Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Entscheidung über „Ehe für alle“am Freitag im Bundestag
SPD will eine namentliche Abstimmung erreichen. Union wirft den Sozialdemokraten Vertrauensbruch vor
BERLIN. Der Bundestag wird noch in dieser Woche über die „Ehe für alle“entscheiden – gegen den Willen der UnionsSpitze. SPD, Linke und Grüne setzten am Mittwoch im Rechtsausschuss des Bundestages mit knapper Mehrheit durch, dass das Thema kurzfristig für Freitag auf die Tagesordnung des Parlaments kommt. Ein solches rotrot-grünes Votum gegen die Stimmen der Union bedeutet eine offene Konfrontation zwischen den Koalitionspartnern. Im Bundestag gilt eine Mehrheit für die „Ehe für alle“als sicher.
Dem Parlament liegen bereits seit Längerem drei Gesetzentwürfe für die uneingeschränkte Homo-Ehe vor – von Linken, Grünen und vom Bundesrat. Über den Antrag der Länderkammer soll nun abgestimmt werden. Die große Koalition hat bislang eine Abstimmung dazu verhindert, indem sie das Thema im Rechtsausschuss 30-mal vertagte.
Die jahrelange Debatte gewann plötzlich enorm an Tempo, nachdem Kanzlerin Angela Merkel am Montag überraschend vom klaren Nein der CDU in dieser Frage abgerückt war und von einer Gewissensentscheidung gesprochen hatte. Die SPD nahm das zum Anlass, eine schnelle Parlamentsabstimmung durchzusetzen.
SPD, Linke und Grüne votierten im Rechtsausschuss geschlossen dafür, das Thema kurzfristig auf die Tagesordnung des Parlaments zu hieven. Der SPD-Rechtspolitiker Johannes Fechner sagte: „Es darf in Deutschland keine Liebe erster und zweiter Klasse geben.“Die Union stimmte im Ausschuss gegen das Vorhaben.
Die Unions-Spitze hatte sich gegen eine Abstimmung vor der Bundestagswahl gesperrt – und wirft der SPD wegen ihres Vorstoßes „Vertrauensbruch“vor. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer beschuldigte die Sozialdemokraten, das Thema als „Wahlkampfmunition“zu missbrauchen. Merkel selbst hatte das Vorgehen der SPD am Dienstag laut Teilnehmerkreisen als „überfallartig“kritisiert.
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann kündigte an, bei der Entscheidung im Bundestag eine namentliche Abstimmung zu beantragen, um offenzulegen, welche Abgeordneten hinter der „Ehe für alle“stehen. Am 7. Juli soll sich der Bundesrat abschließend damit befassen.
In Deutschland gibt es für schwule und lesbische Paare seit 2001 die Möglichkeit, eine eingetragene Lebenspartnerschaft einzugehen. Die ist aber rechtlich nicht mit der Ehe gleichgesetzt. (dpa)