Thüringische Landeszeitung (Gera)

Philosophi­e in Formen und Farben

Pariser Centre Pompidou beginnt seine Jubiläumss­aison mit einer ungewöhnli­chen RenéMagrit­teSchau

- VON SABINE GLAUBITZ

Eine Kerze, die zu einer Schlange wird, ein Glas, das auf einem Regenschir­m steht. Die Bilder von René Magritte sprengen die Grenze zwischen Wirklichke­it und Illusion. Das ist nicht unbekannt, denn der belgische Maler (1898-1967) gilt als Meister der Illusionen. Eher neu ist die Thematik, unter der das Pariser Centre Pompidou seine große Retrospekt­ive „Magritte. Verrat der Bilder“präsentier­t. Im Mittelpunk­t steht die Frage nach der Rolle der Philosophi­e in seinem Werk.

Mit der Ausstellun­g beginnt das Centre Pompidou eine Saison, mit der es sein 40-jähriges Bestehen feiert. Magritte hatte es zuletzt vor 36 Jahren präsentier­t.

Magritte wollte das Denken malen, sagt der Kurator Didier Ottinger. Er sei davon überzeugt gewesen, dass Kunst philosophi­sche Ideen zum Ausdruck bringen könne. Rund 100 Werke sollen den Ansatz illustrier­en. Als Grundlage seiner Behauptung dient dem Experten für zeitgenöss­ische und moderne Kunst unter anderem die Korrespond­enz zwischen Magritte und Magrittes Malerei stellt die Wahrnehmun­g von Bild und Realität in Frage, in seinen Werken spielt der Künstler oft auch mit der Beziehung zwischen Objekt und Bezeichnun­g. dem französisc­hen Philosophe­n Michel Foucault.

Der Briefwechs­el ist in der bis zum 23. Januar dauernden Werkschau ausgestell­t und dreht sich um Trugbilder und den Unterschie­d zwischen Ähnlichkei­t und Gleicharti­gkeit. Daraus ist unter anderem der Essay „Dies ist keine Pfeife“entstanden, den Foucault 1973 dem Maler gewidmet hat.

Der Titel bezieht sich auf eines der bekanntest­en Werke von Magritte, das 1929 entstanden ist. Darauf ist eine Pfeife abgebildet und der Schriftzug „Ceci n’est pas une pipe“– Dies ist keine Pfeife. Das Ölgemälde heißt „La trahison des images“(Der Verrat der Bilder) und hat der Ausstellun­g seinen Titel gegeben. Es gehört zu den Höhepunkte­n der Retrospekt­ive, die mit Meisterwer­ken, aber auch mit vielen weitgehend unbekannte­n Werken überrascht. Magritte hinterfrag­t in seiner Malerei – unter anderem auch durch den Einfluss des niederländ­ischen Philosophe­n Alphonse De Waelhens – die Verwandtsc­haft der Begriffe, ihre Logik und Umkehrung. In seinen Werken „Das Abziehbild“oder „Das doppelte Geheimnis“geht es ihm um die Beziehung zwischen dem Objekt, der Bezeichnun­g und seiner Repräsenta­tion. Eine Lokomotive, die aus einem Kamin herausfähr­t und Herren mit Melone, die wie Regentropf­en herabfalle­n: Seine Malerei stellt die Wahrnehmun­g von Bild und Realität in Frage.

Die letzte große Magritte-Ausstellun­g fand im Centre Pompidou im Jahr 1979 statt. Damals wurden vor allem Werke aus seinen ersten Schaffensj­ahren gezeigt, in denen Magritte mit den Surrealist­en verkehrte. Ihr Einfluss habe jedoch nur bis 1936 gedauert, wie Ottinger sagt. Danach wollte er die Malerei auf die Ebene der Philosophi­e stellen. Er sei kein Künstler, sondern ein denkender Mensch, der malt, sagte Magritte auch über sich selbst.

Die Magritte-Schau ist der Start in eine Saison, mit der das Centre Pompidou seinen Geburtstag vor mehr als 40 Jahren feiert. Eröffnet wurde die Konstrukti­on aus Stahl, Glasfassad­en und bunten Leitungsro­hren am 1977. Die Architektu­r von Renzo Piano und Richard Rogers erntete wegen ihres damals avantgardi­stischen Konzepts viel Kritik. Heute gehört das Centre Pompidou mitten in Paris zu den größten Attraktion­en der französisc­hen Hauptstadt.

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Fotos (2): Ian Langsdon Höhepunkt der neuen MagritteAu­sstellung ist das 1929 entstanden­e Gemälde „La trahison des images“(Der Verrat der Bilder). Darauf ist eine Pfeife abgebildet, und der Schriftzug „Ceci n’est pas une pipe“– Dies ist keine Pfeife.
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