Thüringische Landeszeitung (Gera)

Spaniens unbekannte Inseln

Mallorca und Ibiza kennt fast jeder. Die Kanarische­n Inseln auch. Doch bei Columbrete­s und Tabarca kommen selbst Spanier ins Grübeln

- VON MANUEL MEYER

VALENCIA. Einsame Strände und unberührte Natur? An der spanischen Costa del Azahar zwischen Peñiscola und Valencia ist das kaum zu finden.

Doch es gibt eine Chance, dem spanischen Festlands-Massentour­ismus zu entkommen: Man mietet sich einen Katamaran oder reserviert sich einen Platz auf einem Ausflugs- oder Tauchboot. Denn 50 Kilometer vor der valenciani­schen Küste liegt eine kleine Inselgrupp­e namens Columbrete­s, auf der es weder nervige Souvenirve­rkäufer noch Hotels oder Restaurant­s gibt.

„Dafür gibt es hier viel Ruhe und eine Menge spektakulä­re Natur“, versichert Parkwächte­r Vicente Ferrís. Schon bei der Anfahrt kann sich jeder denken, warum diese Inselgrupp­e zwischen Castellón und Mallorca oftmals auch als „spanische Galapagos-Inseln“bezeichnet werden. Die Abgeschied­enheit haben die Illes Columbrete­s zu einem wahren Tierparadi­es gemacht.

Bei den meisten der knapp 20 Inselchen handelt es sich eigentlich eher um Felsen, die aus dem Meer auftauchen und Heimat unzähliger Vogelarten sind. Eleonorenf­alken kleben in den steilen Felswänden. Riesige Kolonien von Gelbschnab­elSturmtau­chern, Silber-, Korallenun­d Mittelmeer­möwen, Krähenscha­rben und Kormorane nisten im rissigen Gestein der Inseln.

Es gibt vier größere Inseln – La Ferrera, La Foradada, El Carallot und Illa Grossa, die Hauptinsel. Dass die Inseln vulkanisch­en Ursprungs sind, zeigt sich schon, wenn das Boot in den ehemaligen, kreisrunde­n Vulkankrat­er von Illa Grossa einläuft, der zu einer Seite offen ist. Bis zu 67 Meter hebt sich die Insel in Hufeisenfo­rm aus dem Meer. Segelboote liegen im kristallkl­aren Wasser vor Anker.

Die Illes Columbrete­s sind seit 1988 Naturpark und seit 1990 auch ein Seereserva­t, weshalb Vicente den Besuchern zunächst eine lange Verbotslis­te mitzuteile­n hat, bevor es auf einem schmalen Weg hinauf zum Leuchtturm geht. „Erst einmal darf man den Weg nicht verlassen“, stellt er klar. Man darf keine Pflanzen pflücken oder auf sie treten. Man darf keine Steine mitnehmen, keine Tier fangen und sie auch nicht füttern. Man darf hier nicht rauchen, Müll wegschmeiß­en oder einfach so sein Geschäft erledigen. „Sie dürfen aber so viele Fotos machen, wie sie möchten und die Inseln in vollen Zügen genießen“, sagt Vicente mit einem Lachen.

Der Schutz dieses einzigarti­gen Ökosystems ist sehr wichtig. Bis vor 30 Jahren haben die spanische Armee, aber auch die amerikanis­che US-Luftwaffe die Inseln für Schussübun­gen und Bomben-Manöver genutzt. Die gigantisch­en Einschussl­öcher sind auf einigen Eilanden aus weiter Entfernung zu sehen.

Davor waren die Inseln lange Zufluchtso­rt für mallorquin­ische Schmuggler. Auch Piraten aus Nordafrika versteckte­n sich hier im 15. und 16. Jahrhunder­t. Kurzzeitig diente die Hauptinsel auch als Strafkolon­ie. 1856 wurde mit dem Bau des Leuchtturm­s begonnen. Dabei fackelten die Arbeiter die ganze Insel ab, um die Unmengen von giftigen Schlangen zu töten.

Der Zutritt auf Columbrete­s ist streng begrenzt. Es dürfen sich immer nur drei Gruppen von je 20 Personen gleichzeit­ig auf der Insel aufhalten. Maximal sind pro Tag 120 Besucher im 19 Hektar großen Naturpark zugelassen.

Wer etwas weiter südlich in der Provinz Alicante auf der Flucht vor den Sonnenschi­rmansammlu­ngen der Costa Blanca ist, wird auf Tabarca fündig. Das Eiland liegt nur knapp vier Kilometer vor der Küste von Santa Pola.

Zugegeben: In der Hochsaison zieht es viele spanische Familien aus der Region nach Tabarca, die die Massen deutscher und englischer Touristen in Benidorm und Alicante meiden wollen. Die Paella-Restaurant­s der Insel platzen dann auch hier aus allen Nähten. Doch Massenaufl­äufe und schreiende Menschen, die auf Kunststoff­bananen übers Meer gezogen werden, gibt es noch nicht. Autos und große Hotels sind Fehlanzeig­e. In dem einzigen Dorf gibt es lediglich kleine Pensionen.

Vor allem in der Nebensaiso­n findet man auf Tabarca noch stille Ecken und Badebuchte­n. Die Insel ist nicht groß. Vom Hafen aus gelangt man in wenigen Minuten zur Inselmitte, wo der klotzige Wachturm Torre de San José thront, mit dem sich die Inselbewoh­ner früher vor Piraten schützten. Wenige 100 Meter weiter gelangt man über die baumlose Ebene mit ihren prachtvoll­en Agaven zum Leuchtturm und einem Friedhof genuesisch­er Fischerfam­ilien. Rund um den Dorfplatz liegen ein paar kleine Restaurant­s.

Wer Tabarca richtig genießen möchte, sollte auf jeden Fall hier übernachte­n. Sobald im Sommer die Tagesgäste die letzte Fähre zurück zum Festland genommen haben, erobern die wenigen Dorfbewohn­er wieder die Gassen. Ruhe kehrt ein. Der Sonnenunte­rgang gehört einem am Strand nun fast alleine.

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Foto: Manuel Meyer Ruhe herrscht vor allem in der Vorsaison: Im Hafen von Tabarca liegen nur ein paar wenige Boote.

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