Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Rekordregen in Artern, Sonnenschein in Schleiz
Deutscher Wetterdienst gibt höchste Unwetterwarnstufe für Teile Thüringens aus – bis zu 100 Liter je Quadratmeter
WEIMAR/LEIPZIG. Artern traf es bisher am ärgsten: Allein zwischen Montag, 10 Uhr, und Dienstag, 10 Uhr, regnete es in der Stadt im Kyffhäuserkreis 109 Liter pro Quadratmeter. Das ist nicht nur das Zweifache der durchschnittlichen Monatsmenge im Juli an dieser Messstelle des Deutschen Wetterdienstes (DWD). In Artern fielen auch schon in den ersten drei Juli-wochen weit mehr als die 54,4 Liter pro Quadratmeter, die dort als 30-jähriges Monatsmittel zu Buche stehen. Und nach dem neuen 24-Stunden-rekord – denn so viel hat es dem DWD zufolge binnen eines Tages in Artern noch nie geregnet – goss es ebenfalls weiter wie aus Kannen...
Im ostthüringischen Schleiz hingegen konnte man sich am Dienstag zeitweise noch sonnen. Erst in der Nacht zum Mittwoch sollte sich das breite Niederschlagsband auch in diese Region verlagern, nachdem Thüringen am Dienstag quasi zweigeteilt war: In Nord- und Westthüringen, ab dem Vormittag aber auch im Raum Erfurt und Weimar, schüttete es bis Mittag ohne Unterlass – östlich der Saale gab es hingegen nur einige Schauer. Doch spätestens am heutigen Mittwoch könnte es in fast ganz Thüringen ergiebigen Dauerregen geben, prognostiziert Florian Engelmann vom DWD in Leipzig-holzhausen.
Auch Leinefelde-worbis gehörte bereits am Dienstagvormittag zu den Spitzenreitern hinsichtlich der Regenmengen: Dort fielen innerhalb von 24 Stunden fast 80 Liter pro Quadratmeter, nachdem die Stadt im Eichsfeld schon in den ersten dreieinhalb Juli-wochen mehr als das Doppelte des Monatsmittels abbekommen hatte. Im Eichsfeld liefen dadurch mehrere Keller voll.
„Das ist wirklich ein außergewöhnliches Ereignis“, konstatiert Engelmann mit Blick auf derart anhaltenden Niederschlag mitten im Juli. In den vergangenen Jahren sei Dauerregen im Sommer mehr und mehr durch sogenannte konvektive Ereignisse ersetzt worden, also durch Gewitter und Starkregen. Der Sommer 2017 zeichne sich hingegen durch „wiederholte Regenlagen“aus. Die Situation ist sogar so ungewöhnlich, dass der DWD am Dienstag für weitere Teile Thüringens die höchste Unwetterwarnung (Stufe 4) ausgegeben hat: Bis zum Mittwochabend könne es verbreitet um die 100 Liter pro Quadratmeter regnen, teilweise 10 bis 20 Liter in einer Stunde. In Artern waren am Dienstagmorgen sogar 63 Liter binnen zwei Stunden gemessen worden.
Für den Meteorologen ist eine solche „Wetterlage“eine ungemein „interessante Geschichte, wobei wir natürlich niemandem wünschen, dass er zum Beispiel durch Hochwasser Schaden erleidet“, betont Engelmann. Aber es sei schon eine „sehr besondere Wetterlage“.
Erst am Donnerstag wird sich das Niederschlagsgebiet verdünnisieren, so dass die Sonne wieder eine Chance hat und die Temperaturen am Wochenende von derzeit 13 bis 16 Grad Celsius wieder Werte bis 25 Grad erreichen. „Aber es bleibt unbeständig“, betont der Meteorologe. Für nächste Woche kündigt er dann allerdings einen „Warmluftvorstoß“an: Pünktlich zu den Hundstagen könnten wieder Spitzenwerte von 35 Grad und darüber erreicht werden. „Aber wenn es so kommt, dann ist es trotzdem nicht von langer Dauer.“Eine stabile hochsommerliche Phase sei nicht in Sicht.
Die Pegel der Thüringer Flüsse sind derweil noch nicht dramatisch gestiegen, die ersten Gewässer haben aber bereits den Richtwasserstand für die Alarmstufe I erreicht. Das Rückhaltevermögen sei weitgehend aufgebraucht. Auf etlichen Straßen in Nord- und Mittelthüringen kam es schon am Dienstag zu Überflutungen, Feuerwehren und Polizei waren im Dauereinsatz. Die Einsatzkräfte rechneten zudem mit einer unruhigen Nacht.