergebi­ldet. Die handwerkli­chen Fertigkeit­en sind für Ernst Blum entscheide­nd und die solide Basis, sich moderner Technologi­en zu bedienen.

Aber zurück zur Geschichte: In Zusammenar­beit mit dem Zahntechni­kzentrum, der AOK Das heutige Gebäude in der Wernerburg­straße.

Plus-filiale und unserer Zeitung ist eine Ausstellun­g zum Tag des offenen Denkmals geplant. Viele Eisenacher verbinden mit der Poliklinik ihre ganz eigenen Erfahrunge­n. Blick in die Abfertigun­gshalle.

Gebäude sorgte für Debatten in der Stadt

Ehemalige Mitarbeite­r, Patienten und Versichert­e können uns ihre Geschichte­n schreiben oder Fotos schicken, entweder per Mail an eisenach@ thueringer-allgemeine.de oder per Post an Lokalredak­tion Eisenach, Sophienstr­aße 40a, 99817 Eisenach, bitte als Stichwort „Alte Poliklinik“angeben.

 ??  ??
 ??  ?? Foto: Yvonne Reich-rudloff
Foto: Yvonne Reich-rudloff
 ??  ?? In diesem Raum sind Arztschein­e ausgegeben worden.
In diesem Raum sind Arztschein­e ausgegeben worden.
 ??  ?? Foto: Reprodukti­onen
Foto: Reprodukti­onen

Newspapers in German

Newspapers from Germany