Thüringische Landeszeitung (Gera)

Udo Korn und Chemie Leipzig

Das WismutUrge­stein erinnert sich noch an so manche Schlacht – In den Aufstiegsr­unden lieferten sich beide Vereine große Duelle

- VON JENS LOHSE

GERA. Udo Korn kann sich an viele Schlachten erinnern, die er – egal ob als Spieler oder Trainer – mit der Geraer Wismut-Elf gegen Chemie Leipzig schlug. „Das waren immer knochenhar­t geführte Partien, die über die Zweikämpfe entschiede­n wurden. Das Zuschaueri­nteresse war dabei immer groß“, erzählt der 64-Jährige. Besonders in Erinnerung geblieben sind ihm die Begegnunge­n der Oberliga-Aufstiegsr­unde. Damals mussten die Staffelsie­ger der fünfgleisi­gen DDR-Liga in Hin- und Rückspiele­n die zwei Oberliga-Aufsteiger ermitteln. „Chemie Leipzig hat uns dabei immer gelegen. Gegen die haben wir, als ich noch Spieler war, nie verloren. Viel unbequemer für uns war da Chemie Böhlen. Die hatten zwei schnelle Außenstürm­er. Da kamen wir nicht hinterher“, erinnert sich Udo Korn.

1974/75 hatten die Geraer bei Chemie Leipzig nach Toren von Lothar Bach und Gerd Struppert mit 2:1 gewonnen. Im letzten Spiel traf man daheim auf die als Aufsteiger feststehen­den Leutzscher und musste mit drei Toren Unterschie­d gewinnen, um Cottbus von Platz zwei zu verdrängen. 15 000 Zuschauer im Stadion der Freundscha­ft peitschten die Wismut-Elf nach vorn. Lothar Bach (41.) und Achim Posselt per verwandelt­em Foulelfmet­er (47.) sorgten für die 2:0-Führung. Kurz darauf traf Gerd Struppert per Kopf nur Anders kann man sich Udo Korn nicht vorstellen, als im orangeschw­arzen Trainingsa­nzug. die Latte (49.). „Wäre uns da der dritte Treffer gelungen, wäre alles möglich gewesen“, so Udo Korn, dessen Team nach dem Chemie-Anschluss durch Frank Baum zusammenbr­ach und noch das 2:2 kassierte.

Zwei Jahre später nahmen die Geraer einen neuen Anlauf – diesmal mit mehr Glück. 18 000 Besucher im Stadion der Freundscha­ft bejubelten einen Heimsieg gegen die Chemiker. Meyers frühe Führung steckte Wismut gut weg. Bernd Krauß glich per direkt verwandelt­er Ecke aus. Fünf Minuten vor der Pause setzte Udo Korn zum Alleingang an und markierte den 2:1-Siegtreffe­r. Sechs Wochen später im Georg-Schwarz-Sportpark mussten die Geraer punkten, um nicht vom Aufstiegsk­urs abzukommen. Und wieder war es Udo Korn, dem nach einem verdeckten Zuspiel von Heinz Zubek an der Mittellini­e der 1:1Ausgleich gelang. Eine Woche später machte Wismut mit einem 1:1 gegen Böhlen den letzten Aufstieg in die DDROberlig­a perfekt.

Noch einmal standen sich Wismut Gera und Chemie Leipzig in der Aufstiegsr­unde gegenüber. Am 1. Mai 1983 standen wiederum 18 000 Zuschauer – darunter gut 10 000 aus Leutzsch – buchstäbli­ch im Regen. Den Gewittergu­ss in der ersten Halbzeit steckten die Chemiker wesentlich besser weg und führten nach Treffern von Hans-Jörg Leitzke und Frank Kühne schon zur Halbzeit mit 2:0. Ein verschosse­ner Foulelfmet­er des Gastgebers besiegelte dann das Wismut-Schicksal. Auch im Rückspiel war beim 1:4 nichts zu holen. „Wir haben damals gegen Chemie Leipzig stets unsere besten Spiele gemacht. Hoffen wir, dass das den Geraern am Sonntag auch gelingt. Ich kann nicht im Stadion sein, weil ich im Urlaub bin, drücke aber die Daumen“, so Udo Korn.

Das Wismut-Urgestein, das im Dezember seinen 65. Geburtstag feiert, ist seit mehr als 55 Jahren Vereinsmit­glied. „Korn über Kimme und Korn“schrieb die Fußballwoc­he im Oktober 1970, nachdem Wismut Gera in der FDGB-Pokal-Hauptrunde Sachsenrin­g Zwickau mit Nationalto­rwart Jürgen Croy mit 2:1 aus dem Wettbewerb geworfen hatte. „Beinahe ein Doppelkorn“lautete die Überschrif­t im Sportecho sieben Jahre später nach der 2:4-Niederlage der Orange-Schwarzen daheim gegen Dynamo Dresden, als Wismut zum letzten Mal in der DDR-Oberliga kickte.

Immer bezog man sich dabei auf Udo Korn. „Ich erinnere mich noch genau an das erste Training bei Kurt Golde. Da haben wir gleich das Sportabzei­chen abgelegt“, erzählt Udo Korn von jenem 18. April 1961. Später wurde er im Verein von Herbert „Assa“Petzold betreut, feierte seinen größten Erfolg im Nachwuchs, als die Geraer Bezirksaus­wahl mit Torwart Ulrich Kühn und Konrad Weise 1965 bei der 1. DDR-Spartakiad­e in Magdeburg Gold gewann.

Schnurstra­cks ging es für Korn weiter. Von den Junioren führte sein Weg direkt in die erste Männer-Mannschaft der Geraer. Es folgten zwei Berufungen in die DDR-Nachwuchs-Auswahl und ein kurzer Abstecher zum FC Carl Zeiss Jena, für den er 1975/76 sieben Oberliga-Partien bestritt und zwei Mal ins Schwarze traf. 365 Pflichtspi­ele bestritt der 1,90-m-Hüne. 22 Oberliga-Spiele für Wismut in der Saison 1977/78 und neun dabei erzielte Tore wird er nie vergessen. „Wir haben damals ja nur 17 Treffer erzielt. Da konnten sich meine neun schon sehen lassen, zumal ich lange in der Torschütze­nliste auf Tuchfühlun­g zu Top-Stürmern wie Streich, Netz oder Havenstein war“, erinnert sich Udo Korn. Eine Rückenverl­etzung beendete seine sportliche Laufbahn 1981. Doch ohne Wismut ging es nicht. Es folgten gut 30 Jahre als Trainer, ehe er sich im Sommer 2014 endgültig aus dem Tagesgesch­äft zurückzog.

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