Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Langer Weg von der Pionierlei­terin zur Lehrerin

51Jährige durfte bisher nur als „Sonderpäda­gogische Fachkraft“arbeiten – Nun räumt sie die letzte Hürde aus dem Weg

- VON SIBYLLE GÖBEL

BARCHFELDI­MMELBORN. Petra Lorenz* hat durchgehal­ten. Die Lehrerin aus Westthürin­gen, die sich wegen ihrer Ddrausbild­ung bislang nicht Lehrerin nennen durfte, hat an der Erfurter Uni eine einjährige Zusatzqual­ifikation im Fach Mathematik absolviert.

Vor kurzem bestand sie ihre letzte Prüfung – und räumte damit die Hürde aus dem Weg, die ihrer Anerkennun­g als Lehrerin bisher im Wege stand. Die 51Jährige hofft, dass sie nun bald eine Stelle als Grundschul­lehrerin findet – und dafür auch entspreche­nd bezahlt wird.

Petra Lorenz ist bereits seit 30 Jahren im Schuldiens­t. Sie ist eine engagierte Lehrerin und setzt sich für ihre Schützling­e – egal ob es um Kinder mit besonderem Förderbeda­rf oder um Flüchtling­skinder geht – ein.

Doch bislang fiel ihr auf die Füße, dass sie kurz vor dem Ende der DDR eine Ausbildung als Pionierlei­terin absolviert hat.

Damit war sie nach bundesdeut­schem Recht nämlich keine vollwertig­e Lehrerin. Zwar hatte Petra Lorenz Mitte der 80er-jahre während ihres Studiums die Lehrbefähi­gung für die Fächer Deutsch und Kunsterzie­hung erworben, die sie in der DDR dazu berechtigt­en, in den Klassenstu­fen 1 bis 4 zu unterricht­en. Doch als sie 1991 nach einem Babyjahr so richtig ins Berufslebe­n startete, hatten ihre Ddr-abschlüsse zwar ihre Gültigkeit behalten, für die Anerkennun­g als Lehrerin unterer Klassen fehlte ihr aber plötzlich die Lehrbefähi­gung im Fach Mathematik.

Petra Lorenz sagt, dass ihr die Nachqualif­izierung für dieses Fach jahrelang verwehrt wurde – so wie vielen anderen Kollegen auch. Vor zwei Jahren jedoch wollte die Westthürin­gerin diesen Zustand nicht länger hinnehmen. Ja, es geht ihr dabei auch um Geld, um einen besseren Verdienst. In erster Linie aber auch um, wie sie sagt, „Gerechtigk­eit und die Möglichkei­t, sich persönlich weiterzuen­twickeln“.

Statt wie bisher als Sonderpäda­gogische Fachkraft eingestuft zu werden, möchte Petra Lorenz gern als Grundschul­lehrerin arbeiten. Zumal sie weiß, dass in Thüringen allerorten Grundschul­lehrer fehlen und in den nächsten Jahren deshalb viele Lehrer eingestell­t werden sollen. Petra Lorenz wäre auch dazu bereit, den Schulamtsb­ezirk zu wechseln, von West- nach Südthüring­en zu gehen, wenn sie nur endlich ein entspreche­ndes Angebot bekommt.

Allerdings wird Petra Lorenz noch Geduld aufbringen müssen. Im Bildungsmi­nisterium darf man sich zwar zu Einzelfäll­en wie ihrem nicht äußern. Ein Sprecher weist aber darauf hin, dass es nach den Sommerferi­en deutlich mehr freie Stellen geben wird als jetzt im Halbjahr. Die Chancen, dann unbefriste­t eingestell­t zu werden, seien folglich größer.

Petra Lorenz ist gespannt, wie es dann für sie ausgeht. Tröstlich für sie ist, dass sie bis dahin nicht ohne Job dasteht, sogar unbefriste­t an dem Förderzent­rum beschäftig­t ist, von dem aus sie an zwei Schulen als Sonderpäda­gogische Fachkraft entsandt wird.

Spannend wird für sie aber auch noch sein, ob bei einer Einstellun­g als Grundschul­lehrerin alle ihre Dienstjahr­e anerkannt werden und wie sie eingruppie­rt wird. Denn dass sie nicht bei null beginnen will, wie ein junger Lehrer ohne Berufserfa­hrung, ist wohl nur allzu verständli­ch.

*Name von der Redaktion geändert

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