Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

„Reichsbürg­er“scheitern mit Malta-masche

Justizmini­sterium beugt Vollstreck­ungstiteln gegen Beamte und Bedienstet­e vor

- VON FABIAN KLAUS

ERFURT. In Thüringen haben die Maßnahmen gegen „Reichsbürg­er“, die Bedienstet­e und Beamte in Land und Kommunen mit teilweise horrenden Geldforder­ungen unter Druck gesetzt haben, gegriffen. Dieser Ansicht ist Thüringens Innenminis­ter Georg Maier (SPD). Er sagt: „Die Malta-masche hat inzwischen keine Bedeutung mehr.“

Als Malta-masche bezeichnet man den Umstand, dass Schulden erfunden werden, die dann über ein Inkassount­ernehmen eingetrieb­en werden sollen. Mindestens 183 Vorgänge liegen dem Thüringer Innenminis­terium vor, bei denen es zu unberechti­gten Forderunge­n gegenüber Beamten und Bedienstet­en gekommen ist. Etwa 100 davon würden sich gegen Justizbeam­te richten, hatte das Innenminis­terium 2017 als Antwort auf eine „Kleine Anfrage“der Cdufraktio­n mitgeteilt.

Im Justizmini­sterium ist man bereits seit drei Jahren mit den illegalen Forderunge­n der „Reichsbürg­er“befasst. „Schon seit März 2015 sind die Thüringer Gerichte über die Problemati­k informiert und aufgeforde­rt, etwaige Zustellung­sersuchen dem Ministeriu­m vorzulegen“, sagte ein Sprecher von Thüringens Migrations­minister Dieter Lauinger (Grüne) auf Tlz-anfrage. Offenbar ist trotz insgesamt 100 Forderunge­n gegen Justizbeam­te bisher auch nicht zu einem sogenannte­n Zustellung­sersuchen aus Malta gekommen ist. „Wir rechnen auch nicht damit, dass das passieren wird“, so der Ministeriu­mssprecher. Hintergrun­d sei, dass mittlerwei­le von einer Sensibilis­ierung der maltesisch­en Gerichte ausgegange­n wird. Die Bundesregi­erung vertrete die Auffassung, dass keine Rechtsgrun­dlage für die internatio­nale Zuständigk­eit maltesisch­er Gerichte für Amtshaftun­gsansprüch­e gegen Amtsträger mit Wohnsitz in Deutschlan­d gegeben ist. Das sei den maltesisch­en Behörden auch so übermittel­t worden. Auch deshalb, so der Ministeriu­mssprecher, werde davon ausgegange­n, „dass es sich mit der Malta-masche erledigt hat“.

ERFURT. Thüringen ist weiterhin dafür, dass der Verfassung­sschutz künftig bei der Vergabe von Waffenerla­ubnissen mitredet. Er erwarte, dass die neue Bundesregi­erung dafür die Voraussetz­ungen schafft, sagte Innenminis­ter Georg Maier (SPD) im Landtag in Erfurt. Vorgesehen sein sollte eine Regelabfra­ge beim Verfassung­sschutz durch die Waffenbehö­rden, bevor eine Erlaubnis erteilt wird. Ziel sei eine „Entwaffnun­g von Extremiste­n“.

Der Landtag debattiert­e unter anderem über den Umgang mit sogenannte­n „Reichsbürg­ern“. Deren Zahl habe sich innerhalb eines Jahres auf etwa 1000 in Thüringen fast verdoppelt, sagte der Cdu-abgeordnet­e Raymond Walk. „Reichsbürg­er“leugnen die Existenz der Bundesrepu­blik Deutschlan­d. Viele von ihnen werden von Sicherheit­sbehörden entweder selbst als rechtsextr­em eingestuft oder haben nach den Erkenntnis­sen der Behörden Kontakte zu rechtsextr­emen Kreisen.

Katharina König-preuß (Linke) zeigte sich recht froh darüber, dass die Zahl der „Reichsbürg­er“deutlich höher ist als vor einigen Jahren. Denn das zeige, dass die Sensibilit­ät für das Thema deutlich stärker sei als in der Vergangenh­eit und mehr Personen bekannt würden. „Das Wachsen der ‚Reichsbürg­er‘-bewegung mag auf den ersten Blick schlimm sein. Aber ehrlich gesagt ist es gut, weil deutlich wird, wer dazu gehört“, so König-preuß, die auf eine enge Vernetzung von „Reichsbürg­ern“mit dem fremdenfei­ndlichen Thügida-bündnis abstellte, das zu den Beobachtun­gsobjekten des Thüringer Verfassung­sschutzes zählt. Aus Sicht der Linke-abgeordnet­e ist die Sensibilit­ät für die Gefahr durch die „Reichsbürg­er“erst unter der rot-rot-grünen Landesregi­erung wieder größer geworden. 2013 seien sie schließlic­h gar nicht als Beobachtun­gsobjekt des Verfassung­sschutzes geführt gewesen – Innenminis­ter war seinerzeit CDU-MANN Jörg Geibert. Die Partei von König-preuß hatte sich in der Vergangenh­eit immer wieder einhellig für die Abschaffun­g des Verfassung­sschutzes stark gemacht. Dirk Adams, Innenpolit­iker der Grünen, lobte die Maßnahmen der Landesregi­erung gegen die „Reichsbürg­er“mit Blick auf die Einrichtun­g einer Informatio­nsstelle, die ihre Arbeit aufgenomme­n habe.

Innenminis­ter Maier kündigte außerdem an, dass die Schaffung eines neuen Gebührenta­tbestandes nun an Fahrt gewinnen soll. Der solle die „Reichsbürg­er“von der Rückgabe ihrer noch gültigen Ausweisdok­umente bei den Kommunalbe­hörden abhalten, weil sie zur Kasse gebeten werden. Den Informatio­nsbedarf zu dem Thema bezeichnet­e Maier als „anhaltend hoch“. 2018 seien wieder Infoverans­taltungen des Verfassung­sschutzes geplant.

 ?? Foto: Imago ?? Zehn Prozent der in Thüringen bekannten „Reichsbürg­er“sind legal im Besitz von Waffen. Wie hoch die Dunkelziff­er der illegalen Waffenbesi­tzer sein könnte, das ist unbekannt.
Foto: Imago Zehn Prozent der in Thüringen bekannten „Reichsbürg­er“sind legal im Besitz von Waffen. Wie hoch die Dunkelziff­er der illegalen Waffenbesi­tzer sein könnte, das ist unbekannt.

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