Thüringische Landeszeitung (Gera)
Auf der grünen Welle reiten
Das Team vom Erfurter Verkehrsmanagement erklärt, wie Ampeln koordiniert werden und warum Rotphasen manchmal gefühlt ewig dauern
ERFURT. Aus weiter Entfernung ist das grüne Licht der Leuchtsignalanlage noch zu sehen. Der Fuß geht auf das Gas, um noch rechtzeitig über die Ampel zu kommen, kurz vor dem Ziel erlischt die grüne Farbe der Hoffnung und lässt dem zeitraubenden Duett aus Gelb und Rot die Macht über die Straße.
Die Frustration über die Niederlage im Kampf mit der Ampel lässt nicht lange warten und entlockt dem täglichen Berufspendler oft die ein oder andere Beschimpfung gegen die, die das alles planen.
Das sind in Erfurt Frank Rupprecht, Frank Helbing und Gerd Laage. Gemeinsam bilden sie das VerkehrsmanagementTeam der Stadt Erfurt. Die beschriebene Situation könnte sich in jeder größeren Stadt Thüringens abspielen. Die Landeshauptstadt mit ihren 252 Ampeln hat allerdings den Ruf, besonders unfreundlich gegenüber ihren Autofahrern zu sein.
„Wir machen schon eine gute Arbeit hier in Erfurt. Das heißt nicht, dass wir perfekt sind, wir geben uns aber die größte Mühe“, betont Gerd Laage.
Dass viele Autofahrer trotzdem auf die Drei schimpfen, hängt mit dem sehr komplizierten System der Ampelschaltung zusammen.
„Die Verkehrssicherung ist für uns das wichtigste Element der Planung, erst dann beschäftigen wir uns mit dem Verkehrsfluss“, sagt Frank Rupprecht, Abteilungsleiter im Verkehrsamt. „Bei der Planung muss natürlich an alle Verkehrsteilnehmer gedacht werden“, ergänzt Frank Helbing, der am Verkehrsrechner die Ampelschaltung der Landeshauptstadt live verfolgen kann. Dort sieht er auch, wenn ein Bus mal wieder die „Grüne Welle“der Autofahrer auf der Weimarischen Straße, einer der großen Zufahrtsstraßen Erfurts, zerstört hat. Auf den Straßen in der Landeshauptstadt haben Busse und Bahnen Vorrang.
Wenn eigentlich der wartende Pulk vor der Ampel wieder fahren dürfte und in dem Augenblick ein Bus auftaucht, der auf die Straße einbiegt, ist die ganze Planung für den Moment dahin. „Es dauert dann einige Minuten, bis sich das System wieder eingestellt hat“, sagte Helbing. „In diesen Phasen stehen die Autofahrer oft länger an der Ampel, als es ihnen sinnvoll erscheint.“
Das System sind die Steuergeräte, die die Signale an die Leuchten der Ampel geben. Jedes Steuergerät wird von den Verkehrsplanern einzeln programmiert. In einem koordinierten Streckenbereich, der letztlich für die grüne Welle sorgen soll, sind die einzelnen Steuergeräte so geschaltet, dass jede Ampel auf die Sekunde gleich läuft. So ein koordinierter Bereich ist auch die Weimarische Straße.
„Auf beiden Seiten eine durchgängige grüne Welle hinzubekommen, ist physisch fast unmöglich. Auf der Weimarischen Straße haben wir uns entschieden, den Weg aus der Stadt heraus so zu schalten, dass die Fahrer ohne Halten durchfahren können, es sei denn, ein Bus taucht auf“, sagt Laage.
Das sogenannte „PförtnerTor“für die „Grüne Welle“liegt stadtauswärts am Knotenpunkt Schmidtstedter Brücke, von dort zieht sich die Welle bis zum Ortsausgang Linderbach. Stadteinwärts liegt das „Pförtner-Tor“auf der Höhe des Globus-Marktes und führt bis zum „Schwarzen Loch“, dem Tunnel unter den Eisenbahngleisen am Azmannsdorfer Weg.
Von dort führt die nächste Welle wieder bis zur Schmidtstedter Brücke. „An dieser Stelle müssen die Autofahrer zwangsläufig länger warten, um wieder in den Takt der grünen Welle zu gelangen“, sagt Laage. So kommt es vor, das Fahrer lange warten, ohne dass sie Verkehr vor den Augen haben. Die Belohnung bringt dann der zweite Abschnitt der grünen Welle.
Wer auf der grünen Welle reiten will, muss allerdings die Geschwindigkeitsbegrenzungen einhalten. „Die Ampeln in der koordinierten Zone laufen alle in einem 90-Sekunden-Takt, in dem Grün-, Gelb- und die Rotphase sowie die Schutzzeiten einberechnet sind“, sagt Laage. So hat der Autofahrer, der über der vorgegebenen Geschwindigkeit fährt, keine Chance, die grüne Welle zu reiten.
Im Test auf der Weimarischen Straße fiel auf, dass viele Autos genau so viel Gas geben, dass sie vor jeder Ampel kurz halten müssen. Wer hingegen mit ungefähr 55 bis 60 Kilometern pro Stunde fährt, hat im Normalfall durchgängig Grün.