Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Eisern geblieben
Über die Erfolgsgeschichte von Union Berlin
Der Tabellenstand hat etwas Unwirkliches. Weder die hoch gehandelten Absteiger aus Stuttgart oder Hannover, noch die ambitionierten Braunschweiger oder Dresdner führen das FußballUnterhaus an. Sondern: Union Berlin.
Jener Club aus dem Osten, der ähnlichen Kultstatus besitzt wie der FC St. Pauli im Westen. Unangepasst, nicht selten unbequem, sympathisch anders – und ausgestattet mit nahezu grenzenloser Fanliebe.
Union ist der Verein, der vor Weihnachten 30 000 Menschen zum gemeinsamen Singen ins Stadion lockt; für dessen Lizenz seine Anhänger literweise Blut spendeten und bei der Modernisierung der Spielstätte Zehntausende Arbeitsstunden leisteten.
Köpenick ist die Heimat der Malocher; dort pflegt man gern das Image des Außenseiters. Zu DDRZeiten war der Verein das Feindbild der Oberen, der Anti pode zum Stasigelenkten BFC Dynamo. Regelmäßig mussten die Eisernen, wie auch RotWeiß Erfurt, seine besten Spieler abgeben. Der ständige Überlebenskampf schweißte zusammen – über die Wende hinaus.
Union gelingt es bis heute, sich dem FußballKommerz ein Stück weit zu entziehen – und ist trotzdem erfolgreicher denn je. Zum sechsten Mal in seinen elf ZweitligaSerien übernahm der Verein am Montagabend die Tabellenführung; zum ersten Mal allerdings zu einem derart fortgeschrittenen Zeitpunkt der Saison. 50 Punkte nach den bisherigen 25 Partien, dazu die aktuelle Serie von sechs Siegen in Folge: der erste Platz lässt kein Understatement mehr zu.
Zweifellos fällt es nicht leicht, sich den bodenständigen MalocherVerein in der Glitzerwelt der FußballMillionäre vorzustellen. Aber vielleicht ist auch genau das der Grund, warum Union Berlin der Bundesliga verdammt gut tun würde.