Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Im Jagdrevier der Abschleppdienste
Ist das Auto plötzlich weg, ist der Ärger groß. Doch Falschparker haben meist das Nachsehen. Die häufigsten Szenarien
BERLIN. Einmal kurz falsch geparkt – und schon ist das Auto weg. Wer als Falschparker abgeschleppt wird, muss mit erheblich höheren Kosten rechnen als wenn es einfach beim normalen Knöllchen geblieben wäre. Der Ärger über die Abschlepper vom Ordnungsdienst oder von Privatfirmen als vermeintliche Abzocker ist verständlich – aber das geltende Recht haben sie viel öfter auf ihrer Seite als Verkehrsteilnehmer gemeinhin annehmen. Wer das Auto an den Haken nehmen darf:
Parken im öffentlichen Raum
Halteverbot: Egal, ob im absoluten oder nur im eingeschränkten Halteverbot: Als Bußgeld sind mindestens 15 Euro zu zahlen. Und wenn es unglücklich läuft, weitaus mehr. Denn Polizei und Ordnungsdienst können das Auto nach ihrem Ermessen ohne Wartezeit abschleppen lassen. Dazu, so haben mehrere Verwaltungsgerichte übereinstimmend geurteilt, braucht nicht einmal eine konkrete Behinderung vorzuliegen. (Aktenzeichen: VG Berlin, VG 11 K 279.10, VG Aachen, 6 K 1/10)
Fußgängerzone: Zur sogenannten Gefahrenabwehr ist sofortiges Abschleppen grundsätzlich erlaubt. Dazu zählt so einiges: wenn der Falschparker mit seinem Auto den gesamten Gehweg verstellt; wenn das Auto dazu auch noch in die Fahrbahn hineinragt; auch, wenn es in einer Fußgängerzone oder einer Anfahrtszone für die Feuerwehr geparkt wurde.
Selbst sein Auto im Fünf-meter-kreuzungsbereich zweier Straßen abzustellen, gilt als gefahrenträchtig genug, um unverzüglich einzugreifen. (Aktenzeichen: VG Aachen, 6 K 512/08)
Taxistand: Auch am Taxistand gilt erhöhtes Abschlepprisiko: Wer sein Auto am Taxistand abstellt und erwischt wird, zahlt auf jeden Fall zehn Euro Bußgeld. Und auch hier können Behördenmitarbeiter unverzüglich den Abschleppdienst anfordern – in einem Rechtsstreit, der bis vor das Bundesverwaltungsgericht ging, bekam die Behörde recht, und der Falschparker blieb auf den Abschleppkosten sitzen. (Aktenzeichen: 3 C 5.13) Behindertenparkplatz: Parken auf Flächen, die für Schwerbehinderte reserviert sind, ist riskant – es kann generell gleich abgeschleppt werden. Selbst wenn man dadurch niemandem, der berechtigt ist, den Platz wegnimmt oder auch wenn es mehrere Behindertenparkplätze nebeneinander gibt und die anderen unbesetzt sind.
Es gibt auch keine Ausnahmen für Leute, die vielleicht nicht gut zu Fuß, aber eben nicht schwerbehindert sind. Der bayerische Verwaltungsgerichtshof urteilte entsprechend gegen eine Frau, die hochschwanger einen Behindertenparkplatz genutzt und statt des Berechtigungsausweises ihren Mutterpass auf die Ablage gelegt hatte. Die Plätze seien nun einmal für Menschen mit schweren und langfristigen Beeinträchtigungen reserviert, so das Gericht – also auch keine Ausnahme für jemanden, der mit Gipsbein und Krücken herumläuft oder aus anderen Gründen schlecht zu Fuß ist. (Aktenzeichen: 10 ZB 09.1052)
Halteverbot/umzug: Man kommt aus dem Urlaub zurück, und das Auto steht nicht mehr an der Stelle, wo man es abgestellt hat? Das kann passieren, etwa, wenn der Nachbar gerade in dieser Zeit umzieht oder Straßenbauarbeiten anstehen. Denn sobald die Schilder für ein zeitlich begrenztes Halteverbot aufgestellt werden, läuft die Frist.
Bei der Aufstellung der Verbotsschilder muss ein Vorlauf von vier Tagen eingehalten werden – danach dürfen die Autos abgeschleppt werden, die dort schon vorher abgestellt waren.
Alle drei Tage nachzuschauen oder nachschauen zu lassen, ob ein Verbot eingerichtet wurde, ist nach Ansicht der Gerichte Dauerparkern zuzumuten. (Aktenzeichen: VG Neustadt, 5 K 444/14.NW)
Parken auf Privatgelände
Kostenpflichtiges Abschleppen: Eigentümer und Mieter eines Parkplatzes müssen selbst für Recht und Ordnung auf ihrem Gelände sorgen. Viele tun dies einfach mit einem Hinweisschild, dass die Regeln der Straßenverkehrsordnung auch auf dem Privatgrundstück gelten, oder erlauben das Parken mit Parkscheibe. Der entscheidende Unterschied beim Parken auf Privatgrund: Ein Eigentümer kann nach eigenem Ermessen unberechtigt geparkte Fahrzeuge kostenpflichtig abschleppen lassen. Allerdings handelt er damit auf eigenes Risiko, denn die Kosten muss sich der Eigentümer erst einmal vom Falschparker wiederholen und notfalls vor Gericht geltend machen. Was aber gar nicht geht: den Falschparker seinerseits am Wegfahren hindern, etwa, indem man mit dem eigenen Auto den Weg versperrt – das fällt unter Nötigung. (Aktenzeichen: BGH, V ZR 144/08)
„Nur für Gäste“/„nur für
Kunden“: Als Gast gilt eigentlich nur, wer das Lokal tatsächlich besucht, als Kunde gilt nur, wer im Geschäft tatsächlich einkauft. Und nur diese dürfen ihre Autos auf dem Kundenparkplatz abstellen. In der Praxis ist das während der Öffnungszeiten natürlich nur schwer zu kontrollieren.
In manchen Fällen aber ist die Sache klar, etwa, wenn jemand außerhalb der Öffnungszeiten eines Restaurants sein Auto auf dem Gästeparkplatz abstellt – dann ist das Abschleppen rechtmäßig, auch wenn noch ausreichend weitere Plätze vorhanden sind und niemand behindert wird. (Aktenzeichen: AG Lübeck 33 C 3926/11)