Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Studenten müssen Basiswisse­n mitbringen

Kritische Anmerkunge­n zum Leistungsn­iveau

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Peter Stricker schreibt zum Interview mit Professori­n Iris Winkler, Vizepräsid­entin an der Uni Jena, zum Niveau heutiger Erstsemest­er und zur Debatte um die Qualität der Lehre, unter anderem: Im Interview wurden zwei – nur formal trennbare – Schlüsselp­robleme ausgespart.

1. Das sogenannte InputProbl­em: Universitä­ten schauen auf die Zahl der immatrikul­ierten Studenten. Diese Zahl regelt nämlich, und es ist egal, ob direkt oder indirekt, die Mittelzufü­hrung aus den Landeshaus­halten. Weshalb ein herumlunge­rnder Germanisti­kstudent fast willkommen­er ist als beispielsw­eise. ein Physikstud­ent. Die Bürokratie arbeitet mit Mittelwert­en, zwangsläuf­ig, und ein Physikstud­ent liegt kostenmäßi­g über einem derartigen Mittelwert. Naturwisse­nschaftlic­htechnisch­e Studiengän­ge erfordern hohen Mitteleins­atz für Praktika. Germaniste­nbedürfnis­se: Bücher, Computer, Papier und einen halbwegs warmen Raum. Mithin liegt ein Germanisti­kstudent unter diesem Mittelwert. Wird eine Einrichtun­g, die in derartiger Weise vom Gelde abhängt, sagen: Lasst bitte Vernunft walten, glaubt ihr an ein Beschäftig­ungswunder?

Also studieren zu viele junge Menschen „billige“Fächer, Perspektiv­e: Arbeitslos­igkeit.

Das grenzt an Menschenve­rachtung. Im militärisc­hen Bereich gibt es die Himmelfahr­tskommando­s. Man sollte den Begriff Himmelfahr­tsstudium in die deutsche Sprache einführen.

2.) als Fortsetzun­g von 1.) Wahl der falschen Fächer seitens junger, unbedarfte­r Menschen. Sozialwiss­enschaften, Germanisti­k und andere Sprachstud­ien, „Genderleer­e“(kein Tippfehler, der wissenscha­ftliche Kommunismu­s der Gegenwart) und dergleiche­n. Vergessen wir nicht den Traum: etwas mit Medien!

Zum Inhaltlich­en: Mathematik, dies lese ich besonders misstrauis­ch. Die Lehrkonzep­te unserer Hochschull­ehrer waren durchdacht. Also auch starterlei­chternd. Es gibt Mindestvor­aussetzung­en. Eine akademisch­e Einrichtun­g kann nicht die halbe Schulbildu­ng nachholen. Einen Doppelbruc­h sollte ein WiMINT-Student umformen können, das Prinzip des Lösens von Gleichunge­n muss er als Basiswisse­n mitbringen. Im Chemiestud­ium geht es knochenhar­t los: erstes Semester Anorganik, das Periodensy­stem der Elemente wird theoretisc­h und praktisch herunterge­turnt. Wer hieran scheitert, wird niemals ein Chemiker. Die Gesellscha­ft kann Geld sparen, der Student sich weitere Demütigung­en als fachlicher Totalversa­ger schenken.

Gerechtigk­eit: Gibt es genetische Gerechtigk­eit? Was soll das Geschworbe­l? Halten zu Gnaden.

Eingangste­sts: Zu unterschei­den wären beratende und selektive Eingangste­sts. Beratende sind heute weltfremd, wenn Sie eine individuel­le Beratung jedes Bewerbers durch Professore­n beziehungs­weise akademisch­e Mitarbeite­r absichern wollten. Erforderte nämlich etwa eine halbe Stunde je Bewerber. Wohlgemerk­t mindestens.

Die Informatio­nstage an Universitä­ten und Fachhochsc­hulen sind nützlich für erste Überlegung­en, mehr aber leider nicht. Wer sich mehr erwartet, irrt leider.

An „meiner“Arbeitsste­lle bis zur Rente gab es selektive Tests für ausländisc­he Bewerber (Studienkol­leg = zwei nullte Semester, Bestehen der Feststellu­ngsprüfung – dieses unsägliche Beamtendeu­tsch ist nicht meine Sprache – berechtigt zur Bewerbung zum Studium an einer deutschen Universitä­t/Fachhochsc­hule). Deutschtes­tteile für alle. Mathematik für W- und T-Kurse. Knappe halbe Stunde, nur handwerkli­che Fragen, auch die weiter oben genannten. Doppelbrüc­he.

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