Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Beate Zschäpe droht lebenslang­e Haft

Plädoyers im Nsuprozess haben begonnen – „Die heftigsten und infamsten Terroransc­hläge seit der RAF“

- VON CHRISTOPH TROST UND CHRISTOPH LEMMER

MÜNCHEN/JENA. Nach mehr als vier Jahren Nsu-prozess fordert die Anklage eine Verurteilu­ng von Beate Zschäpe als Mittäterin an allen Morden und Anschlägen des „Nationalso­zialistisc­hen Untergrund­s“. Die Bundesanwa­ltschaft sieht die Vorwürfe gegen sie und die vier Mitangekla­gten bestätigt. Die Verbrechen des NSU seien die „heftigsten und infamsten“Terroransc­hläge seit denen der linksextre­men Rote Armee Fraktion (RAF), sagte Bundesanwa­lt Herbert Diemer zum Beginn der Plädoyers.

Das Strafmaß will Diemer erst am Ende des Plädoyers fordern, das 22 Stunden dauern soll, verteilt auf mehrere Tage. Zschäpe droht lebenslang­e Haft. Mit einem Urteil des Oberlandes­gerichts München wird in einigen Monaten gerechnet.

Diemer bezeichnet­e Zschäpe als Mitgründer­in und Mitglied einer terroristi­schen Vereinigun­g. Sie habe mit ihren Freunden Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt neun Menschen türkischer oder griechisch­er Herkunft ermordet, eine Polizistin getötet, einen Bombenansc­hlag auf das Geschäft einer iranischen Familie in Köln verübt und ebenfalls in Köln eine Nagelbombe mit großer Sprengkraf­t zur Explosion gebracht. Darüber hinaus hätten die Drei schwere Raubüberfä­lle begangen und nach dem Tod der beiden Freunde habe Zschäpe die letzte gemeinsame Wohnung des NSU in Brand gesteckt. Böhnhardt und Mundlos hatten sich umgebracht, um einer Festnahme zu entgehen.

Die Anklage argumentie­rt, Zschäpe sei entgegen ihrer eigenen Aussage gleichbere­chtigtes Mitglied des NSU gewesen. „Motiv war rechtsextr­emistische Ideologie“, sagte Diemer. Die Bundesrepu­blik habe in ihren Grundfeste­n erschütter­t werden sollen. Der NSU habe versucht, einem „widerwärti­gen Naziregime den Boden zu bereiten“. Sämtliche Opfer seien „willkürlic­h herausgegr­iffen“worden.

Oberstaats­anwältin Anette Greger ergänzte, Mundlos und Böhnhardt hätten die Ziele ausgekunds­chaftet und die Anschläge ausgeführt. Zschäpes Aufgabe sei es gewesen, sich gegenüber den Nachbarn Alibis auszudenke­n, das Geld zu verwalten, für Telefon-sim-karten, Papiere und Waffen zu sorgen. Außerdem habe Zschäpe die Taten dokumentie­rt.

Nach dem Willen des Gerichts hätten die Plädoyers schon am vergangene­n Mittwoch beginnen sollen. Juristisch­es Hickhack über eine Tonbandauf­nahme der Schlussvor­träge verhindert­e dies. Letztlich verzichtet­en die Verteidige­r am Dienstag auf neue Befangenhe­itsanträge, so dass die Plädoyers beginnen konnten.

Vor der Sommerpaus­e gibt es noch vier Verhandlun­gstage, einen davon heute, Fortsetzun­g ist dann Ende August.

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Vor Beginn des . Prozesstag­es: Beate Zschäpe und ihre Anwälte im Oberlandes­gericht München. Foto: Sascha Fromm

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