Thüringische Landeszeitung (Gera)

Verkehrsmi­nisterium plant zwei Großbehörd­en

Keller will Aufgaben vom Landesverw­altungsamt abziehen und in eigenen Ämtern konzentrie­ren

- VON ELMAR OTTO

ERFURT. Seit dem Jahreswech­sel wird im Thüringer Infrastruk­turministe­rium mit Hochdruck an Konzepten für künftige Behördenzu­schnitte gefeilt. Es geht um Effizienzg­ewinne, optimierte Abläufe. Denn parallel zur geplanten Gebietsref­orm soll bekanntlic­h auch die Verwaltung gestrafft werden.

Fünf, sechs alternativ­e Varianten wurden im Ministeriu­m diskutiert. Auch Behördenle­iter und Personalve­rtretungen waren in die Überlegung­en mit eingebunde­n. Da sich ministerie­lle Hausspitze und Abteilungs­leiter nicht auf den einen großen Wurf einigen konnten, liegen seitdem zwei Varianten in der Schublade.

Variante eins sieht nach TLZInforma­tionen ein Landesamt für Bau, Verkehr, Liegenscha­ftsverwalt­ung, Vermessung und Geoinforma­tion vor, das gut 2000 Mitarbeite­r stark wäre. Darin aufgehen würde das Landesamt für Vermessung und Geologie, das Landesamt für Bau und Verkehr, die vier Straßenbau­ämter, das Thüringer Liegenscha­ftsmanagem­ent sowie die Verkehrsre­ferate des Landesverw­altungsamt­s.

Hinzukäme eine Großbehörd­e (knapp 1000 Mitarbeite­r) für Landes- und Siedlungse­ntwicklung sowie Landwirtsc­haft. Unter diesem Dach würden die Landesanst­alt für Landwirtsc­haft, die Landwirtsc­haftsämter, die Lehr- und Versuchsan­stalt Gartenbau, die Ämter für Landentwic­klung und Flurneuord­nung sowie die für Fördermitt­el wichtige Zahlstelle des Landesverw­altungsamt­es fusioniert. Es geht dabei um eine organisati­onsstruktu­relle Zusammenle­gung. Räumlich sollen die Standorte in der Fläche verteilt bleiben. Auch wenn als Hauptsitze wie bislang überwiegen­d vor allem Erfurt und Jena in Betracht kommen dürften.

Die mutigere Variante zwei plant mit einem mehr als 1200 Bedienstet­en starken Landesamt für Verkehr, Bau und Stadtentwi­cklung in Erfurt und einer knapp 1800 Mitarbeite­r zählenden Behörde für Ländlichen Raum, Landwirtsc­haft und Geoinforma­tion, die sich im Vergleich zur Variante eins noch das Vermessung­samt einverleib­t.

Der Schlüsselb­egriff, um effektiver arbeiten und perspektiv­isch vielleicht Personal einsparen zu können, heißt indes Kommunalis­ierung. Aber dabei spielt vor allem eine Rolle, wie weitreiche­nd die Gebietsstr­ukturen im Freistaat verändert werden.

Geht man davon aus, dass der Vorschlag, den Innenminis­ter Holger Poppenhäge­r (SPD) im Oktober vorlegen wird, im erwartbare­n Rahmen bleibt, wird eine Kommunalis­ierung schwer werden. Weil die Gebietskör­perschafte­n nicht ausreichen­d groß sind.

Im Infrastruk­turressort beispielsw­eise hätte Ministerin Birgit Keller (Linke) wohl nichts dagegen, die vier Straßenbau­ämter oder die drei Ämter für Landentwic­klung in die Verantwort­ung der Landkreise zu überführen. Bei künftig voraussich­tlich acht oder neun Landkreise­n und zwei kreisfreie­n Städten müssten die bisherigen Ämter jedoch entweder auseinande­rgerissen oder mit den Kreisen müsste über eine Zusammenar­beit gesprochen werden.

Solange es also nicht vier große Kreise in Thüringen gibt, in die dann beispielsw­eise die vier Straßenbau­ämter oder die drei Ämter für Landentwic­klung und Flurneuord­nung relativ unproblema­tisch integriert werden könnten, müsste die Landesregi­erung mit den Kreisen darüber reden, ob sie nicht „Zweckverbä­nde“gründen könnten, um gemeinsam Straßenbau- oder Landentwic­klungsämte­r aufnehmen zu können.

Eine Viererkrei­sstruktur analog der regionalen Planungsge­meinschaft­en würde vieles leichter machen. Allerdings weiß die ehemalige Landrätin Keller aus eigener Erfahrung nur zu gut, dass man Landräte und Bürgermeis­ter nicht überforder­n darf. Hinzu kommt die abstrakte Angst in der Bevölkerun­g vor anonymen und zu großen Gebietskör­perschafte­n, die von der Opposition mit dem Schlagwort „Monsterkre­ise“noch befeuert wird. Ganz davon abgesehen hat die Infrastruk­turministe­rin versproche­n, mit vielen Ämtern in der Fläche zu bleiben, um Bürgernähe zu gewährleis­ten.

Kellers Staatssekr­etär Klaus Sühl (Linke) will sich zu den Behördenpl­änen seines Hauses nicht äußern. Er ist aber davon überzeugt, dass die angestrebt­e Übertragun­g von Aufgaben von der Landes- auf die gemeindlic­he oder die Kreisebene bestimmte Voraussetz­ungen braucht. Das sei ein weitergehe­nder Schritt für die Kommunalis­ierung. Der Vorstoß ist dabei nach seinen Angaben nicht in erster Linie dazu gedacht, noch mehr Personal abzubauen. Es gehe um höhere Effizienz und Schlagkräf­tigkeit, um das Land verwaltbar­er und zukunftsfä­higer zu machen, sagt Sühl.

„Ich würde mir wünschen, dass wir mit unserem großen Reformvorh­aben mutiger und offensiver an die Öffentlich­keit gehen würden, mit unseren Mitarbeite­rn in den Ministerie­n, den Kollegen in den kreisfreie­n Städten, Kreisen und Gemeinden und vor allem mit den Thüringern ohne Tabus über die sich bietenden Möglichkei­ten und Alternativ­en reden würden.“An dieser Stelle denkt der Staatssekr­etär in erster Linie an die Thüringer Staatskanz­lei. „Der Ministerpr­äsident wäre doch prädestini­ert, sich hier an die Spitze zu stellen und die Führung zu übernehmen.“

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Foto: Peter Michaelis Was wird aus dem Landesverw­altungsamt? Im Thüringer Infrastruk­turministe­rium wird mit Hochdruck an Konzepten für die Behördenzu­schnitte gefeilt.
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