Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Gefahr für die Brunnenkresse
Die einzige noch Betrieben Klinge in Hochheim leinet unter schlechter Wasserqualität – Ursache soll eine Mauer sein
Er hat sie damals einfach mitgenommen, die beiden Gärtner. Kaiser Napoleon, 1808 zu Gast in Erfurt, hatte bei seinem Aufenthalt diniert. Und war in den Genuss der Erfurter Brunnenkresse gekommen. Er soll sofort Feuer und Flamme gewesen sein. Deswegen hat er die beiden Kressegärtner kurzentschlossen einfach mitgenommen. Sie sollten ihm das schmackhafte Wasserkraut in Frankreich anbauen. Es hat geklappt. Bei Versailles.
1630, so ist es überliefert, wird in Erfurt mit der ersten wildwachsenden Brunnenkresse gehandelt. Auch heute, 288 Jahre später, ist das vitaminreiche, würzige Kraut noch immer sehr beliebt. Und es gilt als ein Alleinstellungsmerkmal für Erfurt. Weshalb die Klingen von Ralf Fischer, Erfurts Experten Nr. 1 in Sachen Brunnenkresse, in Hochheim unter Denkmalschutz gestellt wurden.
Wer aber dieser Tage an Fischers Tür in der Hochheimer Straße klingelt, um etwas von dem exklusiven Gemüse zu erwerben, wird unverrichteter Dinge wieder von dannen ziehen. Der 65-Jährige hat nichts, was er verkaufen könnte. Dafür jede Menge Probleme mit seiner Brunnenkresseklinge. „Normalerweise habe ich einen Ertrag pro Quadratmeter von 2,5 bis vier Kilo pro Jahr. Momentan ist er bei null“, sagt Fischer.
Der Denkmalschmtz wirv ein*eschaltet
Die Ursache liegt in der sich verschlechternden Wasserqualität, hat er festgestellt. Das Wasser veralgt. Es komme bisweilen regelrecht stinkend bei ihm an. Die Ursache? Fischer sieht sie in einer Mauer, die die Leute vom Kressepark vor Jahren im Wasser errichtet hätten. Der Durchlass ist zu gering bemessen, so dass sich das Wasser auf dem hinter der Mauer liegenden Gefälle staut und umkippt. Also schlecht wird. Was die Kresse übel nimmt, Die Wurzeln gehen kaputt. Die Kresse will für ihr Wachstum frisches, sauberes Wasser. In dem Fall das aus der Silberhüttenquelle im Steiger.
Seit 2010 hätten sich die Probleme gehäuft. „Es sieht nach einer miesen Ernte dieses Jahr aus“, sagt Fischer. „Zehn Kilo für die gesamte Fläche. Mehr wird‘s wohl nicht, schätzt er, während er seit Wochen immer wieder am Telefon die selbe Auskunft geben muss: Derzeit keine Brunnenkresse.
Vor vier Wochen hat Ralf Fischer sein Problem im Landesverband Gartenbau angesprochen. Der Vorsitzende Joachim Lissner wiederum hat sofort bei Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein Alarm geschlagen. Denn die Brunnenkresse und die Brunnenkresseklingen ist etwas, worauf man in Erfurt besonders stolz ist.
Am 1.März war Bausewein mit Vertretern verschiedener Ämter in Hochheim, um sich Fischers Sorgen anzuhören und anzusehen. Und er hat gesehen, wo der Kern des Übels – die Mauer – liegt. Zwischen Fischers intakter Klinge und der total verwilderten des Kresseparks. Der baut dort aber nichts an, auch wenn man auf der Internetseite mit dem Verkauf von Erfurter Brunnenkresse wirbt. Immer noch, obwohl die Thüringer Allgemeine schon vor zehn Jahren aufdeckte, dass die Kresse, die dort im Hofladen verkauft wurde, im Bäckerauto aus Belgien angeliefert wurde.
OB Bausewein hat sich vom Fachmann Fischer erklären lassen, dass die Mauer das Gleichgewicht zwischen den beiden Klingen zu seinen Ungunsten verändert. Auch ein Abfluss, der verrohrt ist, trägt seinen Teil bei. Den wird die Stadt reinigen lassen.
Im Falle der Mauer zwischen den Klingen muss nun geprüft werden, ob sie rechtmäßig dort steht und genehmigt wurde. Und wenn ja, ob sie dennoch der Fischer-klinge, die insgesamt 2000 Quadratmeter umfasst, von der aber nur 500 bewirtschaftet werden können, Schaden zufügt. „Wir versuchen zu vermitteln“, so der OB.
Sollte sich der Kressepark aber nicht kooperativ zeigen, gibt es noch andere Möglichkeiten. Hilfreich könnte in dem Falle sein, dass die Klinge von Ralf Fischer seit Jahren unter Denkmalschutz steht. Dem muss sich letztlich alles unterordnen. Die Prüfer werden sich das zeitnah anschauen, versichert das Stadtoberhaupt.
Oberstes Ziel sei es, zu gewährleisten, dass das Brunnenkressebecken weiter funktioniert. Bausewein geht sogar ein Stück weiter. Die Brunnenkresse als Bestandteil der Bundesgartenschau 2021. Mit Führungen, Vorträgen, Verkostungen. Die Buga-verantwortliche habe sich beim Vororttermin von der Idee sehr angetan gezeigt. „Die Brunnenkresse ist ein Erfurter Alleinstellungsmerkmal und das soll auch so bleiben“, macht der OB Hoffnung.
Der Versuch, telefonisch mit dem Kressepark in Verbindung zu treten, scheitert. Per Mail teilt Geschäftsführer Lutz Liedtke lediglich mit „Wir werden uns mit Herrn Fischer in Verbindung setzen um zu prüfen, ob wir zu einer Lösung des erwähnten Problems beitragen können“.
Es müsste nur bald sein. Brunnenkresse wächst zwar das ganze Jahr über. „Aber nur in den Monaten mit einem R im Namen schmeckt sie auch“, sagt Ralf Fischer und zupft lächelnd ein paar Kresseblättchen ab.
Von einer Pflanze, die in einer gläsernen Vase in seinem Büro auf dem Fensterbrett gedeiht.