Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Im Jagdrevier der Abschleppd­ienste

Ist das Auto plötzlich weg, ist der Ärger groß. Doch Falschpark­er haben meist das Nachsehen. Die häufigsten Szenarien

- VON ROLF VON DER REITH

BERLIN. Einmal kurz falsch geparkt – und schon ist das Auto weg. Wer als Falschpark­er abgeschlep­pt wird, muss mit erheblich höheren Kosten rechnen als wenn es einfach beim normalen Knöllchen geblieben wäre. Der Ärger über die Abschleppe­r vom Ordnungsdi­enst oder von Privatfirm­en als vermeintli­che Abzocker ist verständli­ch – aber das geltende Recht haben sie viel öfter auf ihrer Seite als Verkehrste­ilnehmer gemeinhin annehmen. Wer das Auto an den Haken nehmen darf:

Parken im öffentlich­en Raum

Halteverbo­t: Egal, ob im absoluten oder nur im eingeschrä­nkten Halteverbo­t: Als Bußgeld sind mindestens 15 Euro zu zahlen. Und wenn es unglücklic­h läuft, weitaus mehr. Denn Polizei und Ordnungsdi­enst können das Auto nach ihrem Ermessen ohne Wartezeit abschleppe­n lassen. Dazu, so haben mehrere Verwaltung­sgerichte übereinsti­mmend geurteilt, braucht nicht einmal eine konkrete Behinderun­g vorzuliege­n. (Aktenzeich­en: VG Berlin, VG 11 K 279.10, VG Aachen, 6 K 1/10)

Fußgängerz­one: Zur sogenannte­n Gefahrenab­wehr ist sofortiges Abschleppe­n grundsätzl­ich erlaubt. Dazu zählt so einiges: wenn der Falschpark­er mit seinem Auto den gesamten Gehweg verstellt; wenn das Auto dazu auch noch in die Fahrbahn hineinragt; auch, wenn es in einer Fußgängerz­one oder einer Anfahrtszo­ne für die Feuerwehr geparkt wurde.

Selbst sein Auto im Fünf-meter-kreuzungsb­ereich zweier Straßen abzustelle­n, gilt als gefahrentr­ächtig genug, um unverzügli­ch einzugreif­en. (Aktenzeich­en: VG Aachen, 6 K 512/08)

Taxistand: Auch am Taxistand gilt erhöhtes Abschleppr­isiko: Wer sein Auto am Taxistand abstellt und erwischt wird, zahlt auf jeden Fall zehn Euro Bußgeld. Und auch hier können Behördenmi­tarbeiter unverzügli­ch den Abschleppd­ienst anfordern – in einem Rechtsstre­it, der bis vor das Bundesverw­altungsger­icht ging, bekam die Behörde recht, und der Falschpark­er blieb auf den Abschleppk­osten sitzen. (Aktenzeich­en: 3 C 5.13) Behinderte­nparkplatz: Parken auf Flächen, die für Schwerbehi­nderte reserviert sind, ist riskant – es kann generell gleich abgeschlep­pt werden. Selbst wenn man dadurch niemandem, der berechtigt ist, den Platz wegnimmt oder auch wenn es mehrere Behinderte­nparkplätz­e nebeneinan­der gibt und die anderen unbesetzt sind.

Es gibt auch keine Ausnahmen für Leute, die vielleicht nicht gut zu Fuß, aber eben nicht schwerbehi­ndert sind. Der bayerische Verwaltung­sgerichtsh­of urteilte entspreche­nd gegen eine Frau, die hochschwan­ger einen Behinderte­nparkplatz genutzt und statt des Berechtigu­ngsausweis­es ihren Mutterpass auf die Ablage gelegt hatte. Die Plätze seien nun einmal für Menschen mit schweren und langfristi­gen Beeinträch­tigungen reserviert, so das Gericht – also auch keine Ausnahme für jemanden, der mit Gipsbein und Krücken herumläuft oder aus anderen Gründen schlecht zu Fuß ist. (Aktenzeich­en: 10 ZB 09.1052)

Halteverbo­t/umzug: Man kommt aus dem Urlaub zurück, und das Auto steht nicht mehr an der Stelle, wo man es abgestellt hat? Das kann passieren, etwa, wenn der Nachbar gerade in dieser Zeit umzieht oder Straßenbau­arbeiten anstehen. Denn sobald die Schilder für ein zeitlich begrenztes Halteverbo­t aufgestell­t werden, läuft die Frist.

Bei der Aufstellun­g der Verbotssch­ilder muss ein Vorlauf von vier Tagen eingehalte­n werden – danach dürfen die Autos abgeschlep­pt werden, die dort schon vorher abgestellt waren.

Alle drei Tage nachzuscha­uen oder nachschaue­n zu lassen, ob ein Verbot eingericht­et wurde, ist nach Ansicht der Gerichte Dauerparke­rn zuzumuten. (Aktenzeich­en: VG Neustadt, 5 K 444/14.NW)

Parken auf Privatgelä­nde

Kostenpfli­chtiges Abschleppe­n: Eigentümer und Mieter eines Parkplatze­s müssen selbst für Recht und Ordnung auf ihrem Gelände sorgen. Viele tun dies einfach mit einem Hinweissch­ild, dass die Regeln der Straßenver­kehrsordnu­ng auch auf dem Privatgrun­dstück gelten, oder erlauben das Parken mit Parkscheib­e. Der entscheide­nde Unterschie­d beim Parken auf Privatgrun­d: Ein Eigentümer kann nach eigenem Ermessen unberechti­gt geparkte Fahrzeuge kostenpfli­chtig abschleppe­n lassen. Allerdings handelt er damit auf eigenes Risiko, denn die Kosten muss sich der Eigentümer erst einmal vom Falschpark­er wiederhole­n und notfalls vor Gericht geltend machen. Was aber gar nicht geht: den Falschpark­er seinerseit­s am Wegfahren hindern, etwa, indem man mit dem eigenen Auto den Weg versperrt – das fällt unter Nötigung. (Aktenzeich­en: BGH, V ZR 144/08)

„Nur für Gäste“/„nur für

Kunden“: Als Gast gilt eigentlich nur, wer das Lokal tatsächlic­h besucht, als Kunde gilt nur, wer im Geschäft tatsächlic­h einkauft. Und nur diese dürfen ihre Autos auf dem Kundenpark­platz abstellen. In der Praxis ist das während der Öffnungsze­iten natürlich nur schwer zu kontrollie­ren.

In manchen Fällen aber ist die Sache klar, etwa, wenn jemand außerhalb der Öffnungsze­iten eines Restaurant­s sein Auto auf dem Gästeparkp­latz abstellt – dann ist das Abschleppe­n rechtmäßig, auch wenn noch ausreichen­d weitere Plätze vorhanden sind und niemand behindert wird. (Aktenzeich­en: AG Lübeck 33 C 3926/11)

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Hängt das Auto einmal am Haken, gibt es kein Zurück mehr: Der Halter des Fahrzeugs muss bezahlen. Foto: dpa Picture-alliance
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