Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
So manche Schätze landen im Feuer
Wenn die Erfurter Sperrmüllmänner losziehen, gibt es viel Ärger mit Autofahrern und reichlich kuriose Geschichten
ERFURT. Traurig ist der Beruf des Sperrmüllmannes gewiss nicht, doch bei einigen Stücken tut es den drei Männern mit dem Zerstörer wirklich in der Seele weh, wenn ihr oranger Kraftprotz die einstigen Schmuckstücke mit roher Gewalt zerdrückt.
So ergeht es auch Thomas Dietze, als er das alte DiamantDDR-Fahrrad in den Wagen wirft. Einfach mit nach Hause nehmen dürfen die Sperrmüllmänner die Schätze nicht. Dietze ist 50 Jahre alt und knapp die Hälfte seines Lebens mit dem Sperrmülltruck unterwegs. Die Männer an seiner Seite sind Marius Meller (34) und Robin Kubsch (22). Meller ist noch frisch im Geschäft. Seit dem 1. April befreit er Erfurter Bürger von alten Lasten. Auch Kubsch ist erst seit Anfang des Jahres mit dabei. Er träumte schon als kleiner Junge davon, seinem Vater nachzueifern und Lkw-Fahrer zu werden. Alle drei können den Truck fahren, gerade gestern hat Meller sein Okay von den Stadtwerken dafür bekommen, Kubsch muss sich noch ein wenig gedulden.
Neben dem Trio ist noch eine weitere Sperrmüll-Truppe in Erfurt aktiv. „Im Frühjahr und im Herbst, wenn die Großwohnanlagen angefahren werden, sind wir mit drei oder vier Teams unterwegs“, sagt Dietze.
Morgens um sechs Uhr starten die drei in den Tag und räumen die Bürgersteige frei. Bis zu 35 Aufträge müssen sie in einer Schicht abarbeiten, doch dabei begegnen ihnen reichlich Hindernisse. „Das schlimmste sind die Falschparker“, sagt Dietze. In der Andreasvorstadt ärgert er sich ganz besonders. Freundlich bitten die Männer einen Falschparker, der sein Auto direkt vor dem Sperrmüllhaufen stellt, doch bitte zur Seite zu fahren, doch der winkt nur ab. So müssen sie den Müll mühsam durch kleine Lücken tragen. Vor der nächsten Station parkt ein Auto direkt in der Kurve, so dass Dietze nur mit akribischer Feinarbeit den orangen Koloss in die Straße bekommt. Hupende Autofahrer, die nicht abwarten können bis die Männer aufgeladen haben, sind eher die Regel als die Ausnahme. Auch die Müllberge sorgen hin und wieder für Unmut. Vor einiger Zeit fanden die Männer auf ihrer Tour einen Haufen, der großflächig mit Erbrochenen überdeckt war. „Da mussten wir schon drei Regentage abwarten, bis wir den Müll einladen konnten“, sagte Dietze. Auch kuriose Dinge, wie ein Klavier, haben die Männer schon vorgefunden. „Das konnten wir erst gar nicht anheben, da mussten wir alle ran und auch die Presse hatte mächtig Arbeit.“
Gegen Mittag überprüft Dietze die Ladung, sieben Tonnen kann der Lkw transportieren. Die Männer müssen zur Raba, der Restabfallbehandlungsanlage, wenn der Wagen voll ist. Per Knopfdruck wird dessen Hinterteil geöffnet und der zusammengequetschte Müll liegt auf einen großen Haufen in der Halle. Bevor die einst lieben Stücke der Erfurter in die Verbrennungsanlage kommen und für Strom und Wärme sorgen, wird noch einmal aussortiert. Vor der zweiten Runde muss das Trio beim Mittag im Hauptquartier erstmal wieder Kraft tanken.