Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Der Kunstfestkurator geht – konsequent
Christian Holtzhauer hat einen neuen Job. Der Kurator des Kunstfests Weimar soll im Herbst 2018 das Mannheimer Schauspiel und die dortigen Schillertage als Chef übernehmen, beschloss gestern der Kulturausschuss in der lebens und liebenswerten Kurpfalzmetropole. Nur der Stadtrat muss in vier Wochen noch zustimmen; das gilt als Formsache.
In Weimar wird Holtzhauer am Ende seinen Fünfjahresvertrag voll erfüllt haben: Der 2. September 2018 ist sein letzter Kunstfesttag, der 1. September sein erster Arbeitstag in Mannheim. Bereits jetzt, quasi zur Halbzeit seiner KunstfestÄgide, attestieren ihm nicht nur Freunde und Fans, wie brillant er sich auf die Kunst eines Innovationsseismographen versteht; als spartenübergreifendes Festival für zeitgenössische Darstellungsformen kann sich das Kunstfest sehen und hören lassen. Das hat man sogar in der Klassikstadt gemerkt. Nur verstanden hat man immer noch nicht, wie so ein Festival funktioniert. Vor allem nicht, dass es längere Finanzierungsvorläufe – also Planungssicherheit – existenziell benötigt.
Als Holtzhauer voriges Jahr warnte, das Kunstfest stehe vorm Aus, ging es genau um solche kleinmütigen Finanzierungsscharmützel. Die Stadtoberen glaubten, sie könnten das Festival und seinen Kurator gleichsam in Geiselhaft nehmen, um politisch gegen die Gebietsreform vorzugehen. Der Kompromiss, zumindest fürs Bauhausjahr 2019 die Kunstfestfinanzierung zu garantieren, reichte Holtzhauer nicht aus. Wer will ihm verdenken, dass er einen Einjahresanschlussvertrag in Weimar ausschlägt. Nun setzt er Stadt und Land durch seine konsequente Entscheidung unter Druck, vor der Nachfolgersuche zuerst die langfristige Finanzierung des Festivals zu klären. Niemand, der etwas taugt, kommt bloß für ein Jahr. In Mannheim, so erzählte Holtzhauer gestern am Telefon, erinnere eine Plakette am Haus an den ersten Intendanten Wolfgang von Dalberg, der mit „Wagemut und Weltoffenheit“das Theater zur Blüte geführt habe. Wagemutig und weltoffen wolle auch er, Holtzhauer, sein – und sei‘s ja hoffentlich schon in Weimar. Richtig, Dalberg verhalf damals u. a. einem jungen, feuerköpfigen und bis dato völlig unbekannten Dramatiker zu erstem Ruhm, als er dessen Drama „Die Räuber“uraufführte. Und wir erinnern uns, dass es Schillertage früher ebenso in der Klassikstadt gab – im schönen Wechsel mit Mannheim. Eine letzte Koproduktion fand 2005, im Schillerjahr, statt: Die damals völlig unbekannte freie Gruppe Riminiprotokoll setzte mit Laiendarstellern aus beiden Städten Schillers „Wallenstein“um – und wurde prompt zum Theatertreffen nach Berlin eingeladen ...
Wagemutig und weltoffen – heute wie zu Schillers Zeiten