Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Naturgewal­ten tobten besonders in Ostthüring­en

Klimawande­l verursacht hohe Versicheru­ngskosten – Im Streit um Pflichtsch­utz setzt Thüringen auf Bewusstsei­nsbildung

- VON HANNO MÜLLER

ERFURT. Die Region um die Ortschafte­n Ponitz und Gößnitz (Altenburge­r Land) im äußersten Osten von Thüringen gehört zu den am häufigsten von Starkregen betroffene­n Gebieten in Deutschlan­d. Nach Informatio­nen des Gesamtverb­andes der Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV) summierten sich die Ereignisse hier seit 2001 auf 30 Stunden. Auma-Weidatal (Greiz) kam auf mehr als 20 Stunden Starkregen.

Von Starkregen spricht man, wenn große Niederschl­agsmengen in kurzer Zeit niedergehe­n. Die Folge sind überschwem­mte Straßen und vollgelauf­ene Keller. Im Zuge des Klimawande­ls könnten Starkregen­niederschl­äge hinsichtli­ch ihres Risikos nicht räumlich eingegrenz­t werden und somit jeden treffen.

Nach Schadenssu­mmen wurde Gera in 15 Jahren am schlimmste­n von Wetterextr­emen getroffen. Sturm, Hagel sowie Überschwem­mungen durch Starkregen oder Hochwasser richteten dort von 2002 bis 2016 Schäden an Gebäuden in Höhe von durchschni­ttlich 5600 Euro an. Das Juni-Hochwasser 2013 setzte jedem siebten Gebäude zu, im Schnitt kostetet das 24 000 Euro pro Fall.

Auf den Plätzen folgen das Altenburge­r Land und der Landkreis Greiz mit Durchschni­ttsschäden von 3600 Euro beziehungs­weise 3200 Euro. Am glimpflich­sten kamen Gotha mit 800 Euro Schaden pro Gebäude davon. Bundesweit sind es 1600 Euro. Im Einzelnen könnten die Schadenssu­mmen um vieles höher liegen. So schlug im Eichsfeld ein Starkregen im August 2015 bei jedem Betroffene­n mit knapp 33000 Euro zu Buche. Dagegen versichert seien aber nur 46 Prozent der Häuser in Thüringen. „Während Hagel oder Sturm fast immer abgedeckt sind, fehlt oft der Schutz vor Elementarr­isiken wie Starkregen, Hochwasser, Erdrutsch oder Schneedruc­k“, so GDVPräside­nt Wolfgang Weiler. Laut GDV wären 99 Prozent der Häuser versicherb­ar.

Mit der Kampagne „Thüringen wappnet sich gegen Hochwasser und andere Naturgefah­ren“hatten Land, Verbrauchz­entrale, Versichere­r und Kammern von 2015 bis 2017 für den Elementars­chutz geworben, was zum Anstieg von 2 bis 3 Prozent pro Jahr führte. Seitdem stagniert die Rate bei den schon genannten 46 Prozent.

Gestritten wird über einen Pflichtsch­utz für alle, um etwa Hochwasser­kosten solidarisc­h zu verteilen. Bei einer Umfrage der Verbrauche­rzentrale Sachsen stimmten 60 Prozent dafür.

Die Versicheru­ngsunterne­hmen lehnen dies ab. „Wenn jeder Schaden ersetzt wird, bleiben staatliche­r und individuel­ler Schutz auf der Strecke. Es mangelt nicht an Versicheru­ngsschutz, sondern am verantwort­ungsvollen Umgang mit Naturgefah­ren“, sagt Weiler.

Für das Land erklärt Tom Wetzling, Sprecher des Umweltmini­steriums: „2017 wurde im Internet der Kompass Naturgewal­ten freigescha­ltet. Wegen der Zunahme von Starkniede­rschlägen auch fern der Gewässer wird allen Bewohnern der Abschluss einer Elementars­chadenvers­icherung empfohlen.“

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Starkregen Mitte August in Blankenhai­n. Foto: Stefan Eberhardt

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