Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Die Hoffnung, Aids zu besiegen

In Südafrika gilt nach Hivinfekti­on als geheilt. Es wurde nur kurz mit Medikament­en behandelt

- VON JOHANNES DIETERICH UND LAURA RÉTHY

PARIS. Gute Nachricht vom Kap der Guten Hoffnung: Erstmals scheint ein südafrikan­isches Kind, das durch seine Mutter mit dem Hi-virus infiziert worden war, nach einer frühen Behandlung mit sogenannte­n antiretrov­iralen Medikament­en praktisch „geheilt“. Jedenfalls sind neun Jahre nach der Behandlung des Mädchens keine lebenden Hi-viren mehr in seinem Körper festzustel­len. Der äußerst seltene Behandlung­serfolg wurde auf der am heutigen Mittwoch zu Ende gehenden 9. Internatio­nalen Aidskonfer­enz in Paris bekannt gegeben: Es handele sich um einen „sehr interessan­ten Fall“, sagte Avy Violari, Kinderärzt­in an der Johannesbu­rger Witwatersr­and Universitä­t, die das Mädchen betreut.

Das nicht namentlich genannte Kind war bereits bei oder kurz nach der Geburt im Jahr 2007 durch seine Mutter mit dem Virus infiziert und in eine medizinisc­he Testreihe aufgenomme­n worden. Dabei erhielten mehrere Hundert infizierte Babys bereits wenige Wochen nach ihrer Geburt sogenannte antiretrov­irale Medikament­e. Diese sind heute die Standardth­erapie, damals war das noch unüblich.

Eine Gruppe Kinder – zu der auch das Mädchen gehörte – wurde 40 Wochen lang mit den Medikament­en behandelt, eine andere Gruppe 96 Wochen, eine dritte Kontrollgr­uppe erhielt keine Medikament­e. Während alle medikament­ös behandelte­n Kinder anschließe­nd eine um 75 Prozent reduzierte Sterberate

und eine stark reduzierte Virenzahl vorwiesen, waren bei dem Mädchen bald gar keine Hi-erreger mehr festzustel­len. Und nun, neun Jahre später, ist die junge Südafrikan­erin noch immer virenfrei.

Hi-viren vermehren sich mittels sogenannte­r Wirtszelle­n. Die Erreger docken an ihnen an, dringen in die Zelle ein und schleusen ihre Erbinforma­tionen ein. Die Wirtszelle produziert neue Viren. Die antiretrov­irale Therapie setzt an unterschie­dlichen Punkten dieses Vermehrung­sprozesses an und hält die Viren und so den Ausbruch der Krankheit in Schach.

Um der Bildung sogenannte­r Resistenze­n vorzubeuge­n, werden mehrere Medikament­e miteinande­r kombiniert, in der Regel mindestens drei. So werden unterschie­dliche Varianten des Virus an der Vermehrung gehindert. Voraussetz­ung ist jedoch, dass die Medikament­e ein Leben lang täglich eingenomme­n werden. Inzwischen werden mehr als die Hälfte der weltweit annähernd 37 Millionen Hivinfizie­rten mit antiretrov­iralen Medikament­en behandelt.

Ein Erfolg wie bei dem Mädchen aus Südafrika wurde weltweit bislang nur bei zwei weiteren Kindern und drei Erwachsene­n festgestel­lt. Wissenscha­ftler sind überzeugt, dass seine „Heilung“nicht allein den Medikament­en zuzuschrei­ben ist. Vermutlich verfüge ihre Patientin über physiologi­sche Eigenschaf­ten, die ihren Kampf gegen die Erreger begünstigt­en, sagte Kinderärzt­in Violari. Welche das sind, ist unbekannt.

Der Kampf gegen Aids schreitet voran. Die Teilnehmer der Pariser Konferenz lobten die Erfolge, die in jüngster Zeit vor allem in Afrika erzielt worden seien. In manchen der Staaten hat sich die Zahl der Neuinfekti­onen halbiert. Die Organisati­on Ärzte ohne Grenzen kritisiert­e jedoch, dass eine Hiv-infektion in mehreren afrikanisc­hen Ländern noch zu häufig tödlich verlaufe.

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Hi-viren können in Schach gehalten werden. Foto: istock

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