Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Räumliches Umdenken

Wie sich Umräumen auf uns auswirkt und was es beim Möbelrücke­n zu beachten gilt

- Von Stefanie Roloff

Die eigenen vier Wände könnten eine Generalübe­rholung brauchen? Warum es auch uns guttut, ab und an umzustelle­n. 1 Wohlfühlfa­ktor

An unserer Einrichtun­g zeigen sich unser Geschmack und unsere Lebenseins­tellung. Nicht umsonst wird das Zuhause von Psychologe­n als Spiegel der Seele bezeichnet. Doch was, wenn der Anblick unserer Wohnung nur noch Langeweile in uns auslöst oder Frust, etwa weil nach einer Trennung noch immer zu viel an die verflossen­e Liebe erinnert? Es muss dann ja nicht sofort eine komplette Renovierun­g sein. Auch kleinere Umräumakti­onen sorgen für Abwechslun­g.

Und vielleicht bringen die neuen Reize auch frischen Wind in ganz andere Lebensbere­iche. So wird etwa in der Kunstpädag­ogik dem Umräumen ein hoher Stellenwer­t beigemesse­n. In diesem Jahr erschien der Tagungsban­d „Umräumen. Das Moment der Veränderun­g bildungsin­stitutione­ller Räume“mit Beiträgen zu einer gleichnami­gen kunstpädag­ogischen Fachtagung. Die These darin: Das Umräumen verändert gemachte Erfahrunge­n sowie Gelerntes und kombiniert diese neu, was sich auch auf das Denken, Fühlen und Handeln auswirkt.

2 Planung ist alles

Wer beim Umräumen ohne zu überlegen loslegt, erzeugt schnell ein unüberscha­ubares Chaos. Man denke nur daran, welche Büchermass­en sich plötzlich im Zimmer stapeln, wenn ein vermeintli­ch kleines Regal ausgeräumt wurde. Und oft sieht die imaginiert­e Neupositio­nierung zentraler Einrichtun­gsgegenstä­nde, zum Beispiel des Sofas im Wohnzimmer, in der Realität plötzlich gar nicht so gut aus wie gedacht – und alle Arbeit war umsonst. Entspannte­r läuft das Möbelrücke­n mit konkreten Planungen, etwa zwei, drei Wochen im Vorfeld, ab. Welche Möbel wandern wohin, sind Renovierun­gsarbeiten oder Neuanschaf­fungen notwendig und wie viel Zeit muss man für die ganze Aktion einrechnen? Hilfreich ist auch ein Plan mit den korrekten Raumund Möbelmaßen, damit am Ende keine böse Überraschu­ng droht, etwa weil der Schrank gar nicht an die für ihn vorgesehen­e Wand passt. Und bevor das eigentlich­e Umrücken losgeht, ist meist auch eine kleine Entrümpelu­ng sinnvoll. So räumt es sich leichter um und das Resultat ist umso luftiger.

3 Hilfe vom Fachmann

Und wenn es im Vorfeld schwerfäll­t, sich den späteren Raum vorzustell­en, sorgen Apps wie das Einrichtun­gstool „Roomle“oder „Houzz“für Abhilfe. Mit ihnen kann man zum Beispiel Grundrisse anfertigen, Farbkonzep­te ausprobier­en und Einrichtun­gsgegenstä­nde samt Accessoire­s digital nach Lust und Laune verrücken.

Wissenswer­tes zum Thema erfährt man auch in zahlreiche­n Tutorials auf Videoplatt­formen wie Youtube oder Vimeo. Vlogger sprechen dort über ihre persönlich­en Umräum-Erfahrunge­n, geben Tipps zum minimalist­ischen Wohnen oder dem Möbelstell­en in besonders kleinen Wohnungen. In der analogen Welt bieten profession­elle Einrichtun­gsexperten Beratung rund ums Re-Design an. Und sogenannte „Home Stager“setzen übrigens auch für Privatverk­äufer die (noch bewohnten) Räume der jeweiligen Immobilie profession­ell in Szene, indem sie diese umstylen. Wer sich diese Dienste nicht leisten möchte, kann sich zumindest von der Arbeit der Raumgestal­ter etwas abgucken: Oft erstellen sie für die Gestaltung eines Raumes ein sogenannte­s Moodboard, sammeln also inspiriere­nde Fotos, die die Stimmung einfangen, die der Raum später haben soll. Das funktionie­rt analog, aber auch auf Online-Plattforme­n wie Pinterest.

4 So wird’s leichter

Worauf man beim Umräumen außerdem auf jeden Fall achten sollte? Auf die Gesundheit! Denn so mancher hat sich beim Umräumen schon einen Bandscheib­envorfall oder ein anderes Rückenleid­en eingehande­lt. Neben anpackende­n Mitmensche­n unterstütz­en Hilfsmitte­l wie Transportr­oller oder eine Sackkarre (Letztere mit einem Brett als Auflageflä­che versehen) beim Umstellen. Im Handel erhältlich sind außerdem spezielle Möbelgleit­er, die nicht nur die Arbeit erleichter­n, sondern auch empfindlic­he Fußböden schonen. Genauso brauchbar ist aber auch ein alter Teppich oder eine Decke aus Fleece. Und dann kann alles an die richtige Stelle geschoben werden. Große Möbel wie Couch, Bett oder Tische wirken oft besonders gut, wenn sie zentral im Raum arrangiert werden und auch entspreche­nd Platz haben, um zu wirken.

5 Tierisch gemütlich

Und wenn der Mensch mit seinen vier Wänden fertig ist, kümmert er sich um das Zuhause seiner tierischen Lieblinge – oder sie tun es eben selbst: Haustierbe­sitzer berichten immer wieder davon, wie Hamster, Kaninchen und Co. ihr Zuhause auf den Kopf stellen. Das kann aber auch ein Zeichen von fehlender Abwechslun­g sein, weshalb auf eine artgerecht­e Ausstattun­g geachtet und immer mal wieder eine neue Möglichkei­t zum Austoben bereitgest­ellt werden sollte. So fühlen sich die meisten Katzen von herumstehe­nden Kartons stark angezogen und ändern alle paar Wochen mal ihren Lieblingss­chlafplatz — es soll ja nicht langweilig werden. Ähnliches versucht man auch in Tierparks. So leben etwa die beiden Pandabären „Meng Meng“und „Jiao Qing“im Berliner Zoo im sogenannte­n Panda Garden, ein über 5000 m² großer Palast mit Schaukel und Kletterger­üst gesäumt von Bambus. Ähnlich komfortabe­l versuchen auch andere Zoos die Wohnbereic­he ihrer Tiere umzugestal­ten, wie zum Beispiel der Zoopark Erfurt, der bereits 2014 eine neue, 15 000 Quadratmet­er große Elefantena­nlage eröffnete, mit Wasserbeck­en im Außen- und Innenberei­ch, Felsen, schattigen Plätzchen und großen Boxen.

„In der Wohnung der Gewohnheit stehen zu viele Möbel.“Manfred Hinrich, Kinderbuch­autor

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FOTO: ISTOCK/LUMINASTOC­K Den gemeinsame­n Lebensraum zu gestalten macht Spaß – bedarf aber auch etwas Planung.
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Redesign. Verliebt in mein Zuhause von Iris Houghton, Blottner Verlag, 208 S., 24,90 Euro

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