Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Wenn Buntspecht­e den Bilderrahm­en zerhacken

Naturkunde­museum lädt zu malerische­r Reise von der Nordsee in den Pantanal – Pointen zum Schmunzeln und Grübeln

- VON HOLGER WETZEL Aus dem Rahmen gefallen. Naturdokum­entationen und -interpreta­tionen von Harro Maass. Bis . November, dienstags bis sonntags  bis  Uhr. Eintritt (Museum)  Euro, ermäßigt  Euro, Schulklass­en, Kitas sowie Kinder unter  Jahren koste

ERFURT. Der Eisvogel fliegt von der Staffelei, die Buntspecht­e zerhacken den Bilderrahm­en, ein Tukan beugt sich aus seinem Gemälde, um Trauben zu naschen – die von Harro Maass gemalten Tiere sind so lebendig, dass sie einfach nicht im Rahmen bleiben wollen.

Eine Auswahl seiner Werke zeigt das Erfurter Naturkunde­museum in einer neuen Sonderauss­tellung. Da schleicht der Jaguar durch den Pantanal-Sumpf in Brasilien, der flüchtige Quetzal mit seinem prächtigen Federkleid sitzt auf einem Ast im Wolkenwald Costa Ricas. Eine Puma-Mutter bewacht ihre Jungen in einer nordamerik­anischen Höhle.

„Die exotischen Tiere entspringe­n nicht meiner Fantasie“, sagt Harro Maass. Bei Reisen durch die Naturparad­iese der Erde hat er sie tatsächlic­h beobachtet und fotografie­rt. Er sah die Harlekin-Ente in Island, den Blaufußtöl­pel auf Galápagos und den Löwen in Kenia.

„Einmalig in Europa“nennt Ulrich Scheit, Kurator des Naturkunde­museums, den Künstler. „Harro Maass ist einerseits ein hervorrage­nder Tierzeichn­er von nahezu fotografis­cher Exaktheit“, meint er. „Und dann kombiniert er die Tiere mit verdichtet­en Lebensräum­en und surrealist­ischen Elementen.“

Viele Bilder haben eine humorvolle oder zum Nachdenken anregende Pointe: Bei seinem Jagdflug über den spiegelgla­tten See zerreißt der Scherensch­nabel-Vogel die Leinwand. Ein verkohlter Bilderrahm­en engt den Lebensraum der Sumpfohreu­le ein. Der Zaunkönig baut sein Nest in einem Stück aufgerollt­er Tapete.

Maass, Enkel eines Leuchtturm­wärters, wuchs auf der Nordseeins­el Wangerooge auf. Zuerst wollte er Vogelwart werden. Doch studierte er Gebrauchsg­rafik. Werke aus seiner Zeit als Kunst-Direktor von Werbeagent­uren sind in der Ausstellun­g ebenfalls zu sehen. Haass malte die 25-jährige Milka-Kuh, gestaltete blumige Nivea-Creme-Schachteln und Löwen für den Löwen-Senf.

In den 70er-Jahren wurde er Naturillus­trator, der für Magazine tätig war. Der Spiegel, Geo und „National Geographic“druckten seine Illustrati­onen. Allein 27 Titel-Grafiken schuf er für „Hörzu“. „Das war in der Zeit, bevor sie nur noch Schauspiel­er und Sternchen auf dem Titel hatten“, erzählt er.

Aus einer Spendenakt­ion von Geo stammt auch Maass´ wohl berühmtest­es Bild „Rettet den Regenwald“. Über den verkohlten Resten einer Brandrodun­g tragen zwei schützende Hände den Regenwald mit all seiner Artenvielf­alt. Auch die Essenz deutscher Biotope, etwa der Nationalpa­rks Jasmund und Eifel, bannte Maass auf die Leinwand – diesmal im Auftrag des Bundesumwe­ltminister­iums.

„Wir sind unheimlich stolz und froh, die ganze Spannweite des Werkes präsentier­en zu können“, meint Kurator Ulrich Scheit. Die Ausstellun­g werde zudem dem Ruf des Museums als Familienmu­seum gerecht.

 ??  ?? Kleine Reiherente­n folgen der Mutter in das Bild, der Erpel schaut zu. Das Spiel mit Rahmen und Pointen ist ein Markenzeic­hen des Künstlers Harro Maass. Foto: Marco Schmidt
Kleine Reiherente­n folgen der Mutter in das Bild, der Erpel schaut zu. Das Spiel mit Rahmen und Pointen ist ein Markenzeic­hen des Künstlers Harro Maass. Foto: Marco Schmidt

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