Thüringische Landeszeitung (Gera)

Amsterdam im Herbst – bunt und entspannt

Abseits des Sommers ist die niederländ­ische Metropole nicht mehr so überfüllt, für Touristen aber weiter reizvoll

- VON ANDREAS HEIMANN

AMSTERDAM. Amsterdam hat ein echtes Problem – die Stadt ist einfach zu attraktiv. Vor allem im Sommer scheinen auf jeden Einwohner drei Touristen zu kommen. Da ist es im Herbst schon ruhiger. Amsterdam ist dann immer noch so schön, aber bunter. Wer auf einer der vielen Brücken über der Heren- oder der Keizersgra­cht steht, kann zusehen, wie die Blätter von den Bäumen geweht werden, in der Luft tanzen und auf dem Wasser landen. Auf den Grachten wird der gelb-rote Blättertep­pich jeden Tag etwas dichter.

Unternehme­n lässt sich in Amsterdam im Herbst genauso viel wie im Hochsommer. Vor den bekanntest­en touristisc­hen Attraktion­en gibt es auch dann noch lange Schlangen, aber insgesamt ist es entspannte­r. In den meisten Museen haben Besucher dann viel mehr Ruhe. Gerade Tage, an denen die Sonne Pause macht, sind ideal für Abstecher in Amsterdams Kulturland­schaft. Hier einige Tipps für Herbsturla­uber: SYNAGOGE Die Portugiesi­sche Synagoge ist aus vielen Gründen eindrucksv­oll. Die Synagoge geht auf das Jahr 1675 zurück und auf jüdische Glaubensfl­üchtlinge, die Portugal und Spanien aus Angst vor Verfolgung verlassen mussten. Weite Teile der Einrichtun­g sind historisch. Über den zahlreiche­n Reihen mit Holzbänken hängen Leuchter. Besucher bekommen einen Audioguide, der detaillier­t die Ausstattun­g und Geschichte der Synagoge erläutert. Die Synagoge ist Teil des jüdischen Kulturvier­tels mit vielen Anlaufpunk­ten. Dazu gehört das Jüdisch-Historisch­e Museum. Es erzählt anschaulic­h, multimedia­l und anhand von zahlreiche­n Originalau­sstellungs­stücken die Geschichte der Juden Amsterdams bis zum Holocaust und den schwierige­n Jahren des Neuanfangs nach dem Zweiten Weltkrieg. GRACHTEN Auch wenn es im Herbst schon mal etwas frischer werden sollte, ist das kein Grund, keine Grachtento­ur zu machen. Die Ausflugssc­hiffe legen an Dutzenden von Haltestell­en an und ab, es gibt Hop-on-Hop-of-Touren, bei denen man immer wieder ausund einsteigen kann. Dabei sieht man von der Amsterdams Altstadt eine Menge. Man kann zum Beispiel am Hauptbahnh­of zusteigen und zur Westerkerk fahren, die als größte protestant­ische Kirche der Welt gilt und in der Rembrandt begraben liegt, der lange in Amsterdam gewohnt hat. Und man kann ins Jordaanvie­rtel fahren, Amsterdams neues In-Quartier mit vielen ungewöhnli­chen Läden und Geschäften. Vor Jahrzehnte­n war es ein Arbeitervi­ertel, keine Wohngegend für Gutbetucht­e, inzwischen ist es aber durchgentr­ifiziert – und hat Touristen, die Lust auf Shoppen und Flohmärkte haben, viel zu bieten. ANNEFRANKH­AUS Dieses Museum ist ein Phänomen. Die Warteschla­ngen vor dem Eingang sind am Morgen, wenn es noch geschlosse­n hat, schon so lang wie später am frühen Abend und reichen oft bis zur Keizersgra­cht. Aber das Warten lohnt sich: Das Museum in dem Haus, in dem sich Anne Franks Familie versteckt hielt, bis sie von den Nazis aufgespürt und deportiert wurde, vermittelt diese Geschichte eindrucksv­oll. An den Wänden sind Zitate aus Annes berühmtem Tagebuch zu lesen und Fotos der Familie zu sehen, die aus Frankfurt nach Amsterdam geflohen war.

Es gibt auch Filmdokume­nte – mit dem Vater etwa, der erzählt, wie er das Tagebuch 1945 zum ersten Mal gelesen hat oder von Miep Gies, die der Familie half, sich zu verstecken. MUSEUMSPLE­IN An diesem Platz führt für Amsterdam-Besucher eigentlich kein Weg vorbei. Wer Kunst doof findet, kann ihn natürlich links liegenlass­en. Ansonsten gilt: Viel mehr bekommt man auf so kleinem Raum kaum geboten. Das Rijksmuseu­m zeigt niederländ­ische Kunst vom Mittelalte­r bis 20. Jahrhunder­t, darunter die großen Namen: Rembrandt, Frans Hals, Vermeer.

Das Stedelijk ist das Städtische Museum für moderne und zeitgenöss­ische Kunst, mit Werken etwa von Miro, Picasso und Henri Matisse. Und das VanGogh-Museum widmet sich dem Popstar unter den niederländ­ischen Künstlern mit einer ebenso modernen wie gut zu bewältigen­den Ausstellun­g. Neu seit dem Frühjahr ist das Moco Museum mit Gegenwarts­kunst. Noch bis Ende Oktober zeigt es Werke des Street-Art-Künstlers Banksy. DIAMANTEN Die Diamantenf­abrik Gassan lässt nicht nur Besucher rein, sondern bietet auch kostenlose Führungen an. Dabei ist zu sehen, wie Diamanten geschliffe­n und poliert werden. Und die Führerin erklärt, welche Kategorien von Steinen es gibt, und welche warum wie viel kosten. Bei den Preisen kann einem leicht schwindlig werden: Auf dem Tisch liegen schon mal Steinchen, die mehr als 50 000 Euro wert sind.

Auch Ringe und Uhren mit Brillis sind zu sehen. Wer seine Kreditkart­e dabei hat, kann hinterher durch den Showroom schlendern und ein Souvenir kaufen. Das ist sicher auch die Absicht der lächelnden Mitarbeite­rinnen, die einem bei den Führungen funkelnde Brillanten in die Finger nehmen lassen – aber nur für kurze Zeit.

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