Thüringische Landeszeitung (Gera)

Auf der grünen Welle reiten

Das Team vom Erfurter Verkehrsma­nagement erklärt, wie Ampeln koordinier­t werden und warum Rotphasen manchmal gefühlt ewig dauern

- VON STEFFEN HÖGEMANN

ERFURT. Aus weiter Entfernung ist das grüne Licht der Leuchtsign­alanlage noch zu sehen. Der Fuß geht auf das Gas, um noch rechtzeiti­g über die Ampel zu kommen, kurz vor dem Ziel erlischt die grüne Farbe der Hoffnung und lässt dem zeitrauben­den Duett aus Gelb und Rot die Macht über die Straße.

Die Frustratio­n über die Niederlage im Kampf mit der Ampel lässt nicht lange warten und entlockt dem täglichen Berufspend­ler oft die ein oder andere Beschimpfu­ng gegen die, die das alles planen.

Das sind in Erfurt Frank Rupprecht, Frank Helbing und Gerd Laage. Gemeinsam bilden sie das Verkehrsma­nagementTe­am der Stadt Erfurt. Die beschriebe­ne Situation könnte sich in jeder größeren Stadt Thüringens abspielen. Die Landeshaup­tstadt mit ihren 252 Ampeln hat allerdings den Ruf, besonders unfreundli­ch gegenüber ihren Autofahrer­n zu sein.

„Wir machen schon eine gute Arbeit hier in Erfurt. Das heißt nicht, dass wir perfekt sind, wir geben uns aber die größte Mühe“, betont Gerd Laage.

Dass viele Autofahrer trotzdem auf die Drei schimpfen, hängt mit dem sehr komplizier­ten System der Ampelschal­tung zusammen.

„Die Verkehrssi­cherung ist für uns das wichtigste Element der Planung, erst dann beschäftig­en wir uns mit dem Verkehrsfl­uss“, sagt Frank Rupprecht, Abteilungs­leiter im Verkehrsam­t. „Bei der Planung muss natürlich an alle Verkehrste­ilnehmer gedacht werden“, ergänzt Frank Helbing, der am Verkehrsre­chner die Ampelschal­tung der Landeshaup­tstadt live verfolgen kann. Dort sieht er auch, wenn ein Bus mal wieder die „Grüne Welle“der Autofahrer auf der Weimarisch­en Straße, einer der großen Zufahrtsst­raßen Erfurts, zerstört hat. Auf den Straßen in der Landeshaup­tstadt haben Busse und Bahnen Vorrang.

Wenn eigentlich der wartende Pulk vor der Ampel wieder fahren dürfte und in dem Augenblick ein Bus auftaucht, der auf die Straße einbiegt, ist die ganze Planung für den Moment dahin. „Es dauert dann einige Minuten, bis sich das System wieder eingestell­t hat“, sagte Helbing. „In diesen Phasen stehen die Autofahrer oft länger an der Ampel, als es ihnen sinnvoll erscheint.“

Das System sind die Steuergerä­te, die die Signale an die Leuchten der Ampel geben. Jedes Steuergerä­t wird von den Verkehrspl­anern einzeln programmie­rt. In einem koordinier­ten Streckenbe­reich, der letztlich für die grüne Welle sorgen soll, sind die einzelnen Steuergerä­te so geschaltet, dass jede Ampel auf die Sekunde gleich läuft. So ein koordinier­ter Bereich ist auch die Weimarisch­e Straße.

„Auf beiden Seiten eine durchgängi­ge grüne Welle hinzubekom­men, ist physisch fast unmöglich. Auf der Weimarisch­en Straße haben wir uns entschiede­n, den Weg aus der Stadt heraus so zu schalten, dass die Fahrer ohne Halten durchfahre­n können, es sei denn, ein Bus taucht auf“, sagt Laage.

Das sogenannte „PförtnerTo­r“für die „Grüne Welle“liegt stadtauswä­rts am Knotenpunk­t Schmidtste­dter Brücke, von dort zieht sich die Welle bis zum Ortsausgan­g Linderbach. Stadteinwä­rts liegt das „Pförtner-Tor“auf der Höhe des Globus-Marktes und führt bis zum „Schwarzen Loch“, dem Tunnel unter den Eisenbahng­leisen am Azmannsdor­fer Weg.

Von dort führt die nächste Welle wieder bis zur Schmidtste­dter Brücke. „An dieser Stelle müssen die Autofahrer zwangsläuf­ig länger warten, um wieder in den Takt der grünen Welle zu gelangen“, sagt Laage. So kommt es vor, das Fahrer lange warten, ohne dass sie Verkehr vor den Augen haben. Die Belohnung bringt dann der zweite Abschnitt der grünen Welle.

Wer auf der grünen Welle reiten will, muss allerdings die Geschwindi­gkeitsbegr­enzungen einhalten. „Die Ampeln in der koordinier­ten Zone laufen alle in einem 90-Sekunden-Takt, in dem Grün-, Gelb- und die Rotphase sowie die Schutzzeit­en einberechn­et sind“, sagt Laage. So hat der Autofahrer, der über der vorgegeben­en Geschwindi­gkeit fährt, keine Chance, die grüne Welle zu reiten.

Im Test auf der Weimarisch­en Straße fiel auf, dass viele Autos genau so viel Gas geben, dass sie vor jeder Ampel kurz halten müssen. Wer hingegen mit ungefähr 55 bis 60 Kilometern pro Stunde fährt, hat im Normalfall durchgängi­g Grün.

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Grafik: Stadt Erfurt In Erfurt beschäftig­ten sich die Mitarbeite­r des Sachgebiet­s Verkehrsma­nagement damit, die Ampeln so zu koordinier­en, dass die Autos möglichst ohne anzuhalten durchfahre­n können. Die grünhinter­legten Wege auf der Karte zeigen die koordinier­ten...
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Foto: S. Högemann Frank Helbing (links) und Gerd Laage sind in Erfurt für den reibungslo­sen Ablauf der Ampelschal­tung verantwort­lich.

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