Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
gegart Butterzart
Sous-vide, das langsame Zubereiten von vakuumiertem Fleisch und Gemüse im Wasserbad, ist nicht nur in der Gourmetküche ein Trend – es gelingt auch auf dem heimischen Herd
„Im Wasserbad gart ein Stück Fleisch fabelhaft homogen.“Till Eickmann, Gourmetkoch
Till Eickmann geht den Dingen gerne auf den Grund. Weshalb der Gourmetkoch, der Kurse im Vakuumgaren anbietet, erst einmal daran erinnert, dass das Sous-vide-Verfahren in den 1970er-Jahren in der französischen Küche entwickelt wurde. Und zwar für die Bordrestaurants des futuristischen Schnellzugs TGV. Auf diese Weise konnte auf engstem Raum und ohne Profiküche butterzartes Filet serviert werden. Ein geschmackliches Erlebnis
Warum? Auch das erfährt man von Till Eickmann: „Wasser hat eine unglaublich effektive Leitfähigkeit für Wärme. In der Pfanne wird ein Stück Fleisch an seinen Außenseiten ungleich heißer als im Kern. Im Wasserbad gart es fabelhaft homogen.“Hobbyköchen rät Eickmann, die Methode mit einem Lachs oder Saibling auszuprobieren: „Das Filet vakuumieren und dann je nach Größe für 15 oder 20 Minuten in 60 Grad heißes Wasser – das geschmackliche Ergebnis wird Ihnen die Augen öffnen.“
Praktischer Nebeneffekt der schonenden Garmethode: Fleisch oder Fisch müssen danach nicht mehr ruhen. Der Spitzenkoch würde sie noch flink in einem Aromenträger wie etwa Nussbutter schwenken: „Da das Fleisch nicht zu hoch erhitzt wurde, sind die Poren offen, um den Geschmack aufzunehmen.“
Bastian Werthmann hat das Kochen vor neun Jahren ebenfalls in der gehobenen Küche gelernt. „Damals war das Vakuumgaren gerade dabei, die Spitzengastronomie zu revolutionieren“, sagt er. Heute kümmert er sich im „Frischeparadies“, einem Lebensmittel-Spezialmarkt für Gastronomen und Privatkunden, um Fleischfragen. Und schätzt am Sous-vide-Verfahren vor allem, dass es das Fleisch quasi demokratisiert: „Meine Kunden fragen nicht mehr nur nach Rücken oder Filet. Plötzlich kann man auch aus der Hüfte oder einem Flanksteak etwas unglaublich Zartes machen – und hat am Ende vielleicht sogar noch mehr Aroma auf dem Teller.“
Eine Glaubensfrage, so Werthmann, sei allein die Reihenfolge der Arbeitsschritte: „Die einen präferieren das Rückwärtsgaren, legen also das Steak abschließend noch kurz in die Pfanne, andere braten das Fleisch vor dem Sous-vide-Garen scharf an, um so die Röstaromen mit in den Vakuumbeutel zu packen.“
Übrigens: Nicht nur Fleisch fühlt sich im Wasserbad wohl. Auch Gemüse lässt sich mit dem Sous-vide-Verfahren schonend zubereiten. Neben den Nährstoffen bleiben so auch die Bissfestigkeit und alle Geschmacksnuancen erhalten.
Bastian Werthmann kocht für seine kleine Tochter fast ausschließlich sous-vide – mit einem Sous-vide-Stick. Dieser kleine Küchenhelfer, den es ab etwa 100 Euro zu kaufen gibt, ähnelt äußerlich einem Stabmixer, funktioniert jedoch wie ein programmierbarer Tauchsieder. Er wird in den Topf oder eine Schüssel mit Wasser gehängt und sorgt mit einer Umwälzpumpe für eine exakte und gleichbleibende Temperatur des Wassers.