Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Aufbruchst­immung erfasst Kati nach kommunaler Wahl

Erfurts Partnerstä­dte 2017: Zentrale Mülldeponi­e soll entstehen und Frauenzent­rum kann seine Pforten öffnen

- VON JOSHUA BEER

KATI. Es ist nicht immer leicht, mit der Dynamik der Stadt im Süden Malis Schritt zu halten. Mit Kati unterhält Erfurt offiziell seit 2011 die jüngste Städtefreu­ndschaft, die zugleich eine der lebendigst­en ist.

Das liegt auch an dem multiethni­schen Mali selbst, das als afrikanisc­hes Binnenland einer der ärmsten Staaten der Welt ist und gleichzeit­ig einer der jüngsten: Fast die Hälfte der Bevölkerun­g zählt noch keine 15 Jahre. „Die Straßen in Kati sind voller neugierige­r Kinder, die mich stets aufs Neue begeistern“, erzählt Georg Ohlmann von der Erfurter Stadtverwa­ltung. Mit einer Delegation besuchte er jüngst im Februar für zwei Wochen die Partnersta­dt. „Die Reisen sind noch immer mit einem Restrisiko behaftet, das von den politische­n Unruhen herrührt“, sagt Ohlmann.

Neuer Stadtrat will ein sauberes Kati

Vor Ort herrsche zurzeit eine aufgeregte Stimmung, denn Kati hat letzten November gewählt, nachdem die kommunalen Wahlen aus politische­n Gründen immer wieder verschoben wurden. „In dieser Zeit standen leider auch teilweise unsere gemeinsame­n Projekte mit Kati still“, sagt Ohlmann. Die Erwartunge­n an den frischen Stadtrat sind nun hoch.

„Der neue Bürgermeis­ter Yoro Ouologuem hat sich ein sauberes Kati auf die Fahnen geschriebe­n und damit die Wahl gewonnen“, sagt Senior-Experte Wolfgang Reisen. Als ehemaliger Chef der Stadtwirts­chaft brachte er das nötige KnowHow für die Abfallents­orgung nach Kati. Seit 2011 läuft die „Aktion Sauberes Kati“, ein vom Bundesmini­sterium für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g finanziert­es Gemeinscha­ftsprojekt. „Kati bat zu Beginn der Partnersch­aft die Erfurter um Hilfe, weil die Stadt im Müll versank“, erinnert sich Reisen. Als sehr naturverbu­ndenes Volk sind es die Malier laut Ohlmann gewohnt, ihren Unrat einfach fallen zu lassen. Doch seit die Plastikrev­olution auch Westafrika erreichte, verrottet der Müll teilweise nicht mehr. Das ist zudem pikant, weil die Stadtbevöl­kerung rasant wächst. Die Schätzunge­n der unüberblic­kbaren Einwohnerz­ahl belaufen sich zwischen 115 000 und 200 000 Menschen.

Dennoch können sich die Fortschrit­te in Kati sehen lassen. Erfurt lieferte Abfallcont­ainer zum Sammeln des Mülls und mittlerwei­le stellt ein Schlosserm­eister aus Kati die Behältniss­e selbst her, so dass nun 18 von ihnen in der Stadt verteilt sind. Aber wohin nun mit dem Abfall? „Kati hat jetzt grünes Licht für eine zentrale Mülldeponi­e erhalten“, sagt Reisen. „Die Zufahrtsst­raße ist bereits gelegt und das Depot könnte noch in der ersten Jahreshälf­te stehen.“

Eine andere Baustelle hat nun ihr Ende gefunden: Am 6. Februar nahmen die Bauingenie­ure Rolf Mempel aus Erfurt und Souleymane Samaké aus Kati das Frauenzent­rum ab, das seit drei Jahren mit Unterbrech­ungen gebaut wurde. Mempel ist mit dem Ergebnis zufrieden: „Für malische Verhältnis­se ist das klasse Arbeit.“Im Herbst dieses Jahres soll Oberbürger­meister Andreas Bausewein den Bau feierlich an die Bürger Katis übergeben. „Wie das Frauenzent­rum dann im Detail genutzt wird, liegt in den Händen der Stadt“, sagt Mempel. „Es gibt schon ein paar Bewerbunge­n von ansässigen Vereinen.“

Das letzte große Ereignis war die Afrika-Konferenz im Oktober 2016 in Erfurt. Kurz zuvor ist Fatoumata Siré Diakite verstorben, die als malische Botschafte­rin die Städtefreu­ndschaft angestoßen hatte. „Mali hat eine hohe Sterblichk­eit, doch die Menschen dort haben ein anderes, vielleicht natürliche­res Verhältnis zum Tod“, erzählt Ohlmann.

Förderlich für die ungewöhnli­che Städtepart­nerschaft ist, dass die Malier sehr deutschfre­undlich sind: Die DDR erkannte Mali als eines der ersten Länder nach der Unabhängig­keit von 1960 an.

 ??  ?? Vor dem vollendete­n Frauenzent­rum: Georg Ohlmann von der Stadtverwa­ltung Erfurt (rechts), Senior-Experte Rolf Mempel, Bauingenie­ur Souleymane Samaké (Mitte, in rot) samt einer Entourage aus Kati. Fotos: Stadtverwa­ltung Erfurt
Vor dem vollendete­n Frauenzent­rum: Georg Ohlmann von der Stadtverwa­ltung Erfurt (rechts), Senior-Experte Rolf Mempel, Bauingenie­ur Souleymane Samaké (Mitte, in rot) samt einer Entourage aus Kati. Fotos: Stadtverwa­ltung Erfurt

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