Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Erste Versuche mit der „mannlosen Produktion“
Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee voll des Lobes für Werk und Mannschaft von Deckelmaho in Seebach
SEEBACH. „Vorzeige-unternehmen“, „Vorbild-unternehmer“– Lob erhielten Hans-günter Dose und die von ihm geführte Deckel-maho Seebach Gmbh (im Verbund von DMG Mori) am Montag mal wieder jede Menge. Absender war Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD). Und er hat ja auch allen Grund für Lob. Im Seebacher Werk des weltweit agierenden Werkzeugmaschinenherstellers wird ordentlich in die Zukunft investiert (in den vergangenen zehn Jahren 60 Millionen Euro, in diesem Jahr weitere 5 Millionen in die neue Versandabteilung).
Es werden ordentliche Löhne bezahlt, hochmoderne Arbeitsplätze angeboten (über 600 am Standort Seebach). Mit 89 Auszubildenden liegt die Ausbildungsquote bei weit überdurchschnittlichen 12 bis 13 Prozent (die meisten Lehrlinge werden übernommen, so sank der Altersdurchschnitt der Belegschaft in den vergangenen vier Jahren von 46 auf 39 Jahre) und das Werk ist schon lange auf dem Weg zur Industrie 4.0.
All dies hörte nicht nur Tiefensee beim Rundgang im Seebacher Betrieb, sondern auch die Mitglieder des „Bundesforums Mittelstand Thüringen“. Dieses Forum um Matthias Anschütz hatte nämlich zu Deckel-maho zur Veranstaltung „Fachkräftsicherung für die Zukunft“geladen. Das Thema brennt den Unternehmern seit einiger Zeit auf den Nägeln, weiß Anschütz. Bis in das Jahr 2020 würden in Thüringen 60 000 Fachkräfte fehlen, „wenn wir nichts unternehmen“.
Er sieht in der Nachwuchsgewinnung für die Thüringer Unternehmen eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung, vorrangig für „alle Führungskräfte, aber auch für die Verantwortlichen in der Politik“. Die Zeiten, in denen die Firmen sich unter den Bewerbern die besten hätten aussuchen können, seien vorbei. Stattdessen suchten sich heute die guten Bewerber die Firmen aus. „Bei einer ja erfreulichen Arbeitslosenquote von nur 6,2 Prozent in Thüringen stehen die Unternehmen vor der Frage, wie gestalte ich die Arbeitsplätze so, dass ich die Arbeit mit den vorhandenen Arbeitskräften bewältigen kann. Neben der Frage, wie viele Aufträge habe ich, steht immer mehr die Frage im Vordergrund, wie arbeite ich diese Aufträge mit dem vorhandenen Personal ab“, schilderte Anschütz. Da seien natürlich die Arbeitgeber gefordert, aber auch die Politik müsse sagen, wie sie unterstützen könne, etwa im Bereich der Bildungspolitik von der Grundschule bis zur Berufsschule. Und letztlich werde man auch über den Tellerrand Deutschlands hinweg sehen und schauen, ob es nicht geeignete Bewerber für Ausbildungsplätze und Arbeitsplätze auch im europäischen Ausland und darüber hinaus gibt. Auch da, so Anschütz, sei die Unterstützung des Staates , sei es über den Freistaat oder die Agenturen für Arbeit, vonnöten.
Unterstützung sagte Minister Tiefensee zu. Thüringen stehe in Sachen Industrie derzeit sehr gut da im Vergleich zu anderen Bundesländern. „Aber uns stehen spannende Zeiten bevor. Wir werden einen Umbruch erleben, wie wir ihn in den vergangenen Jahrzehnten nicht erlebt haben. Dem müssen wir uns stellen, wollen wir uns jetzige gute Ausgangslage halten.“
Vier Stichworte spielen für Tiefensee da die entscheidende Rolle: Fachkräfte-schulung und Nachwuchsgewinnung, Innovation und Digitalisierung, Investitionen und Industrie 4.0. Dafür gelte es schon heute, den Nachwuchs zu gewinnen, mit dem dann auch über gezielte Innovation die Produktion von heute oder mehr mit weniger Fachkräften leistbar sei. Alles zusammen bedeute dies, ältere Arbeiter so zu qualifizieren, dass sie weiter mithalten können, behinderte Menschen in die Produktion zu integrieren, Langzeitarbeitslose an den Arbeitsmarkt heranzuführen und die Zahl der Schul- und Studienabbrecher deutlich zu reduzieren.
Dabei dürfe aber die Investition in Innovation, Produktion und Produkte nicht zu kurz kommen. Und eine solche Innovation konnte sich Tiefensee dann – bevor es in die Fachvorträge bei der Veranstaltung des Bundesforums ging – im Seebacher Deckel-maho-werk anschauen. Dort werden derzeit schon die ersten Versuche mit „mannloser Produktion“gemacht. Dort arbeiten nur Maschinen acht Stunden am Stück und melden sich nur, wenn es Probleme gibt. Dieses System soll nun auch an Wochenenden als Versuch eingesetzt werden. Das ist ein Schritt um dem drohenden Facharbeitermangel der Zukunft entgegenzutreten.
Im Ausland nach Lehrlingen schauen