Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Das neue Kapitel der Hohen Lilie ist blau-weiß
Am Domplatz eröffnet in der Traditionsgaststätte das „Hofbräu am Dom“mit zünftiger Musik, Bier in der Maß und „Haxn“auf dem Teller
ERFURT. Von außen ist am Haus „Hohe Lilie“am Domplatz kaum zu erkennen, was sich Neues getan hat hinter der historischen Fassade. Nur eine blauweiß karierte Fahne, die aus einem der Fenster flattert, deutet auf eine Änderung hin. Erst als am Samstag eine von Pferden gezogene Brauereikutsche vorfährt und sich Frauen im Dirndl und Männer in Lederhosen zeigen, wird dem Beobachter klar: Wie vor einigen Wochen angekündigt ist hier jetzt das „Hofbräu am Dom“eingezogen, wird Bier in der Maß zur knusprigen Schweinshaxe oder auch Thüringer Spezialitäten serviert.
Geöffnet, so sagt Chef Jens Hoffmann, habe man eigentlich schon seit drei Wochen, Samstag aber wurde dies offiziell gefeiert mit geladenen Gästen. Auf dem Weg dorthin sei kein Debakel ausgelassen worden, so der Gastronom: Die Küchentechnik stieg aus, Elektrosicherungen verabschiedeten sich und selbst am Vormittag hatte das Team noch mit einem Stromausfall zu kämpfen. Am Abend war von dieser Pannenserie nichts mehr zu spüren.
Mit seinem Geschäftspartner Ingo Fensch hatte Hoffmann schon lange nach einer Gelegenheit in Erfurt gesucht, ein Bierlokal zu eröffnen. Als im vergangenen Jahr dann für das Gebäude am Domplatz ein Mieter gesucht wurde, sahen beide ihre Chance gekommen, den lang gehegten Traum zu verwirklichen. In der
Münchner Hofbräu-Brauerei fand sich ein Partner, das Vorhaben in dem fünfgeschossigen
Haus umzusetzen, das schon manchen Betreiberwechsel erlebt hat. „Thüringen und Bayern passen doch gut zueinander“, findet Hoffmann. Er selbst begann seine Karriere als Koch im „Drushba“, arbeitete im Kartoffelhaus, ehe er eine Zeit lang nach Jena wechselte und nun glücklich zurück in Erfurt ist.
20 Mitarbeiter sollen im Hofbräu am Dom in Vollzeit arbeiten, hinzu kommen 10 bis 25 Aushilfen, wie Hoffmann sagt. Geplant sind Frühschoppen mit Blasmusik ebenso wie ein Weißwurstfrühstück jeden Samstag. Und alle Bayern-Spiele sollen live übertragen werden im Hofbräu am Dom. Das, so hofft Hoffmann, bald nicht nur mit der Werbung auf den Schirmen im Biergarten vor dem Haus als bayerisches Lokal auf sich aufmerksam machen kann. Ob überhaupt und wenn, welche Werbung an der Fassade erlaubt ist, das wird mit dem Denkmalschutz zu diskutieren sein.
Das auf das 13. Jahrhundert zurückgehende prächtige Renaissancegebäude erhielt seine heutige Gestalt 1538. Eine goldene Lilie mit der entsprechenden Jahreszahl ziert denn auch das reich geschmückte Portal.
Über Jahrhunderte war die „Hohe Lilie“das „erste Haus am Platze“. Hier stieg die Prominenz ab, darunter König Gustav II. Adolf von Schweden, Napoleons Bruder Jérôme sowie König Friedrich Wilhelm III. von Preußen. Die „Hohe Lilie“ist damit nicht nur ein Baudenkmal, sondern auch ein Denkmal der Gastronomiegeschichte Erfurts, in der nun ein neues Kapitel aufgeschlagen wird.