Thüringische Landeszeitung (Gera)
Der Streit um die veränderte Verfassung
SPD gegen Vorschlag der Volksabstimmung
ERFURT. In Thüringens rot-rotgrüner Koalition gibt es unterschiedliche Auffassungen zum CDU-Vorschlag nach einer Verfassungsänderung für Bürgerabstimmungen nach Schweizer Vorbild. Die SPD-Fraktion sprach sich jetzt dagegen aus, die Thüringer darüber in einem Volksentscheid abstimmen zu lassen. Das sei eine exklusive Meinung der Linken-Fraktionsvorsitzenden Susanne HennigWellsow, sagte der Fraktionschef der SPD, Matthias Hey. Die Linken-Politikerin schlägt – wie in der TLZ berichtet – vor, dass die Abstimmung parallel zur Landtagswahl 2019 erfolgen könnte.
Das Stimmungsbild seiner Fraktion spreche nicht für diesen Vorschlag, erklärte Hey. Er plädierte dafür, die Parteibasis zu befragen. Dieser Weg werde nun im Landesvorstand besprochen, sagte Hey. Die Parteispitze will sich an diesem Samstag in Erfurt treffen. Ein Votum der SPD-Mitglieder kann nach Auffassung Heys wesentlich früher als 2019 eingeholt werden. Hennig-Wellsow plädiert darüber hinaus, dass per Verfassung auch die automatische Diätenerhöhung der Abgeordneten abgeschafft werden könnte. Dazu sagte Hey: „Auch das ist eine Meinung, die sie in der Koalition als Linke vertritt.“
CDU-Fraktionschef Mike Mohring stellte klar: „Wir wollen in keinen Überbietungswettbewerb um Verfassungsänderung eintreten.“Zugleich lehnte er eine Volksabstimmung parallel zu Wahl ab: „Wir werden definitiv zu keiner Landtagswahl, bei der wir Rot-Rot-Grün ablösen wollen, mit Rot-Rot-Grün einen gemeinsamen Verfassungsvorschlag einbringen.“Mohring befürchtet, die Koalition wolle damit die Union „umarmen, damit sie nicht als Gegner auftritt“. Deshalb sollte es eine Einigung in dieser Wahlperiode vor 2019 geben.
Hennig-Wellsow dämpfte allerdings die Erwartung an eine schnelle Entscheidung: „Mein Zeitplan ist nicht, dass fakultative Referendum jetzt durchzuprügeln.“Die Verfassung sei kein Spielzeug. „Wir brauchen eine Menge Zeit für Diskussionen.“Für Anfang November ist ein Gespräch der drei Fraktionsvorsitzenden der Koalition mit Mohring geplant.
Der Innenausschuss habe darüber hinaus für Januar eine Anhörung angesetzt. „Das ist der Auftakt überhaupt für die Gesetzgebungsschritte.“Die Koalition werde dann voraussichtlich eigene Vorschläge einbringen, kündigte Hennig-Wellsow an.
Um eine Verfassungsänderung auf den Weg zu bringen, braucht es eine Zwei-DrittelMehrheit im Parlament. Die CDU hat einen Gesetzentwurf vorlegt, nach dem die Thüringer künftig das letzte Wort haben sollen, ob Gesetze tatsächlich in Kraft treten. Ähnlich wird es in der Schweiz praktiziert.