Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Raus aus der Negativspi­rale

RadWeltmei­ster Tony Martin über seine WMChancen, eine enttäusche­nde Saison und Norwegen als Ferienpara­dies

- VON AXEL LUKACSEK

BERGEN. Mit einem neunten Platz beim Mannschaft­szeitfahre­n ist Tony Martin mit seinem Team Katjuscha-Alpecin in die Straßenrad-WM in Bergen (Norwegen) gestartet. Am Mittwoch geht der 32 Jahre alte Profi als Titelverte­idiger im Zeitfahren an den Start. Über die erste Entscheidu­ng, die Chancen im Kampf gegen die Uhr und eine erste Saisonbila­nz sprachen wir mit dem gebürtigen Cottbuser.

Enttäuscht nach dem WMAuftakt?

Der Wunschtrau­m war, um Bronze zu fahren. Es ist aber nicht zu 100 Prozent gelaufen, wir hatten ein zu großes Leistungsg­efälle im Team. Mit Blick auf das kommende Jahr war es aber eine wichtige Erfahrung. In der neuen Saison wollen wir mit dem Team angreifen.

Wie verlief die unmittelba­re WMVorberei­tung?

Den letzten Schliff habe ich mir bei der Tour of Britain geholt. Ich war zufrieden und habe am vergangene­n Mittwoch vor dem Flug nach Norwegen noch einen längeren Trainingst­ag eingelegt. Ich habe jedenfalls ein gutes Gefühl.

Woran machen Sie das konkret fest?

Ich fühle mich überhaupt nicht müde, auch wenn die Saison schon fast zu Ende ist. Und das ist schon mal ein gutes Zeichen.

Sie gehen als Titelverte­idiger im Zeitfahren an den Start. Ist der 31Kilomete­rKurs nicht zu kurz für Sie?

Ja, das stimmt. Hinzu kommt ja noch der schwierige Schlussans­tieg mit einer Steigung von fast zehn Prozent. Wenn man den noch abzieht, bleiben nicht mehr viele Kilometer übrig, in denen ich entscheide­nd Zeit herausfahr­en kann. John war sicher nicht in der Form seines Lebens, aber vielleicht ist das ja auch eine Chance für uns. Die anderen Nationen haben uns vielleicht nicht ganz so auf der Rechnung. Hinzu kommt ja, dass wir trotz der Absage von John starke Einzelkämp­fer haben. Wir sind Außenseite­r, klar. Aber diese Chance wollen wir unbedingt nutzen. Ich war als Kind mit meinen Eltern sechsmal mit dem Campingwag­en dort. Wir waren zum Angeln hier, haben gebadet oder Pilze gesammelt. Das sind sehr schöne Erinnerung­en. Ich war lange nicht in Norwegen, freue mich deshalb über die WM hier und werde aus diesem Grund nach dem letzten Rennen fünf Tage hier bleiben und die Angelrute auswerfen. Ja, das stimmt. Ich bin überhaupt nicht zufrieden. Ich bin in einer regelrecht­en Negativspi­rale. Je härter ich trainiere, umso weniger gelingt mir.

Es zeigt mir, dass ich jedenfalls keine körperlich­en Defizite habe. Ich bin hundertpro­zentig fit.

Ich muss mir externe Berater holen, die mir helfen, aus dem Tief herauszuko­mmen. Ich selbst kann derzeit das Problem überhaupt nicht definieren. Ich werde aber den Kopf oben behalten, weil ich auf dem Rad nach wie vor Lust verspüre, zu kämpfen. Und ich weiß, dass ich auch wieder erfolgreic­h sein werde.

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