Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Gefahr für die Brunnenkre­sse

Die einzige noch Betrieben Klinge in Hochheim leinet unter schlechter Wasserqual­ität – Ursache soll eine Mauer sein

- VON MICHAEL KELLER

Er hat sie damals einfach mitgenomme­n, die beiden Gärtner. Kaiser Napoleon, 1808 zu Gast in Erfurt, hatte bei seinem Aufenthalt diniert. Und war in den Genuss der Erfurter Brunnenkre­sse gekommen. Er soll sofort Feuer und Flamme gewesen sein. Deswegen hat er die beiden Kressegärt­ner kurzentsch­lossen einfach mitgenomme­n. Sie sollten ihm das schmackhaf­te Wasserkrau­t in Frankreich anbauen. Es hat geklappt. Bei Versailles.

1630, so ist es überliefer­t, wird in Erfurt mit der ersten wildwachse­nden Brunnenkre­sse gehandelt. Auch heute, 288 Jahre später, ist das vitaminrei­che, würzige Kraut noch immer sehr beliebt. Und es gilt als ein Alleinstel­lungsmerkm­al für Erfurt. Weshalb die Klingen von Ralf Fischer, Erfurts Experten Nr. 1 in Sachen Brunnenkre­sse, in Hochheim unter Denkmalsch­utz gestellt wurden.

Wer aber dieser Tage an Fischers Tür in der Hochheimer Straße klingelt, um etwas von dem exklusiven Gemüse zu erwerben, wird unverricht­eter Dinge wieder von dannen ziehen. Der 65-Jährige hat nichts, was er verkaufen könnte. Dafür jede Menge Probleme mit seiner Brunnenkre­sseklinge. „Normalerwe­ise habe ich einen Ertrag pro Quadratmet­er von 2,5 bis vier Kilo pro Jahr. Momentan ist er bei null“, sagt Fischer.

Der Denkmalsch­mtz wirv ein*eschaltet

Die Ursache liegt in der sich verschlech­ternden Wasserqual­ität, hat er festgestel­lt. Das Wasser veralgt. Es komme bisweilen regelrecht stinkend bei ihm an. Die Ursache? Fischer sieht sie in einer Mauer, die die Leute vom Kressepark vor Jahren im Wasser errichtet hätten. Der Durchlass ist zu gering bemessen, so dass sich das Wasser auf dem hinter der Mauer liegenden Gefälle staut und umkippt. Also schlecht wird. Was die Kresse übel nimmt, Die Wurzeln gehen kaputt. Die Kresse will für ihr Wachstum frisches, sauberes Wasser. In dem Fall das aus der Silberhütt­enquelle im Steiger.

Seit 2010 hätten sich die Probleme gehäuft. „Es sieht nach einer miesen Ernte dieses Jahr aus“, sagt Fischer. „Zehn Kilo für die gesamte Fläche. Mehr wird‘s wohl nicht, schätzt er, während er seit Wochen immer wieder am Telefon die selbe Auskunft geben muss: Derzeit keine Brunnenkre­sse.

Vor vier Wochen hat Ralf Fischer sein Problem im Landesverb­and Gartenbau angesproch­en. Der Vorsitzend­e Joachim Lissner wiederum hat sofort bei Erfurts Oberbürger­meister Andreas Bausewein Alarm geschlagen. Denn die Brunnenkre­sse und die Brunnenkre­sseklingen ist etwas, worauf man in Erfurt besonders stolz ist.

Am 1.März war Bausewein mit Vertretern verschiede­ner Ämter in Hochheim, um sich Fischers Sorgen anzuhören und anzusehen. Und er hat gesehen, wo der Kern des Übels – die Mauer – liegt. Zwischen Fischers intakter Klinge und der total verwildert­en des Kressepark­s. Der baut dort aber nichts an, auch wenn man auf der Internetse­ite mit dem Verkauf von Erfurter Brunnenkre­sse wirbt. Immer noch, obwohl die Thüringer Allgemeine schon vor zehn Jahren aufdeckte, dass die Kresse, die dort im Hofladen verkauft wurde, im Bäckerauto aus Belgien angeliefer­t wurde.

OB Bausewein hat sich vom Fachmann Fischer erklären lassen, dass die Mauer das Gleichgewi­cht zwischen den beiden Klingen zu seinen Ungunsten verändert. Auch ein Abfluss, der verrohrt ist, trägt seinen Teil bei. Den wird die Stadt reinigen lassen.

Im Falle der Mauer zwischen den Klingen muss nun geprüft werden, ob sie rechtmäßig dort steht und genehmigt wurde. Und wenn ja, ob sie dennoch der Fischer-klinge, die insgesamt 2000 Quadratmet­er umfasst, von der aber nur 500 bewirtscha­ftet werden können, Schaden zufügt. „Wir versuchen zu vermitteln“, so der OB.

Sollte sich der Kressepark aber nicht kooperativ zeigen, gibt es noch andere Möglichkei­ten. Hilfreich könnte in dem Falle sein, dass die Klinge von Ralf Fischer seit Jahren unter Denkmalsch­utz steht. Dem muss sich letztlich alles unterordne­n. Die Prüfer werden sich das zeitnah anschauen, versichert das Stadtoberh­aupt.

Oberstes Ziel sei es, zu gewährleis­ten, dass das Brunnenkre­ssebecken weiter funktionie­rt. Bausewein geht sogar ein Stück weiter. Die Brunnenkre­sse als Bestandtei­l der Bundesgart­enschau 2021. Mit Führungen, Vorträgen, Verkostung­en. Die Buga-verantwort­liche habe sich beim Vorortterm­in von der Idee sehr angetan gezeigt. „Die Brunnenkre­sse ist ein Erfurter Alleinstel­lungsmerkm­al und das soll auch so bleiben“, macht der OB Hoffnung.

Der Versuch, telefonisc­h mit dem Kressepark in Verbindung zu treten, scheitert. Per Mail teilt Geschäftsf­ührer Lutz Liedtke lediglich mit „Wir werden uns mit Herrn Fischer in Verbindung setzen um zu prüfen, ob wir zu einer Lösung des erwähnten Problems beitragen können“.

Es müsste nur bald sein. Brunnenkre­sse wächst zwar das ganze Jahr über. „Aber nur in den Monaten mit einem R im Namen schmeckt sie auch“, sagt Ralf Fischer und zupft lächelnd ein paar Kresseblät­tchen ab.

Von einer Pflanze, die in einer gläsernen Vase in seinem Büro auf dem Fensterbre­tt gedeiht.

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Gerade erst als Rarität in die „Arche des guten Geschmacks“aufgenomme­n, gedeiht die Erfurter Brunnenkre­sse derzeit aber nur als Beratungsm­uster in der Vase bei Ralf Fischer. In seiner Klinge macht der Zufluss des Quellwasse­rs Probleme. Ursache soll...
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Nichts zu machen. Derzeit wird bei Ralf Fischer keine Brunnenkre­sse verkauft. Fotos: Michael Keller ()

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