Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Gute Nachbarschaft
Wie das Zusammenleben gelingen kann
Nichts geht über eine gute Nachbarschaft, wobei darunter vermutlich jeder etwas anderes versteht. Der eine freut sich, wenn er mit den Nachbarn ein Schwätzchen halten oder ihnen vorm Urlaub seinen Wohnungsschlüssel in die Hand drücken kann. Der andere ist erleichtert, wenn nach einem freundlichen Gruß jeder seiner Wege geht und man einander ansonsten nicht stört. Was dem einen zu aufdringlich erscheinen mag, bewertet der andere als echtes Interesse – und an Geräuschen, Gerüchen und Gewohnheiten scheiden sich ohnehin die Geister. Die Toleranzgrenzen sind nun mal unterschiedlich.
Wohl dem, der mit seinen Nachbarn gut auskommt und sich nicht in seinen vier Wänden permanent über Lärm & Co. ärgern muss. Dass der Frömmste nicht im Frieden bleiben kann, wenn es dem lieben Nachbarn nicht gefällt, das wusste schon Friedrich Schiller, der diesen Satz seinem Wilhelm Tell in den Mund legte.
Doch wer sich friedliche Nachbarn wünscht, der muss zunächst mal selber einer sein. Der darf für sich keine Sonderrechte in Anspruch nehmen. Und er sollte mit den Nachbarn zuerst reden, wenn die das Zusammenleben stören, und ruhig bleiben. Zu einem ausufernden Streit gehören nämlich in der Regel zwei Seiten. Nützt das alles nichts, ist der Vermieter die nächste Anlaufstelle. Er muss schon aus finanziellen Gründen ein Interesse daran haben, dass es keinen Zwist gibt. Der Gang zum Anwalt sollte wirklich nur als letzte Möglichkeit in Betracht gezogen werden. Denn de facto verlieren dabei beide Parteien. Von den Folgen für ihre Gesundheit und den Geldbeutel gar nicht zu reden.