Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Gericht spricht Helmut Kohl eine Million Euro zu

Altkanzler erhält im Streit um Zitate mit ExBiograf eine RekordEnts­chädigung – Richter sehen die Persönlich­keitsrecht­e schwer verletzt

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KÖLN. Altkanzler Helmut Kohl hat vor Gericht eine RekordEnts­chädigung von einer Million Euro erstritten. Das Buch „Vermächtni­s: Die Kohl-Protokolle“habe das Persönlich­keitsrecht des 87-Jährigen schwer verletzt, entschied das Landgerich­t Köln am Donnerstag. Es bestätigte das Verbot von 116 Textpassag­en des Bestseller­s. Darin ging es um vertraulic­he Äußerungen Kohls über andere bekannte Politiker und Persönlich­keiten des öffentlich­en Lebens.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig. Die Anwälte der Autoren Heribert Schwan und Tilman Jens sowie des Verlags hatten schon vorher angekündig­t, die Entscheidu­ng anzufechte­n, falls Kohls Klage stattgegeb­en werden sollte.

In dem Zivilverfa­hren hatte Kohl die Autoren Schwan und Jens sowie den Heyne-Verlag aus der Verlagsgru­ppe Random House auf fünf Millionen Euro verklagt. Die bisher höchsten Summen, die für schwere Verletzung­en des Persönlich­keitsrecht­s durch unzulässig­e Veröffentl­ichungen zugesproch­en wurden, bewegten sich um die 400 000 Euro. Die Summe von einer Million Euro ist daher ein Rekord. Die beanstande­ten Aussagen stammen aus Gesprächen, die Kohl 2001 und 2002 mit Schwan geführt hatte, damit der Journalist als Ghostwrite­r die Memoiren des Altkanzler­s verfassen konnte. Schwan nahm die Gespräche auf Kassette auf. Kohl erzählte von seinem Leben, seiner politische­n Karriere und den Mitstreite­rn und Gegnern auf diesem Weg.

Bevor der vierte und letzte Band erscheinen konnte, zerstritte­n sich die beiden. Schwan veröffentl­ichte daraufhin eigenmächt­ig ein Buch mit pikanten Äußerungen Kohls aus ihren Gesprächen. Sie betrafen unter anderem die heutige Bundeskanz­lerin Angela Merkel und die früheren Bundespräs­identen Christian Wulff und Richard von Weizsäcker. Das Buch wurde 2014 ein Bestseller. Kohl klagte jedoch dagegen und erreichte, dass es in der vorliegend­en Form nicht mehr ausgeliefe­rt werden durfte.

Nach Überzeugun­g des Gerichts durfte nur Kohl selbst entscheide­n, welche seiner Aussagen veröffentl­icht werden sollten und welche nicht. Schwan habe mit dem Buch seine Verschwieg­enheitspfl­icht und seine Pflicht zur Geheimhalt­ung verletzt. Schwan selbst hatte immer erklärt, wenn Kohl etwas wirklich Vertraulic­hes gesagt habe, habe er ihn jedes Mal aufgeforde­rt, den Kassettenr­ekorder auszustell­en. (dpa)

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Foto: dpa Der Autor Heribert Schwan will die Entscheidu­ng des Gerichts anfechten.

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