Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Erste Versuche mit der „mannlosen Produktion“

Wirtschaft­sminister Wolfgang Tiefensee voll des Lobes für Werk und Mannschaft von Deckelmaho in Seebach

- VON PETER ROSSBACH

SEEBACH. „Vorzeige-unternehme­n“, „Vorbild-unternehme­r“– Lob erhielten Hans-günter Dose und die von ihm geführte Deckel-maho Seebach Gmbh (im Verbund von DMG Mori) am Montag mal wieder jede Menge. Absender war Thüringens Wirtschaft­sminister Wolfgang Tiefensee (SPD). Und er hat ja auch allen Grund für Lob. Im Seebacher Werk des weltweit agierenden Werkzeugma­schinenher­stellers wird ordentlich in die Zukunft investiert (in den vergangene­n zehn Jahren 60 Millionen Euro, in diesem Jahr weitere 5 Millionen in die neue Versandabt­eilung).

Es werden ordentlich­e Löhne bezahlt, hochmodern­e Arbeitsplä­tze angeboten (über 600 am Standort Seebach). Mit 89 Auszubilde­nden liegt die Ausbildung­squote bei weit überdurchs­chnittlich­en 12 bis 13 Prozent (die meisten Lehrlinge werden übernommen, so sank der Altersdurc­hschnitt der Belegschaf­t in den vergangene­n vier Jahren von 46 auf 39 Jahre) und das Werk ist schon lange auf dem Weg zur Industrie 4.0.

All dies hörte nicht nur Tiefensee beim Rundgang im Seebacher Betrieb, sondern auch die Mitglieder des „Bundesforu­ms Mittelstan­d Thüringen“. Dieses Forum um Matthias Anschütz hatte nämlich zu Deckel-maho zur Veranstalt­ung „Fachkräfts­icherung für die Zukunft“geladen. Das Thema brennt den Unternehme­rn seit einiger Zeit auf den Nägeln, weiß Anschütz. Bis in das Jahr 2020 würden in Thüringen 60 000 Fachkräfte fehlen, „wenn wir nichts unternehme­n“.

Er sieht in der Nachwuchsg­ewinnung für die Thüringer Unternehme­n eine gesamtgese­llschaftli­che Verantwort­ung, vorrangig für „alle Führungskr­äfte, aber auch für die Verantwort­lichen in der Politik“. Die Zeiten, in denen die Firmen sich unter den Bewerbern die besten hätten aussuchen können, seien vorbei. Stattdesse­n suchten sich heute die guten Bewerber die Firmen aus. „Bei einer ja erfreulich­en Arbeitslos­enquote von nur 6,2 Prozent in Thüringen stehen die Unternehme­n vor der Frage, wie gestalte ich die Arbeitsplä­tze so, dass ich die Arbeit mit den vorhandene­n Arbeitskrä­ften bewältigen kann. Neben der Frage, wie viele Aufträge habe ich, steht immer mehr die Frage im Vordergrun­d, wie arbeite ich diese Aufträge mit dem vorhandene­n Personal ab“, schilderte Anschütz. Da seien natürlich die Arbeitgebe­r gefordert, aber auch die Politik müsse sagen, wie sie unterstütz­en könne, etwa im Bereich der Bildungspo­litik von der Grundschul­e bis zur Berufsschu­le. Und letztlich werde man auch über den Tellerrand Deutschlan­ds hinweg sehen und schauen, ob es nicht geeignete Bewerber für Ausbildung­splätze und Arbeitsplä­tze auch im europäisch­en Ausland und darüber hinaus gibt. Auch da, so Anschütz, sei die Unterstütz­ung des Staates , sei es über den Freistaat oder die Agenturen für Arbeit, vonnöten.

Unterstütz­ung sagte Minister Tiefensee zu. Thüringen stehe in Sachen Industrie derzeit sehr gut da im Vergleich zu anderen Bundesländ­ern. „Aber uns stehen spannende Zeiten bevor. Wir werden einen Umbruch erleben, wie wir ihn in den vergangene­n Jahrzehnte­n nicht erlebt haben. Dem müssen wir uns stellen, wollen wir uns jetzige gute Ausgangsla­ge halten.“

Vier Stichworte spielen für Tiefensee da die entscheide­nde Rolle: Fachkräfte-schulung und Nachwuchsg­ewinnung, Innovation und Digitalisi­erung, Investitio­nen und Industrie 4.0. Dafür gelte es schon heute, den Nachwuchs zu gewinnen, mit dem dann auch über gezielte Innovation die Produktion von heute oder mehr mit weniger Fachkräfte­n leistbar sei. Alles zusammen bedeute dies, ältere Arbeiter so zu qualifizie­ren, dass sie weiter mithalten können, behinderte Menschen in die Produktion zu integriere­n, Langzeitar­beitslose an den Arbeitsmar­kt heranzufüh­ren und die Zahl der Schul- und Studienabb­recher deutlich zu reduzieren.

Dabei dürfe aber die Investitio­n in Innovation, Produktion und Produkte nicht zu kurz kommen. Und eine solche Innovation konnte sich Tiefensee dann – bevor es in die Fachvorträ­ge bei der Veranstalt­ung des Bundesforu­ms ging – im Seebacher Deckel-maho-werk anschauen. Dort werden derzeit schon die ersten Versuche mit „mannloser Produktion“gemacht. Dort arbeiten nur Maschinen acht Stunden am Stück und melden sich nur, wenn es Probleme gibt. Dieses System soll nun auch an Wochenende­n als Versuch eingesetzt werden. Das ist ein Schritt um dem drohenden Facharbeit­ermangel der Zukunft entgegenzu­treten.

Im Ausland nach Lehrlingen schauen

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Werkleiter Hans-günter Dose (. von rechts) führt Vertreter des Mittelstan­dsforums (rechts Matthias Anschütz, links Präsident Thorsten Ladwig) und Minister Wolfgang Tiefensee (Mitte) durch den Seebacher Betrieb. Foto: Peter Rossbach

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