Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Der Frühling hat einen mehrfachen Fehlstart hingelegt
Wetterfrosch Eberhard Dachsel sagt sogar weiße Ostern voraus, gestützt auf 50 Jahre Wetterbeobachtung in Eisenach
EISENACH. „Was hast du für Wetter gemacht?“. Die scherzhaft vorwurfsvoll formulierte Frage muss sich der Wetterfrosch unserer Zeitung, Eberhard Dachsel, in diesen Tagen häufig gefallen lassen, wenn er durch die Stadt geht. Heute ist zwar kalendarischer Frühlingsanfang, aber die Minusgrade bedeuten wieder einen Eistag.
Eigentlich, so Eberhard Dachsel, hat der Frühling mehrmals begonnen. Im warmen Januar zeigten Schneeglöckchen und Winterlinge bereits einen sehr zeitigen Vorfrühling an. Am 1. März, dem meteorologischen Frühlingbeginn, herrschten aber nachts minus zwölf und tagsüber minus drei Grad, die aufgrund des Ostwinds als noch viel kälter empfunden worden sind.
Für die Eisenacher fängt der Frühling außerdem am Tag des Festzugs zum Sommergewinn an. Am 10. März hatte Frau Sunna bei 15 Grad Wärme den Sieg über den Winter errungen.
Heute allerdings wird der Frühling wieder seine kalte Schulter zeigen. „Es wird nur ein Eistag“, so Eberhard Dachsel, der jeden Morgen 7 Uhr und nach der Zeitumstellung 8 Uhr die Temperaturen an der Wetterstation am Eisenacher Ramsberg misst. Außerdem notiert er Niederschläge, Bewölkung, Windrichtung und Windstärke sowie Luftdruck. Im Winter kommt die Schneehöhe dazu.
Seit 50 Jahren werden für Eisenach diese Daten erfasst. Gegründet wurde die Wetterstation als Schulwetterstation von Dr. Ludwig Schadeberg. Nach acht Jahren übernahm Eberhard Dachsel, damals Lehrer für Erdkunde
später Geografie, die Aufgabe. Die Wetterbeobachtung erfolgte in der Station junger Naturforscher und Techniker. „Ziel war, Schülern beizubringen, dass wissenschaftliches Arbeiten Ausdauer erfordert“, so Dachsel. Jeden Tag, auch in den Ferien und am Wochenende, wurden die Daten erfasst.
Nach der politischen Wende sollte die Naturforscher-station als Bestandteil außerschulischer Arbeit an der Jakobschule etabliert werden. Aber es blieb beim Versuch. Vorsichtshalber hatte Eberhard Dachsel bereits eine Wetterstation im Garten seines Hauses eingerichtet. So kann heute aus einem enormen Datenschatz geschöpft werden.
Über die Jahrzehnte ist ein Temperaturanstieg ebenso zu verzeichnen, wie die Tatsache, dass sich die Zahl der Hitzetage verdoppelt hat, während die Tage,
an denen eine geschlossene Schneedecke liegt, weniger geworden sind. Natürlich gibt es Überraschungen, so wie jetzt.
Aber das macht die Wetterbeobachtung für den 78-Jährigen auch so spannend. Für ihn ist es „eine Art Sammlerleidenschaft“. Die einen sammeln Briefmarken, er sammelt Daten, die vollständig sein sollen, wie eben ein Satz Briefmarken.
Als besonders schönes Erlebnis ist ihm in Erinnerung geblieben, dass er Kindern zur Kinderkulturnacht Urkunden ausstellen
konnte mit dem Wetter, das an ihren Geburtstagen in Eisenach geherrscht hat.
Eberhard Dachsel liebt die Natur, geht gern wandern – auch das hat mit Wetter zu tun. Außerdem freut er sich über die Resonanz, die seine Kolumne „Wetterfrosch“immer samstags und der tägliche Wetterkalender in unserer Zeitung hervorrufen.
Für Ostern allerdings sind die Vorhersagen des Wetterfrosches nicht so erfreulich: „Es wird Schnee geben, Schneeregen, aber auch Sonne.“
Wetterbeobachtung erfordert Ausdauer