Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Die halbe Miete
Zur Fraunhoferinitiative am Standort Erfurt
Lieblich sind die Träume vom Silicon Valley. Nirgends auf der Welt findet sich eine so hohe Dichte junger, innovationsbasierter Unternehmen, die sich aus dem Dunstkreis der University of California – Standorte Stanford, Irvine etc. – zu Weltformat emporschwingen. Aus Forschern werden Unternehmer. Zumal die Mikroelektronikbranche macht von sich reden: Stichworte wie Industrie 4.0, Smarthome, Cloud Computing oder autonomes Fahren sind in aller Munde.
Da freut man sich für Erfurt, weil hierzulande beinahe jeder bei Forschung und Entwicklung zuerst an die großen, nach Fraunhofer, Leibniz, Helmholtz und Planck benannten Gemeinschaften denkt – weniger an die Universitäten, denen der ungerechte Vorwurf gilt, sie agierten zu praxis und zu unternehmensfern. Das mag früher so gewesen sein. Heute indes bilden sie Forschungsverbünde mit außeruniversitären Instituten, etwa um die Grundlagenforschung voranzutreiben. Die Wirtschaft profitiert davon.
Zum Beispiel in Dresden. Als Fraunhofer & Co. nach 1990 Standorte im Osten suchten, griff man beidhändig zu; Elbflorenz beherbergt heute mehr als doppelt so viele Institute wie ganz Thüringen. Ein wichtiger Faktor im Spiel war und ist die dortige Technische Universität.
Etwas Vergleichbares hat Erfurt leider nicht vorzuweisen. Und noch etwas fehlt, um zu reüssieren wie im Silicon Valley: Deutschland braucht eine Kultur des Risikokapitals. Das kommt in den USA auch nicht von der Sparkasse, sondern von Beteiligungsgesellschaften und Konzernen wie Google oder Amazon. – Träumen reicht also nicht. Aber ein Forschungsinstitut ist schon die halbe Miete.