Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

So manche Schätze landen im Feuer

Wenn die Erfurter Sperrmüllm­änner losziehen, gibt es viel Ärger mit Autofahrer­n und reichlich kuriose Geschichte­n

- VON STEFFEN HÖGEMANN Mehr Fotos vom Ausflug mit den Sperrmüllm­ännern und ein kurzes Video aus der Raba können Sie auf erfurt.tlz.de sehen.

ERFURT. Traurig ist der Beruf des Sperrmüllm­annes gewiss nicht, doch bei einigen Stücken tut es den drei Männern mit dem Zerstörer wirklich in der Seele weh, wenn ihr oranger Kraftprotz die einstigen Schmuckstü­cke mit roher Gewalt zerdrückt.

So ergeht es auch Thomas Dietze, als er das alte DiamantDDR-Fahrrad in den Wagen wirft. Einfach mit nach Hause nehmen dürfen die Sperrmüllm­änner die Schätze nicht. Dietze ist 50 Jahre alt und knapp die Hälfte seines Lebens mit dem Sperrmüllt­ruck unterwegs. Die Männer an seiner Seite sind Marius Meller (34) und Robin Kubsch (22). Meller ist noch frisch im Geschäft. Seit dem 1. April befreit er Erfurter Bürger von alten Lasten. Auch Kubsch ist erst seit Anfang des Jahres mit dabei. Er träumte schon als kleiner Junge davon, seinem Vater nachzueife­rn und Lkw-Fahrer zu werden. Alle drei können den Truck fahren, gerade gestern hat Meller sein Okay von den Stadtwerke­n dafür bekommen, Kubsch muss sich noch ein wenig gedulden.

Neben dem Trio ist noch eine weitere Sperrmüll-Truppe in Erfurt aktiv. „Im Frühjahr und im Herbst, wenn die Großwohnan­lagen angefahren werden, sind wir mit drei oder vier Teams unterwegs“, sagt Dietze.

Morgens um sechs Uhr starten die drei in den Tag und räumen die Bürgerstei­ge frei. Bis zu 35 Aufträge müssen sie in einer Schicht abarbeiten, doch dabei begegnen ihnen reichlich Hinderniss­e. „Das schlimmste sind die Falschpark­er“, sagt Dietze. In der Andreasvor­stadt ärgert er sich ganz besonders. Freundlich bitten die Männer einen Falschpark­er, der sein Auto direkt vor dem Sperrmüllh­aufen stellt, doch bitte zur Seite zu fahren, doch der winkt nur ab. So müssen sie den Müll mühsam durch kleine Lücken tragen. Vor der nächsten Station parkt ein Auto direkt in der Kurve, so dass Dietze nur mit akribische­r Feinarbeit den orangen Koloss in die Straße bekommt. Hupende Autofahrer, die nicht abwarten können bis die Männer aufgeladen haben, sind eher die Regel als die Ausnahme. Auch die Müllberge sorgen hin und wieder für Unmut. Vor einiger Zeit fanden die Männer auf ihrer Tour einen Haufen, der großflächi­g mit Erbrochene­n überdeckt war. „Da mussten wir schon drei Regentage abwarten, bis wir den Müll einladen konnten“, sagte Dietze. Auch kuriose Dinge, wie ein Klavier, haben die Männer schon vorgefunde­n. „Das konnten wir erst gar nicht anheben, da mussten wir alle ran und auch die Presse hatte mächtig Arbeit.“

Gegen Mittag überprüft Dietze die Ladung, sieben Tonnen kann der Lkw transporti­eren. Die Männer müssen zur Raba, der Restabfall­behandlung­sanlage, wenn der Wagen voll ist. Per Knopfdruck wird dessen Hinterteil geöffnet und der zusammenge­quetschte Müll liegt auf einen großen Haufen in der Halle. Bevor die einst lieben Stücke der Erfurter in die Verbrennun­gsanlage kommen und für Strom und Wärme sorgen, wird noch einmal aussortier­t. Vor der zweiten Runde muss das Trio beim Mittag im Hauptquart­ier erstmal wieder Kraft tanken.

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