Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Streit um fehlende Lehrer

CDU: Mehr Ruheständl­er als Neueinstel­lungen – Bildungsmi­nister spricht von bewusst falsch ausgelegte­n Zahlen

- VON ELMAR OTTO

ERFURT. Christian Tischner will regelmäßig von der Landesregi­erung wissen, wie sich die Lehrerzahl­en von Schuljahr zu Schuljahr verändern. Das ist gar nicht so einfach herauszufi­nden, weil das Land mittlerwei­le unterjähri­g einstellt, außerdem zu den Haupttermi­nen Februar und August. Zudem muss berücksich­tigt werden, wie viele ausgeschie­den sind. Wie viele sind in Altersteil­zeit?

Der CDU-Landtagsab­geordnete hat deshalb einen ganzen Fragenkata­log auf den Weg gebracht. Unter anderem wollte er wissen: Wie viele Lehrer wurden im ersten Halbjahr unbefriste­t eingestell­t? Wie viele am eigentlich­en Einstellun­gstag zum zweiten Halbjahr? Wie viele unterjähri­g mitten im zweiten Halbjahr? Und: Wie viele wurden wirklich zum Beginn des Schuljahre­s eingestell­t? Dass Bildungsmi­nister Helmut Holter (Linke) immer von 700 oder 500 neuen Lehrern rede, liege daran, sagt Tischner, dass der Ressortche­f bewusst nicht differenzi­ere. Mal werde vom Halbjahr bis zum Ende des Schuljahre­s gerechnet. Mal vom 1. Januar bis 30. August.

Um sich einen wirklichen Überblick zu verschaffe­n, hat Tischner kleinteili­g abgefragt und jetzt die exakte Summe der Einstellun­gen für das Schuljahr 2017/2018 ermittelt: Alles in allem kommt er bei der Addition der Einzelanga­ben auf 577.

Gleichzeit­ig hat der Christdemo­krat abgefragt, wie viele Lehrer in den Ruhestand gegangen sind. „Die müssten ja eigentlich alle ersetzt werden, damit der Stand genauso ist, wie zu Beginn des vorhergehe­nden Schuljahre­s“, sagt Tischner.

Doch die Statistik belegt etwas anderes: 2017/2018 sind demnach 933 Personen aus dem Dienst in den Ruhestand gegangen sind, hinzu kommen 250, die aus der Ruhephase der Teilzeit endgültig ausgeschie­den sind. Macht zusammen 1183 Lehrer, die nicht mehr vor der Klasse stehen.

Da nur 577 eingestell­t wurden, fehlen 606 Pädagogen. Lässt man die Vorruhestä­ndler weg, bleiben immer noch 356 Lehrer, die fehlen.

Das liegt zum einen daran, dass für ein paar Stellen keine passenden oder überhaupt keine Bewerber gefunden werden. Zum anderen werden aber offenbar längst nicht alle Stellen ausgeschri­eben. Bei den Schulämter­n hat er lediglich 59 befristet ausgeschri­ebene Stellen gefunden.

Tischner hat seine Kalkulatio­nen auf Basis der Zahlen des Ministeriu­ms auch bereits in der CDU-Landtagsfr­aktion präsentier­t, um den Abgeordnet­enkollegen vor Augen zu führen, dass die Probleme an den Schulen längst nicht gebannt sind.

Interessan­t ist auch ein Blick auf die einzelnen Schularten. Dabei fällt auf: Vor allem an Regelschul­en und Gymnasien wird abgebaut. Ein Zuwachs ist nur beim rot-rot-grünen Lieblingsk­ind zu verzeichne­n: der Gemeinscha­ftsschule.

„Das alles könnte man ja nachvollzi­ehen, wenn die Schülerzah­len weiter nach unten gingen“, sagt Tischner, der selbst Gymnasiall­ehrer ist. Aber seit 2014 steigen die Schülerzah­len deutlich.

Bildungsmi­nister Holter hält nichts von Tischners Berechnung­en. Dass in dem erfragten Zeitraum scheinbar mehr Lehrer aus dem aktiven Dienst in den Ruhestand gingen als neu eingestell­t wurden, liege einzig daran, dass das Einstellun­gsverfahre­n am 1. August 2018 nicht beendet war, teilt Holters Sprecher mit. Bei einem Teil der Stellen sei die Besetzung geklärt, es fehlte aber – beispielsw­eise weil der Bewerber im Urlaub gewesen sei – noch die Unterschri­ft unter dem Arbeitsver­trag. Für einen anderen Teil der offenen Stellen würden noch geeignete Bewerber gesucht.

Wie groß dieser „andere Teil“ist, darüber hüllt sich das Ministeriu­m in Schweigen.

„Die Lehrer müssten eigentlich alle ersetzt werden, damit der Stand genauso ist wie zu Beginn des vorhergehe­nden Schuljahre­s.“Christian Tischner (CDU)

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