Thüringische Landeszeitung (Gera)

Die ganze Arbeit ist ein Spiel

Was es sonst nur bei Computern gibt, taucht immer öfter in der Berufswelt auf – Gamificati­on nennen Experten das

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BERLIN. Ein großes Online-Rollenspie­l wie „World of Warcraft“richtig zu lernen, ist fast Arbeit: eine ganze Welt voller Gegner mit Stärken und Schwächen. Dazu kommen zahlreiche Zaubersprü­che, alle mit unterschie­dlichen Eigenschaf­ten.

Mitspieler, die organisier­t werden wollen. Millionen von Spielern machen sich freiwillig diese Mühe – und haben Spaß dabei. Wäre es nicht toll, wenn die Arbeit und andere lästige Tätigkeite­n ebenso viel Spaß machen würden? Das ist die Idee hinter Gamifizier­ung oder Gamificati­on im Berufslebe­n.

Dabei werden kleine Tricks und Mechanisme­n, mit denen Computersp­iele ihre Nutzer motivieren und erziehen, in die reale Welt und ins Berufslebe­n übertragen. „Im Prinzip funktionie­rt das überall, wo menschlich­e Verhaltens­weisen beeinfluss­t werden sollen“, sagt Mario Herger, der verschiede­ne Unternehme­n beim Einsatz von Gamificati­on für Kunden und Mitarbeite­r berät.

„Die Idee ist im Grunde nichts Neues“, sagt Herger. „Ränge, Posten oder Statussymb­ole im Unternehme­n sind im Grunde nur Belohnunge­n für Erreichtes, das gibt es in Spielen auch.“Auch außerhalb des Berufslebe­ns gab und gibt es zahlreiche Beispiele für Gamifizier­ung.

Das reicht vom Punkte- oder Meilensamm­eln der Bonusprogr­amme von Geschäften und Fluglinien bis zu dem Fortschrit­tsbalken, mit dem Netzwerke wie Xing und Linkedin ihre Nutzer motivieren, ihr Profil möglichst vollständi­g auszufülle­n.Auch wenn es sie schon länger gibt, ein Trendthema für die Arbeitswel­t ist Gamifizier­ung erst seit ein paar Jahren.

Das liegt zum einen an der Digitalisi­erung mit ihren Apps und Web-Plattforme­n, durch die es schlicht mehr Möglichkei­ten zum Einsatz solcher Methoden gibt. Der andere Grund ist die Generation der Millenials, die zurzeit auf dem Arbeitsmar­kt immer präsenter wird: Zwischen 1980 und 1999 geboren, ist sie mit Computersp­ielen und ihren Mechanisme­n aufgewachs­en. „In einem Spiel weißt du immer, was du erreicht hast, was du noch erreichen kannst und wie du besser wirst“, erklärt Mario Herger. Wie diese Gamifizier­ung genau aussieht, ist von Fall zu Fall unterschie­dlich. Für Ausund Fortbildun­g setzen viele Unternehme­n zum Beispiel schon lange auf komplette Spiele. Möglich ist aber auch, nur Belohnunge­n wie Trophäen, Abzeichen oder Levelaufst­iege aus der Spielwelt zu übernehmen und diese zum Beispiel im Intranet abzubilden.

Nicht immer muss es für spielerisc­hes Arbeiten gleich ein aufwendige­s 3D-Spiel oder eine riesige Plattform mit bunten Abzeichen sein. „Gut gemachte Gamificati­on gibt erst einmal die Motivation, sich mit dem jeweiligen Gegenstand zu beschäftig­en“, erklärt Jan Hense, Professor für Psychologi­e. (dpa)

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